Abbau der Knochendichte: Das hilft bei Osteoporose

- Primar Vinzenz Auersperg
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Beitrag von Primar Dr. Vinzenz Auersperg, Leiter der Abteilung für Orthopädie und orthopädische Chirurgie an den Landeskrankenhäusern Steyr und Kirchdorf
KIRCHDORF (wey). Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung mit einer Verringerung der Knochenmasse und einer Veränderung der Knochenqualität, woraus eine Abnahme der Knochenfestigkeit resultiert. Infolge dieser Prozesse treten (an typischen Stellen) im Bereich der Wirbelsäule und an den Gliedmaßen immer häufiger Knochenbrüche auf.
Die Ursachen sind mannigfaltig, aber an vorderster Stelle ist der natürliche Knochensubstanzverlust beim erwachsenen Menschen anzusehen, der durch Veränderungen des Hormonhaushaltes wesentlich beeinflusst wird, aber dessen Verlauf durch Medikamente und Aktivität gebremst werden kann.
Die Osteoporose ist eine häufige Alterserkrankung des Knochens, als Krankheit versteht man die Abnahme der Knochenmasse und Knochendichte unter ein Maß, welches bei Messungen nachweisbar ist und welches zu Komplikationen führen kann. Die Krankheit wird als solche erst wahrgenommen, wenn es zur Komplikation kommt, diese ist die Fraktur, der Knochenbruch.
Da die Knochenmasse natürlicherweise ab dem 35. bis 40. Geburtstag beginnt, ein wenig abzunehmen, ist die Osteoporose meist eine Erkrankung der späteren Lebensabschnitte. In Österreich leiden Schätzungen zufolge bis zu 740.000 Menschen an Osteoporose, davon sind etwa 617.000 Frauen betroffen. Man kann davon ausgehen, dass 30 Prozent der über 50-jährigen Frauen an Osteoporose erkrankt sind. Im Alter von über 80 Jahren zeigen etwa zwei Drittel der Frauen ein erhöhtes Frakturrisiko, aber auch etwa ein Drittel der Männer. Frauen sind wegen der Veränderungen des Hormonhaushaltes im Wechsel von der Natur sehr benachteiligt, was sich auch in den genannten Zahlen widerspiegelt, darum sollten gerade sie auf die Osteoporose achten.
Was macht die Osteoporose gefährlich?
Die Verringerung der Knochenmasse verursacht zunächst keine Symptome, welche den Patienten auffallen, vor allem zunächst keine Schmerzen. Oft ist ein Knochenbruch das erste Anzeichen für das Vorliegen einer Osteoporose. Sehr häufig sind Speiche, Rippen, Oberarm, Wirbel, Becken und Oberschenkelhals betroffen.
Was kann man gegen die Osteoporose tun?
1. Versuchen, die Osteoporose zu vermeiden! Man hat gute Voraussetzungen, wenn man als junger Mensch einen ordentlichen Knochen entwickelt hat. Das erreicht man durch gesunde Ernährung und durch reichlich sportliche Aktivität an der frischen Luft!
Die körperliche Entwicklung von Kindern muss gefördert werden, die wenigen Stunden Turnunterricht in der Schule ist viel zu wenig, Kinder müssen sich auch in der Freizeit sportlich betätigen, Sportvereine sind beispielsweise ein hervorragender Platz, um die Aktivität der Kinder zu fördern!
Aber auch Erwachsene brauchen Outdoor-Bewegung, nicht nur zur Kräftigung des Herz-Kreislauf-Systems, sondern auch um die Knochen fit zu halten! Regelmäßiges Turnen in der Gruppe kann solche Aktivität fördern, zumal der soziale Faktor des Zusammenseins gegenseitig anregend wirken kann, besonders auch bei alten Menschen!
2. Sturzprophylaxe! Es ist nachgewiesen, dass die Muskelkraft (des Oberschenkels) direkt mit der Sturzgefahr korreliert! Je geringer die Kraft, desto mehr Brüche passieren! Wer seine Muskelkraft erhält, erhält auch meist die Koordination, und diese ist der entscheidende Faktor, um Stürze zu vermeiden.
Das ständige Tragen von Protektoren an den Hüften oder Armen wird von den PatientInnen nicht sehr geschätzt und ist auch bei weitem nicht so wirksam wie eine gute Körperbeherrschung; in ausgewählten Fällen wird man aber auch (Hüft-) Protektoren verordnen.
Die Wohnungen osteoporotischer Patienten sind von allen Gefahren zu befreien, durch welche Stürzte provoziert werden könnten: Teppiche, Schwellen, glatte und nasse Böden, fehlende Haltegriffe und Geländer, etc.! Rund 80 Prozent der Schenkelhalsfrakturen ereignen sich zuhause. Richten Sie Ihre eigenen vier Wände daher so ein, dass Stürze bestmöglich vermieden werden können:
a. Versuchen Sie, Teppichläufer nach Möglichkeit zu vermeiden.
b. Bringen Sie Halterungen im Badewannen- oder Duschbereich an.
c. Versehen Sie alle Treppenaufgänge mit Geländern.
d. Sorgen Sie für gute Ausleuchtung.
Lassen Sie eventuelle Sehstörungen korrigieren. Das gilt auch für ältere Personen ohne Osteoporose, da bei ihnen auch unabhängig von der Knochendichte ein erhöhtes Risiko für Stürze besteht.
e. Empfehlenswert sind zweckmäßige, flache Schuhe mit rutschfesten Sohlen. An Tagen mit Glatteis ist besondere Vorsicht angebracht.
f. Vermeiden Sie nach Möglichkeit das Heben schwerer Gewichte.
