Fasnacht in den Martha Dörfern
Die Figuren der Absamer Matschgerer

Während noch im 19. Jahrhundert die Maskierten in kleinen Gruppen von Hof zu Hof zogen und in der Tenne des Hofes ihre Tänze und Sprünge vorführten, entwickelte sich das Treiben der Matschgerer im 20. Jahrhundert zu einem großen Umzug. | Foto: Absamer Matschgerer
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  • Während noch im 19. Jahrhundert die Maskierten in kleinen Gruppen von Hof zu Hof zogen und in der Tenne des Hofes ihre Tänze und Sprünge vorführten, entwickelte sich das Treiben der Matschgerer im 20. Jahrhundert zu einem großen Umzug.
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Auch in Absam gibt es, wie bei all den anderen MARTHA-Dörfern, eine Gruppe, die jedes Jahr für belebte Straßen in den Dörfern sorgt: die Absamer Matschgerer. Von Hexen, Zottlern, Tschaggelern und Klötzlern bis hin zu Bären – wir geben einen kleinen Überblick über alle Figuren der Absamer Matschgerer.

Die Absamer Fasnacht unterscheidet sich sehr grundlegend von den anderen MARTHA-Dörfern. Bereits auf den ersten Blick sieht man die Unterschiede der einzelnen Figuren und deren Bewegungen. So wie es selbstverständlich ist, Weihnachten und Ostern zu feiern, so gehört die Absamer Fasnacht mit dem Matschgern ebenso zu den selbstverständlichen Festen des Jahres. Neben den nahezu intimen Privat-Veranstaltungen in den Bauernhäusern, gibt es alljährlich noch am Fasnachtssonntag einen Umzug, an dem nur Absamer Matschgerer und Bürgermusikanten teilnehmen und in größeren Abständen, so alle vier bis fünf Jahre, findet ein großer Festumzug statt, mit Einladung der Matschgerer, Huttler und Muller aus den benachbarten MARTHA-Dörfern und aus Mils. Im Gegenzug nehmen auch die Absamer an den Umzügen z.B. in Rum, Mils und Thaur teil.

Die historischen Hexen

Die ursprünglichsten Gestalten der Matschgerer, Muller und Huttler der Marthadörfer dürften wohl die dämonischen Hexen und Zottler sein, die uns auch eine gewisse Ähnlichkeit mit den Perchten in anderen Alpengebieten erinnern und den zentralen Sinn dieses Brauches am nächsten kommen: dem Winteraustreiben, dem Frühlings-Erwachen und dem Fruchtbarkeitskult. Das Matschgerer-Treiben beginnt mit dem Auftritt der Hexen, die den Platz frei machen für die nächsten Figuren freimachen. Das „Gwand“ der Hexe, besteht entweder aus einer alten Tiroler Tracht, zum Beispiel dem Boarischen Gwand also bäuerlichem Gewand, oder sie ist ganz einfach in Lumpen gehüllt. Mit Reisigbesen „kehren sie das Böse weg“ und sind aber auch etwas tückisch, wenn sie den Zuschauern einen extra stark angesetzten Bärlauch-Schnaps oder einfach Salzwasser anstatt dem traditionellen Schnapsl anbieten und ihrer Freude lautstark Ausdruck geben, wenn das Getränk dem Trinker zusetzt.

Foto: Absamer Matschgerer

Die Zottler bringen Fruchtbarkeit

Die wohl wichtigste Figurengruppe neben den Tuxern sind die Zottler. Dämonisch, in abgezirkelt wirkenden Bewegungen treten sie lärmend, stampfend und springend auf. Ausgerüstet sind sie mit einer Geißel, einem gezopften Hanfseil, das noch mit einem dünneren Hanfstrick umflochten ist und ursprünglich das Zugseil eines Pferdegeschirres war. Die Zottler stellen einerseits wilde Winterfiguren dar, üben andererseits aber auch mit dem „rituellen“ Mullerschlag, dem „Abmullen“, den mythischen Fruchtbarkeitskult aus. Wird jemand also für einen "Mullerschlag" auserwählt, dann ist demjenigen Glück und Fruchtbarkeit garantiert. Ernst und düster sind die Larven, verbunden mit einem mit Fuchsfell, Blumen und Federn geschmückten Hut. Und ein „Gwand“, das mit vielen „Zotteln“ versehen ist.

