Projekt Naturnachtgebiet
Kampf gegen Lichtsmog – damit der Nachthimmel dunkel bleibt

Das künstliche Licht über den Städten wie Wien und Graz trübt den Blick auf den Nachthimmel, die Sterne werden zunehmend "unsichtbar". | Foto: Sternfreunde Steyr
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  • Das künstliche Licht über den Städten wie Wien und Graz trübt den Blick auf den Nachthimmel, die Sterne werden zunehmend "unsichtbar".
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Gemeinsam gegen Lichtverschmutzung: Im "Dreiländereck" Oberösterreich - Niederösterreich - Steiermark soll das größte zusammenhängende Naturnachtgebiet der Ostalpen entstehen.

MOLLN, BEZIRK. Straßenlaternen, Werbetafeln, angestrahlte Gebäude: Künstliche Lichtquellen erhellen unsere Umgebung dermaßen, dass sie sich negativ auf Menschen, Tiere und Pflanzen auswirken. Diese sogenannte Lichtverschmutzung ist auch der Grund dafür, dass man immer weniger Sterne erkennt. Nur mehr rund ein Prozent aller Europäer hat einen dunklen Nachthimmel über sich. Ein Drittel der Menschheit sieht die Milchstraße überhaupt nicht mehr. „Der überbordende Kunstlichtkonsum von uns Menschen macht Pflanzen, Vögeln und Insekten zu schaffen", beklagt auch Umwelt- und Klimalandesrat Stefan Kaineder. 

Österreichweit einzigartiges Lichtgesetz

Erst vor wenigen Monaten habe man, so Kaineder, einen "Meilenstein" erreicht: Mit einstimmiger Zustimmung im oberösterreichischen Landtag wurde ein österreichweit einzigartiges Lichtgesetz beschlossen. „Ziel ist die richtige Beleuchtung an der richtigen Stelle", sagt Kaineder, "denn aktuell bestrahlen wir unsere Städte und Gemeinden in einer Intensität, dass Kinder, die in größeren Ballungsräumen aufwachsen, gar nicht mehr wissen, wie es ist, unter dem Sternenhimmel einzuschlafen." Einerseits werde mit dem klaren Regelwerk die Umstellung auf energiesparende und umweltschonende Beleuchtung vorangetrieben und andererseits Rechtssicherheit für die Gemeinden hergestellt, wenn etwa Beleuchtung gänzlich abgeschaltet werden soll. Nicht zuletzt sei das neue Gesetz auch eine wichtige Maßnahme gegen den Verlust des Nachthimmels.

Seit 2021 ist der Naturpark Attersee-Traunsee die erste zertifizierte Sternenparkregion Österreichs (ein Sternenpark ist ein Licht- und Landschaftsschutzgebiet, in dem die nächtliche Dunkelheit und die natürliche Nachtlandschaft als Schutzgut gelten und diese vor Lichtverschmutzung bestmöglich geschützt sein sollen.). 

Seit 2011 laufen im Star Park Hohe Dirn in Reichraming Aufzeichnungen zum Thema Lichtsmog. "Wir führen die längste Messreihe in der Region über die Zunahme der Nachthimmelshelligkeit", informiert Obmann Rudi Dobesberger von den Sternfreunden Steyr. Die Auswirkungen des Zuviels an Licht in der Nacht seien vielfältig und betreffen nicht nur die lichtsensitiven Insekten, sondern auch Vögel und, so Dobesberger, "eigentlich die gesamte nachtaktive Tierwelt und natürlich auch der Mensch als Teil der Natur". 