3. Was kann die Ernährung beitragen?
a. Sehr schlanke PatientInnen sind benachteiligt, bei einem BMI < 20 steigt das Osteoporose-Risiko deutlich an! Man sollte also bei der Menge der Kalorien darauf achten, nicht zu dünn zu werden, nur weil es langweilig ist, für sich alleine zu kochen oder weil man am Essen keine große Freude hat, ganz abgesehen von der Scheu vor einem kleinen Bäuchlein oder den berühmten Fettpolstern an den Oberschenkeln von Frauen!
b. Der Mensch benötigt, wenn keine anderen Erkrankungen vorliegen, ca. 1000 mg Kalzium täglich, welches er über die Nahrung zu sich nimmt. Viel Kalzium ist in der Milch, besonders in fetten Milchprodukten (also nicht im Schlankmacher-Joghurt!). Wenn man sich nicht sicher ist, ob man ausreichend Kalzium zu sich nimmt, dann kann man eine Analyse der täglichen Nahrung machen, dazu findet man bei Hausärzten und ErnährungsberaterInnen Tabellen, welche die Berechnungen erleichtern.
c. Vitamin D braucht nicht nur das kleine Kind, es braucht der Mensch in jedem Alter! Für die ausreichende Bildung von Vitamin D ist eine tägliche Sonnenlichtexposition von mindestens 30 Minuten notwendig! Sollte man nicht genügend hinaus kommen, sollte man ca. 800-2000 IE Vitamin D3 oral substituieren, was auch einmal wöchentlich erfolgen kann!
d. Das Fehlen von Vitamin B12 und Folsäure begünstigt die Osteoporose, es sollten also auch solche Substanzen in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden.
e. Alkohol und Kaffee haben primär keine Osteoporose-fördernde Wirkung, es sei denn, dass durch sie Krankheiten des Magen-Darm-Traktes entstehen, welche die Ernährung negativ beeinflussen!
Rauchen hingegen erhöht das Risiko für Wirbel- und periphere Frakturen.
4. Welche Medikamente können bei Osteoporose eingesetzt werden?
a. Vitamin D3 wurde oben schon beschrieben.
b. Kalzium wurde oben schon beschrieben.
c. Bisphosphonate: Es gibt eine ganze Reihe solcher Medikamente am Markt, manche muss man täglich einnehmen, manche wöchentlich, andere kann man vierteljährlich oder wieder andere jährlich spritzen, sie sind Medikamente, welche die Osteoklasten-Wirkung hemmt, also die knochenabbauenden Zellen, man nennt sie antiresorptiv.
d. Strontiumranelat hat nicht ausschließlich eine antiresorptive Wirkung, sondern es wirkt auch ein wenig osteoanabol, knochenaufbauend.
e. Deutlich stärker osteoanabol, knochenaufbauend, wirkt das Parathormon (Teriparatid), dieses ist allerdings nur für eine Behandlungsdauer von 2 maximal 2 Jahren zugelassen, es ist von den Ärzten nur eingeschränkt verschreibbar, die Krankenkassen bevorzugen die Verschreibung durch spezielle Kliniken bzw. Spezialisten.
f. Raloxifen ist ein selektiver Östrogenrezeptormodulator (SERM), und es bewirkt nachweislich eine Knochenzunahme am Wirbel und am Schenkelhals, es hat aber Nebenwirkungen, leider nicht nur gute (Senkung des Brustkrebsrisikos), sondern auch schlechte: Es erhöht die Thrombosegefahr und kann zu Grippe-ähnlichen Wirkungen führen, es soll bei Herzkranken und bei Patienten mit Thrombose-Anamnese nicht eingesetzt werden.
g. Der humane monoklonale Antikörper Denosumab ist ein relativ junges Präparat, es fördert nachweislich den Knochenzuwachs am Wirbel, im Schenkelhals und in der Speiche, leider treten sehr selten aber auch atypische Frakturen auf und Kiefernekrosen, es hemmt die Osteoklasten, die abbauenden Knochenzellen.
h. Es gibt bereits eine Reihe weiterer Medikamente, die aber noch in der Testphase sind. Besonders hohe Erwartungen werden in Substanzen gelegt, welche auf Sclerostin wirken, welches ein Hemmstoff von knochenbildenden Proteinen in der Zelle ist. Auch hier werden Antikörper eingesetzt, welche die Wirkung von Sclerostin blockieren soll, und damit das Verhältnis zwischen Osteoklasten und Osteoblasten zugunsten der knochenbildenden Zellen verschiebt.
Wie bei allen anderen Gesundheitsfragen ist der Hausarzt / die Hausärztin die erste Anlaufstelle für Informationen! HausärztInnen können viele Hilfen selbst geben, können PatienInnen beraten, können die Abklärung organisieren, ob jemand schon an einer Osteoporose erkrankt ist oder nicht, und können die Therapie einleiten, die so gewählt wird, dass sie möglichst mit den anderen Begleiterkrankungen der PatientInnen zusammenpasst.
Lassen Sie mich noch einen Ratschlag formulieren: Fragen Sie immer wieder nach, ob Sie gefährdet sind, an einer Osteoporose zu erkranken! Sensibilisieren Sie Ihren Hausarzt / Ihre Hausärztin bzgl. Osteoporose, bevor Sie an den Folgen leiden müssen und dann vielleicht auch uns Orthopäden und viele andere KollegInnen brauchen, damit wir Ihnen helfen.
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