Freiwillig im Einsatz
Rehkitzrettung aus der Vogelperspektive
Kössener Alexander Gruschina und Josef Pfaffinger retten Rehkitze mittels Drohnen vor dem Mähtod.
KÖSSEN. Die Setzzeit der Rehe fällt jährlich auf die Monate Mai und Juni. Die Rehkitze werden dabei von der Geiß gut versteckt im hohen Gras abgelegt. Oftmals endet dieser natürliche Instinkt fatal, denn dies ist genau die Zeit, in der die Landwirte die erste Mahd ihrer Felder vornehmen.
Hunderte Kitze fielen bisher dadurch den Maschinen zum Opfer – entweder wurden sie schwer verletzt oder verendeten gar an Ort und Stelle. Dies stellt nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für die Landwirte selbst jedes Jahr eine belastende Situation dar.
Rehkitzrettung mittels Drohne
Um dieser Problematik entgegenzuwirken, hat der Tiroler Jägerverband gemeinsam mit dem Land Tirol ein Projekt ins Leben gerufen, um die Rehkitze vor dem Mähtod zu retten. Mittels Drohne werden Felder noch vor den Mäharbeiten abgesucht und die Positionen der Kitze mittels Wärmebildern genau bestimmt.
Stellvertretend für alle Drohnenpiloten im Bezirk Kitzbühel erzählen die Kössener Alexander Gruschina und Josef Pfaffinger den BezirksBlättern über ihre ehrenamtliche Aufgabe. Pfaffinger beteiligt sich seit gut drei Jahren an der Rehkitzrettung, Gruschina ist ein Jahr später dazugestoßen und konnte damals erste Tipps und Tricks von Pfaffinger erlernen.
Üben mit Wärmeflasche
Um eine Drohne bedienen zu können, erfordert es ein hohes Maß an Geschicklichkeit und technisches Know-how.
"Deshalb müssen wir uns jedes Jahr aufs Neue wieder etwas mit der Drohne vertraut machen. Ich kann mich noch gut an mein erstes Einsatzjahr erinnern – damals habe ich zur Übung eine Wärmflasche ins Feld gelegt, damit ich sie mittels Wärmebildkamera lokalisieren kann",
lacht Pfaffinger.
Ein Job für Frühaufsteher
Heute, drei Jahre später, gehen die Flüge den beiden aber leicht von der Hand – die Einsätze wurden bereits zur Routine.
"Da die Bauern sich oftmals kurzfristig entscheiden, ein Feld zu mähen, weil auch sie sich nach dem Wetter orientieren müssen, müssen auch wir flexibel bleiben. Mähen mehrere Landwirte gleichzeitig, kann es ziemlich stressig werden",
so Gruschina. "Spätestens um neun Uhr müssen wir die Flüge abgeschlossen haben, denn sobald sich der Boden durch die Sonne erwärmt, können wir die Kitze auf der Wärmebildkamera nicht mehr sehen", ergänzt Pfaffinger.
Vorgang der Kitzrettung
Wurde ein Kitz in einem Feld mittels Drohne lokalisiert, wird von Gruschina und Pfaffinger ein Korb über das junge Tier gelegt, damit es während der Mahd den Standort nicht mehr kurzfristig wechseln kann. Dieser wird zusätzlich beschwert oder mittels Haken im Boden verankert. Anschließend wird die Stelle durch Fahnen markiert, die für den Bauern während der Mahd gut sichtbar sind. Noch vor oder auch nach den Mäharbeiten wird das Kitz dann (von den Piloten oder den Landwirten, Anm.) an einen sicheren Ort verbracht.
"Gerne nehmen die Bauern dann auch ihre Kinder mit, um sie für das Thema bereits zu sensibilisieren",
so Gruschina.
Wichtig: Das Jungtier darf nie mit den Händen berührt werden, da der Geruch für die Geiß sonst fremd ist! Es müssen immer Handschuhe getragen werden, die am besten vorher mit Gras eingerieben werden.
Zwei Drohnen im Einsatz
Im ersten Einsatzjahr hat Pfaffinger 35 und im zweiten Jahr 29 Kitze vor dem Mähtod gerettet. Heuer stehen bereits 20 unter seiner Beobachtung. "Sobald die Bauern mit ihren Mäharbeiten starten, werden die Tiere in Sicherheit gebracht bzw. die Standorte markiert", so der Drohnenpilot.
Die Anschaffungskosten seiner Drohne teilte er sich mit einem Landwirt und Jäger aus dem Ortsteil Bichlach, der zuvor jedes Jahr während der Mäharbeiten mehrere tote Kitze zu beklagen hatte. "Wir sind wirklich sehr dankbar für die großzügige Spende", so Pfaffinger. Die Drohne von Gruschina ist in Kössen in vielen Bereichen im Einsatz und wurde von der Gemeinde angeschafft (die BezirksBlätter berichteten). "In den Tagen vor den Mäharbeiten ist die Drohne für Rehkitzrettungen im Einsatz, ansonsten ist sie in den Räumlichkeiten der Bergrettung stationiert, um unter anderem Bergungen nach Alpinunfällen uvm. zu erleichtern", informiert Gruschina.
Gefördert wird das Projekt vom Tiroler Jägerverband. "Die Gelder werden jährlich in unsere Ausrüstung investiert", so die Piloten.
Für die Landwirte selbst entstehen bei der Rehkitzrettung keine Kosten.
800 Kilometer und 200 Hektar pro Jahr
Pro Jahr legen die beiden Drohnen rund 800 Kilometer zurück, jeder Pilot sucht rund 200 Hektar nach Rehkitzen ab. Die Flughöhe beträgt rund 70 Meter in einer Geschwindigkeit von vier Metern pro Sekunde. Jeder Einsatz dauert im Schnitt dreißig Minuten, Anfahrt und Vorbereitung nicht inkludiert.
Die Fehlerquote ist laut den beiden Piloten gering: "In Einzelfällen kommt es leider auch vor, dass Tiere übersehen werden. Wenn aber von 32 geretteten Kitzen zwei verenden, konnten wir immer noch 30 Tieren das Leben retten", so die beiden abschließend.
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