"Wir als Hobbyastronomen sind auch, wie alle nachtaktiven Tiere, stark eingeschränkt. Es gibt kaum mehr natürliche Dunkelheit."
Rudi Dobesberger

Ein Drittel der Menschheit sieht die Milchstraße gar nicht mehr. Das ist in unserer Region noch anders und soll auch so bleiben. | Foto: Sternfreunde Steyr
  • Ein Drittel der Menschheit sieht die Milchstraße gar nicht mehr. Das ist in unserer Region noch anders und soll auch so bleiben.
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Projekt "Naturnachtgebiet"

Im "Dreiländereck" zwischen Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark kann man den Himmel allerdings noch in seiner Ursprünglichkeit beobachten. Hier soll daher nun das größte zusammenhängende Naturnachtgebiet der Ostalpen entstehen. Das Gebiet zwischen den Haller Mauern im Westen, den Gipfeln des Gesäuses und dem Ötscher im Osten zählt nicht nur zu den landschaftlich attraktivsten Regionen Österreichs, sondern auch die Besonderheiten im Bereich der Artenvielfalt und Lebensräume brauchen einen Vergleich nicht scheuen. Die hohe gesellschaftliche Relevanz dieses Gebiets wird durch eine Reihe an Schutzgebieten unterstrichen. Eine Einzigartigkeit, die oftmals im Hintergrund steht, ist der dunkle Nachthimmel, der in klaren Nächten von Millionen Sternen und Himmelsphänomenen geprägt ist.

Unter der Schirmherrschaft des Natur- und Geoparks Steirische Eisenwurzen wurde im Frühjahr 2023 ein Projekt gestartet, das sich über die drei Bundesländer Steiermark, Ober- und Niederösterreich erstreckt. Beteiligt sind neben dem Natur- und Geopark Steirische Eisenwurzen die Naturparke Niederösterreichische Eisenwurzen & Ötscher-Tormäuer, die Nationalparke Gesäuse und Kalkalpen sowie das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal. Begleitet wird das Projekt "Naturnachtgebiet - Sterne über dem Dreiländereck" von Experten der Uni Wien (Bereich Astrophysik), dem E.C.O. Institut für Ökologie und dem Umweltdachverband.

Nationalpark als Kernzone

"Im OÖ. Teilgebiet ist geplant, den Nationalpark Kalkalpen zur Kernzone zu definieren", beschreibt Projektmanagerin Antonia Zichy. Die verbleibenden Gemeindeflächen der Nationalpark-Gemeinden und die Gemeinde Klaus sollen eine Peripheriezone bilden (Anmerkung: Nationalpark-Gemeinden sind Molln, Reichraming, Großraming, Weyer, Rosenau am Hengstpaß, Roßleithen, Windischgarsten und St. Pankraz). In der Kernzone wird die Milchstraße mit freiem Auge klar erkennbar sein. Das Projekt soll durch die International Dark Sky Association in Form eines Zertifikats international anerkannt werden. "Durchgeführte Messungen haben uns eine hohe Eignung attestiert", bekräftigt Nationalpark-Direktor Josef Forstinger. "Im Nationalpark gibt es keine Straßenbeleuchtung und keine Spots. Auch die Nationalpark-Gemeinden haben in den letzten Jahren schon Maßgebliches geleistet, damit der Sternenhimmel wieder leuchten kann und nachtaktive Tiere wie Fledermäuse oder unsere zahlreichen Nachtfalter sich wieder vermehren können."

"Sehr wichtiges Thema"

In den angesprochenen Nationalpark-Gemeinden wird derzeit diskutiert, ob sie Teil des Projekts werden möchten. Sie verpflichten sich in diesem Fall, künftig die gesamte ÖNORM O 1052 hinsichtlich öffentlicher Beleuchtung umzusetzen (siehe unten). "Bislang haben Windischgarsten und Großraming positiv im Gemeinderat abgestimmt und das bereits schriftlich übermittelt. Von Molln gibt es eine mündliche Zusage", so Antonia Zichy. "In den anderen Gemeinden stehen die Beschlüsse noch aus oder wurden bisher nicht übermittelt."

In Windischgarsten hat man bereits den entsprechenden Gemeinderatsbeschluss gefasst. Bürgermeister Bernhard Rieser sagt dazu: "Für uns ist das ein sehr wichtiges Thema. Es geht ums Energiesparen, aber auch um die Gesundheit. Und man könnte das in Zukunft, ähnlich einem Luftkurort, touristisch nutzen." Dazu werden nun alle Lichtpunkte evaluiert und man überprüft, wo eingespart werden kann. 

