Rechungshofbericht
Einsparpotenzial durch Smart Meter fragwürdig
Die Einführung der Smart Meter wird seit ihrem Anfang von kritischen Stimmen begleitet. Im Mittelpunkt stehen dabei die Energiesparpotenziale und datenschutzrechtliche Bedenken.
ÖSTERREICH. Anfang des Jahres wurde einer Burgenländerin der Strom abgedreht. Grund: Sie weigerte sich einen digitalen Stromzähler – ein Smart Meter – einbauen zu lassen.
Ziel der EU-Verordnung: Energieeffizienz verbessern
Hintergrund ist eine EU-Verordnung, die vorsieht, bis 2020 EU-weit 200 Millionen Ferraris-Zähler – davon 5,7 Millionen in Österreich – durch intelligente Geräte zu ersetzen. Ziel ist es, die Energieeffizienz, das Netzmanagement und die Integration erneuerbarer Energien zu verbessern. Die Verordnung sieht vor, das jeder Mitgliedsstaat eine Kosten-Nutzen-Analyse über die Wirtschaftlichkeit von Smart-Metern durchführen kann. Sollte die Analyse zum Ergebnis kommen, dass Kosten den Nutzen übersteigen, müssen keine Smart Meter eingeführt werden, heißt es auf der Webseite von "Stop – Smart Meter Netzwerk Österreich".
Rechnungshof zerpflückt Gesetzesgrundlage
Doch in Österreich ist die Grundlage für das Smart-Meter-Gesetz fragwürdig. In einem vor Kurzem veröffentlichten Bericht, übt der Rechnungshof heftige Kritik an der Vorgehensweise des damals zuständigen Wirtschaftsministeriums (unter Reinhold Mitterlehner, VP) und der E-Control. Der vom Wirtschaftsministerium beauftragte Bericht wurde nicht veröffentlicht und wurde auch den damals zuständigen leitenden Beamten im Ministerium nicht vorgelegt.
Kosten-Nutzen-Analyse mit "unrichtigen Zitaten"
Auch die von der E–Control beauftragte Kosten–Nutzen–Analyse zur Smart-Meter-Einführung weise dem RH zu Folge Mängel auf. In der Analyse seien die in internationalen Quellen genannten Einsparpotenziale unrichtig zitiert. Obwohl diese Quellen für Strom ein Einsparpotenzial von nur ein bis drei Prozent auswiesen, nahm der Bericht für Österreich 3,5 Prozent an. Für den RH nicht nachvollziebar. Außerdem ermittelte der RH, dass bereits bei leichter Unterschreitung dieses Werts – etwa ab 3,01 Prozent – die Smart-Meter-Einführung nicht mehr wirtschaftlich sei.
Was tun, wenn man kein Smart Meter möchte?
Das Gesetz sieht eine Ablehnung ("Opt-out") für Konsumenten nur zum Tei vor. Das bedeutet, dass Verbraucher nur die "intelligenten" Funktionen des Geräts ablehnen können, nicht aber den Einbau des digitalen Zählers an sich, heißt es bei der Arbeiterkammer, wo auch Musterschreiben für die Ablehnung zum Download bereitstehen.
Mit Ende 2018 waren österreichweit eine Million Smart Meter installiert, was einem Ausrollungsgrad von 17 Prozent entspricht. Die EU sieht vor, dass im Falle einer positiven Bewertung der Smart-Meter-Einführung mindestens 80 Prozent der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Messsystemen auszustatten sind. Österreich übererfüllt die EU-Richtlinie: im entsprechenden Gesetz sind mindestens 95 Prozent der Haushalte mit Smart Metern auszustatten.
Gold-Plating bei Österreichs Smart Metern
Eine weitere Übererfüllung stellen die im österreichischen Gesetz festgelegten Funktionen eines Smart Meters dar. Der ehemalige Grünen-Abgeordnete Albert Steinhauser zählt auf: "Die Aufzeichnung von Viertelstunden-Intervallen, tägliche Datenübermittlung durch den Smart Meter, Fernauslesefunktion und Fernabschaltefunktion (Breaker), Erfordernis der Kommunikation mit anderen Messgeräten durch den Smart Meter sowie das am Zähler anzuzeigendee Lastprofil." Diese Merkmale wären laut EU nicht notwendig und seien beispielsweise auch in Deutschland nicht vorgesehen, so Steinhauser. Dies Funktionen sind auch aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich.
Wie haben andere EU-Mitglieder entschieden
Deutschland, die Slowakei und Lettland etwa haben nur eine Teileinführung vorgesehen. Deutschland will bis 2029 nur 15 Prozent der Haushalte mit digitalen Stromzählern ausstatten. 16 Mitgliedsstaaten wollen einen Abdeckungsgrad über 80 Prozent.
Was der Rechnungshof empfiehlt
Die Kompetenz für die Smart-Meter-Einführung ist in der Zwischenzeit vom Wirtschafts- ins Nachhaltigkeitsministerium gewandert. Diesem empfiehlt der Rechnungshof die Einführung nun strategisch zu begleiten. Das bedeutet etwa mit Forschungsinstitutionen und anderen Ministerien hinsichtlich Cybersicherheit, Datenschutz und Konsumentenschutz zusammenzuarbeiten. Außerdem fordert der RH eine Verbesserung der Qualität der Entscheidungsgrundlagen für Großvorhaben, insbesondere wenn diese von Endverbrauchern finanziert werden. Weiters empfiehlt der RH auch den Erlass einer Verordnung über den Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern zu prüfen.
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