Foto: Absamer Matschgerer

Die Klötzler 

Zu den neueren Figuren der Matschgerer in Absam gehören die Klötzler und Flitscheler. Im Grunde sind sie eine weitere Version der Zottler. Der Klötzer hat statt Fransen viele Holzklötzchen aufgenäht, die beim Aufspringen ein klapperndes Geräusch erzeugen. So wie der Tschaggeler hat auch der Klötzler eine Weidenrute.

Foto: Absamer Matschgerer

Die Tschaggeler und der Frühling

Die „Tschaggeler“, manchmal auch "Zaggeler" oder "Jaggeler" geschrieben, haben einen blauen Anzug mit farbigen Quasten, den sogenannten „Taschaggeln“. Er hat einen Ranzen und am Hut hat er, wie auch der Zottler, ein Fuchsfell und ebenfalls ein „Radl“, das aber nicht aus Pfauenfedern, sondern aus schwarzen Hahnenfedern besteht. Statt der Geisel hat er eine Weidenrute, die als Symbol für das werdende Frühjahr gilt. Im übrigen führt der Tschaggeler die gleichen Muller-Rituale aus wie der Zottler. Mit Hilfe der gebogenen Weidenrute werden die „Abzumullenden“ eingefangen.

Foto: Absamer Matschgerer

Die Fleckler

Eine interessante und durch seine Kopfbedeckung besonders auffallende Maske ist der „Fleckler“. Sein Name rührt daher,  weil sein Anzug komplett mit bunten „Stoff-Flecken“ versehen ist. Der „Fleckler“erinnert an die an die oft kargen und armen Zeiten, in denen die Kleidung der einfachen Leute oft nur aus Stoffresten zusammengenäht war. Ein auffallendes Merkmal, das ihn weithin sichtbar macht, ist aber seine hohe spitze Mütze, ebenfalls mit Stoff-Flecken benäht. Diese „Spitzmütze“ soll von den „Zieler-Buben“ stammen und ist eine Reminiszenz an die alte Tiroler Tradition des Scheiben-Schieß-Sportes. Zu ihrem Schutz hatten die "Ziel-Buben" damals hohe spitze Mützen auf, die sie deutlich sichtbar machten, damit die Schützen bei ihrem Auftauchen aus der Scheibengrube sofort das Schießen einstellten. Auch der Fleckler hat eine zirka ein bis eineinhalb Meter lange Weidenrute zum Einfangen der Leute. Nach dem "Abmullen" – und dies machen alle „Muller“ – bekommt der "Abgemullte" einen Schluck Schnaps aus der Flasche angeboten. Frauen und Kinder erhalten Zuckerln.

Foto: Absamer Matschgerer


Die Flitscheler

Die jüngste Figur dürfte wohl der Flitscheler sein. Er heißt Flitscheler, weil sein Kostüm mit Türkenflitschen, also getrocknete Blätter von Maiskolben, behangen ist. Die Figur erinnert daran, dass einst in Absam umfangreicher Maisanbau betrieben wurde. Noch heute wird Mais in kleinerem Umfang angebaut und man kann an manch original erhaltenem Bauernwohnhaus die Giebel mit den waagrechten Stangen für die Trocknung der Maiskolben sehen. Bei einigen Häusern sind sogar noch Maiskolben aufgehängt. Dessen Figur wurde erstmals mit einer Larve von Karl Obleitner – von dem 1957 im Alter von 21 Jahren bei einem LKW-Unfall verstorbenen Peter Fischler verkörpert. Seitdem gehört der Flitscheler zum fixen Bestandteil der Absamer Matschgerer – gewissermaßen auch in Erinnerung an den so früh verstorbenen Matschgerer- Freund Peter Fischler.