Empfehlungen für "richtigen" Einsatz von Licht

Die Sternfreunde Steyr haben Empfehlungen im Kampf gegen die Lichtverschmutzung:

- möglichst nur LED einsetzen, die warmweißes Licht abstrahlen (max. 3000° Kelvin, besser noch bis maximal 2700° Kelvin Farbtemperatur). Dieses ist insektenschonend im Vergleich zu blauweißen LEDs. "Blaues/bläuliches Licht in der Nacht ist das schlechteste, was man sich antun kann – Stichwort: PC-Arbeit bei Nacht, Smartphone-Displays usw., weil man den Körper mit Gewalt vom Schlafen abhält und durch einen niedrigen Melatononinspiegel schlecht schläft und viele gesundheitliche Dauerfolgen riskiert", informiert Dobesberger.

- Licht durch geeignete Lampengehäuse möglichst nur dorthin strahlen lassen, wo es auch wirklich gebraucht wird. Vermeidung jeglicher Abstrahlung zur Seite oder gar noch oben in Richtung Himmel (etwa durch Beleuchtung von Bäumen oder Hausfassaden mit Bodenstrahlern).

- nutzen von Zeitschaltuhren, Dimmern und/oder Bewegungsmeldern, sodass das Licht nur dann zur Verfügung steht, wenn es auch gebraucht wird bzw. Spätnachts dann gezielt reduzieren. Dobesberger: "Unglaublich viele Lichtquellen leuchten, ohne einen tatsächlichen Zweck zu erfüllen, die ganze Nacht hindurch mit voller Kraft."

- keine zu große Lichtleistung wählen. LED-Lampen mit 400-600 Lumen Lichtstrom reichen in den meisten Fällen locker aus, um genügend Licht an der gewünschten Stelle zu haben.

- sich durch die immer günstiger werdende LED-Technik nicht dazu hinreißen lassen, mit dem gesparten Geld noch mehr LED-Lampen am selben Ort einzusetzen, sodass die Lichtleistung unnötig erhöht wird.

"Wir vom Verein Sternfreunde Steyr sagen Dankeschön zu allen, die sich dem Thema Lichtverschmutzung als ernstes Umweltproblem annehmenund mithelfen, den Nächten durch optimalere Beleuchtung wieder ihre Dunkelheit zurückgeben. Damit helfen sie  in vielerlei Hinsicht und in großem Ausmaß Mensch und Natur."
Rudi Dobesberger

Die Novelle des Oö. Umweltschutzgesetzes

Mit Inkrafttreten der Novelle am 1. Mai 2024 wurden auf der Landeshomepage FAQs zur Umsetzung der Gesetzesnovelle für Gemeinden und Musterbeleuchtungskonzepte veröffentlicht. Die OÖ. Landesregierung wird das Gesetz zwei Jahre nach Inkrafttreten einer umfassenden Evaluierung unterziehen.

Die ÖNORM O 1052 „Lichtimmissionen – Messung und Beurteilung“, die im Herbst 2022 in Kraft trat, stellt eine wichtige normative Grundlage in der Messung und Beurteilung von Außenbeleuchtungsanlagen dar. Ein wichtiges Thema der ÖNORM O 1052 ist die Vermeidung von Lichtverschmutzung. Um die Gemeinden bei der Umsetzung im Kampf gegen diese  bestmöglich zu unterstützen, wurde im Sommer ein Fragebogen an alle 438 Gemeinden geschickt. Rund 175 und damit knapp die Hälfte habe den Fragebogen bereits nach kurzer Zeit retourniert. Davon haben 141, also knapp 80 Prozent der Gemeinden, angegeben, die Novellierung bereits im Gemeinderat thematisiert zu haben. Jede dritte Gemeinde gab an,  dass sie bereits ein Beleuchtungskonzept beschlossen hat oder dass ein solches in Bearbeitung ist.

Das künstliche Licht über den Städten wie Wien und Graz trübt den Blick auf den Nachthimmel, die Sterne werden zunehmend "unsichtbar". | Foto: Sternfreunde Steyr
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