Foto: Absamer Matschgerer

Die Tuxer

Mit den Hiatl- und den Spiegeltuxern treten die heiteren, lustigen Figuren in den Reigen des Fasnachts-Treibens. Begleitet von Musik, einem Ziehharmonika-Spieler bringen sie nach den derben und dämonischen Zottlern, den „Sonnenschein“ und die fröhliche Fasnachtsstimmung. Die fröhlichen und jugendlichen Tuxer, vor allem aber die Spiegeltuxer mit ihrem prachtvollen Kopfschmuck, erinnern an den festlichen Almabtrieb im Herbst. Irgendwann, vielleicht erst im Laufe des 19. Jahrhunderts, dürften diese Fasnachtsgestalten zu den alten Figuren der hiesigen Fasnacht hinzugekommen sein. Das Kostüm des Tuxers entspricht weitgehend der Zillertaler Tracht, mit kurzer Lederhose, Wadelstutzen, gestickten Hosenträgern, der grauen Trachtenjoppe und dem niederen Zillertalerhut, geschmückt mit Spielhahn- und weißen Hahnenfedern, Draht und Seiden-Blumen und goldenen Quasten. Zur weiteren Ausstattung gehören neben einem grünem Trachtentuch, das wie eine Krawatte getragen wird, ein schöner Federkiel gestickter Ranzen und als besondere Zierde eine wertvolle Silbertaler-Kette. Die Larve stellt ein liebliches, jugendhaftes Gesicht dar- eigentlich passt der Ausdruck „Larve“ gar nicht zu dem fröhlichen Gesicht.

Während noch im 19. Jahrhundert die Maskierten in kleinen Gruppen von Hof zu Hof zogen und in der Tenne des Hofes ihre Tänze und Sprünge vorführten, entwickelte sich das Treiben der Matschgerer im 20. Jahrhundert zu einem großen Umzug. | Foto: Absamer Matschgerer
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Die Weißen

Die Figur des Weißen ist aus dem Tuxer heraus entstanden. Auch diese Figur soll das herannahende Frühjahr symbolisieren. Das Kostüm des Weißen entspricht weitgehend dem des Tuxers mit Ausnahme, dass der Weiße anstatt der Lederhose eine weiße Leinenhose trägt und zusätzlich auf der Schulter ein großes Fransentuch, ähnlich dem des Spiegeltuxers, am gestickten Hosenträgern angebracht ist. Die weiße Leinenhose ist mit Bändern, farbigen Quasten- „Taschaggeln und Glöckchen verziert. Der Kopfschuck ist wie beim Tuxer. Ein besonders Merkmal des Weißen ist seine lange Weidenrute auch öfters Ulrich-Strauch Rute. Diese Ruten sind Symbol für das werdende Frühjahr, ist doch die Weide im Frühjahr eine jener Pflanzen, die als erste Knospen treibt. Mit dieser gebogenen Rute fängt er einerseits die „Abzumullenden“ ein und andererseits springt er akrobatisch wie beim Springschnurhupfen durch sie hindurch.

Foto: Absamer Matschgerer

Der Alte

Das Alt-Boarische Paarl verkörpert in ihrer Darstellung ein Paar, dass schon etwas in die Jahre gekommen ist. Ihre Bewegungen sind schon etwas langsam und schwerfällig, wie es eben bei älteren Leuten ist. Sie führen dem Publikum einen alten Figuren-Tanz vor, bei dem der männliche Teil auch zwischendurch "plattlt". Der das Paar begleitende "Ziachorgler" spielt dazu die Melodie. Natürlich wird auch der weibliche Teil, wie in der Fasnacht üblich, von einem Mann dargestellt. Auf ihrem Kopf ist eine für unsere Gegend eher untypische "Fotzelkappe" aufgenäht. Der weibliche Teil ist jedoch nicht immer mit dabei. Des öfteren sieht man in der Gruppe der Matschgerer den Alten alleine. In langer Lederhose, weißen Stuzen, schwarzem Brustfleck, grauem Tuxerjangger und natürlich einem Ranzen um den Bauch, ist er eine stattliche Erscheinung. Auch der Ziachorgelspieler selbst tritt in letzter Zeit immer häufiger als Alter auf. Früher waren sie mehr als Zottler oder Taschaggerler zu sehen.

Foto: Absamer Matschgerer

Die Spiegeltuxer

Die prächtigste und teuerste Figur ist wohl der Spiegeltuxer, auch Altar-Tuxer genannt. Sein Auftreten und sein Tanz im Rahmen der Tuxer Gruppe ist bedächtig und er vertritt würdevoll den Hochsommer. Das hohe Gewicht der Maske, zwischen acht und zwölf Kilo, sowie der hohe Aufbau von bis zu 120 Zentimeter, lassen kaum allzu schnelle Bewegungen zu. Sie sind mit ihrem eindrucksvollem Glanz sicher der Mittelpunkt der Matschgerer Auftritte. Die Larve und der Hut mit seinem Aufbau in Form einer geschmückten Tafel bilden eine Einheit. Im Zentrum des Aufbaues ist ein Spiegel, von dem ausgehend die Verzierungen radial angebracht sind. Aber auch die Kleidung strahlt mit dem gold gestickten Tiroler Adler auf dem schwarzen Gilet, dem weißen Hemd mit Krawatte Würde aus. Es ist also eine teure Würde, die so ein prächtig ausstaffierter Spiegeltuxer ausstrahlt.

Foto: Absamer Matschgerer

Der Bär

Für viel Wirbel und Aufregung, sorgen die Bären mit ihren Bärentreiber bei den Zuschauern, wenn sich der zottlige Bär mit wildem Brummen auf die Zuschauer stürzen will und der Bärentreiber versucht, den an der Kette hängenden und zerrenden Bären zurückzureißen. Ein ständiges Zerren und Reißen, Balgen und auf dem Boden Wälzen, wildes Kampfgeschehen nach allen Seiten, Kampf zwischen Treiber und Bär und manchmal auch zwischen den Bären untereinander, wenn mehrere Bären in der Gruppe getrieben werden. In Absam befinden sich vier Bärenkostüme im Vereinsbesitz und einige in privaten Händen. Das Besondere an den Absamer Bären ist, dass sie  ihr Maul durch einen raffinierten Mechanismus bewegen können und dadurch lebensechter und noch viel aufregender erscheinen.

Foto: Absamer Matschgerer

Der Bock

Eine für unser Gebiet wohl einmalige Fasnachtserscheinung ist der Absamer Bock. Eine Verwendung findet der Bock oder die Geiß auch in anderen Gebieten Österreichs, ja sogar in anderen europäischen Kulturkreisen in der Fasnacht. Eine derart lange nachweisbare Tradition wie der Absamer Bock ist für unser Gebiet aber einmalig. Im Matschgerermuseum sind 3 Bockreiterlarven ausgestellt. Der Bock stellt einen gehörnten Geißbock dar und sein Reiter trägt einen roten Mantel, am Kopf eine hölzerne Larve und darüber den Zweispitz. Die Larve des Reiters könnte einen Schneider nicht trefflicher darstellen. Er hat ein schlankes, langes Gesicht, Brille auf der Nase, keinen Vollbart sondern nur eine zartes Geißbärtchen und ein eigenartiges, etwas hilfloses Geschaue. Dem Schneider Megg Megg in Wilhelm Buschs Max und Moritz nicht unähnlich.

Foto: Absamer Matschgerer

Das Fasserrössl

Eigentlich ist das Fasserrössl ja in Hall beheimatet, dort wo einst die große Zunft der Fassbinder in 24 Betrieben jährlich Tausende von Fässern für den Salztransport hergestellt hat. Dem Absamer Fasserrössl soll eine andere Begebenheit zugrunde liegen. Kurz die Geschichte: Ein nobler, stolzer Herr ritt einst durch Absam. Da sein Pferd ein Hufeisen verloren hatte, suchte er eine Schmiede auf, um sein Pferd beschlagen zu lassen. Anscheinend hatten aber die Gesellen und Lehrbuben zu tief ins Glas geschaut und sie waren trotz der Bemühung des Meisters nicht in der Lage, das wild um sich schlagende Pferd zu beschlagen. Dann geht es rund: das Pferd ist störrisch und springt herum und schlägt aus, die betrunkenen Gesellen und Lehrlinge werden von ihrem Meister derb angetrieben, er schimpft, verteilt Ohrfeigen und Schläge an seine „untaugliche und betrunkene“ Mannschaft. Ein wildes hin und her, Geraufe, Fallen und Stürzen und dazwischen ein Schluck aus der Schnapsflasche. Trotz aller Bemühungen gelingt es dem Meister nicht, dass seine Männer das Rössl beschlagen. Derb und grob geht es dabei her und Verletzungen und blutende Wunden sind keine Seltenheit.

Foto: Absamer Matschgerer

So haben alle Muller und Matschgerer ihre eigenen Sitten und Bräuche und diese werden natürlich immer besonders stark hervorgehoben, um sich von den übrigen MARTHA-Dörfern zu unterscheiden.

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