Gemüse fermentieren
"Der Trend geht zum Selbermachen zurück"

- Kochen kann jeder lernen ist das Motto von Seminarbäuerin Zilli Neubauer. Jetzt im Herbst ist Zeit zum Einkochen.
- Foto: Neubauer
- hochgeladen von Karin Bayr
Die Zeit ist gekommen, um Obst und Gemüse zu konservieren. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Seminarbäuerin Zäzilia Neubauer verrät, wie das Fermentieren funktioniert.
WEIßKIRCHEN, BEZIRK GRIESKIRCHEN. Nach der reichen Ernte wird Gemüse und Obst mit Gelierzucker zu Marmelade verarbeitet, in Essig eingelegt oder mit Salz fermentiert. All diese Methoden dienen dazu, die Lebensmittel haltbar zu machen und Vitaminreiches für den Winter vorzubereiten. Besonders das Fermentieren erfreut sich in jüngster Zeit großer Beliebtheit, weiß Seminarbäuerin Zilli Neubauer: "Der Trend geht auf jeden Fall zum Selbermachen zurück, das merkt man am Run auf unsere Kurse wie zum Beispiel den Brotback-Kurs, der ist ein Dauerbrenner. Das finde ich super, weil man so einfach weiß, was in den Lebensmitteln drin ist und man geht achtsamer damit um." Der Vorteil des Fermentierens ist das Einfache: "Man braucht dazu keine Energie, theoretisch nur ein Brett und ein Messer zum Schneiden und Gläser", sagt Neubauer.
Welches Gemüse/Obst kann man fermentieren?
"Anfangs sollte man vor allem Experimente mit hartem, klassischen Gemüsen machen wie Kraut – Sauerkraut ist der Klassiker, Wurzelgemüse, Radieschen (Achtung: die Farbe geht verloren), Kimchi, Rotkraut mit Äpfeln oder Birnen oder Rüben. Die Chioggia-Rübe gibt's zum Beispiel in mehreren Farben und das schaut super aus im Glas."
Den Gaumen erst gewöhnen
"Auch Zucchini mit Knoblauch, fermentierte Senfkörner, Kombucha, Rhabarber süß-sauer habe ich schon ausprobiert." Alles sei Geschmacksache, manches schmecke einfach „fremdartig“, weil es unser Gaumen nicht kennt. Die Seminarbäuerin rät deswegen: "Langsam an das Thema herantasten. Es ist wie bei vielen Kochexperimenten: Manches kann wegbleiben und anderes möchte man nie mehr vermissen!"
Achtung bei Paradeisern
Beachten muss man beim Fermentieren, dass Gemüse wie Mangold, Spinat und Grünkohl schnell matschig werden. Paradeiser werden aufgrund des hohen Wassergehalts breiig. "Eine fermentierte Paradeissauce ist allerdings einen Versuch wert", sagt Neubauer. Mit Obst könne man später, wenn man mehr Erfahrung hat, experimentieren. Zum Beispiel Beeren in Honig einlegen oder marokkanische Salzzitronen: "Letztere gelingen relativ einfach", meint die Seminarbäuerin. "Ansonsten bleibe ich bei Obst beim klassischen Einkochen als Kompott. Das ist im Dampfgarer im Handumdrehen erledigt, bzw. mache ich viele Marmeladen und Powidl ein."
Doch was bringt das Fermentieren?
Fermentiertes Gemüse ist lebendige Nahrung mit Mehrwert. "Es ist eine der ältesten Konservierungsmethoden, bei der man mithilfe von Milchsäuregärung etwas haltbar macht. Unser Mikrobiom kommt in Schwung, die Darmbakterien jubeln geradezu. Beim Fermentationsprozess entstehen auch verschiedene Stämme von Probiotika. Diese helfen, die Darmflora aufzubauen und ein gesundes Gleichgewicht der Bakterien im Verdauungssystem zu sichern", weiß die Seminarbäuerin um die Vorteile von Fermentiertem in der Ernährung.
Fermentierte Produkte: Empfehlenswert für Veganer
Gesundheitsfördernde Bakterien, die sich bei der Fermentation vermehren können, produzieren Vitamine, wie etwa das Vitamin C und das Vitamin B12. "Ausschließlich die Mikroorganismen, die bei der Fermentation entstehen, sind dazu fähig, bei pflanzlichen Lebensmitteln das Vitamin B 12 zu genieren. Dieses Vitamin ist sonst nur in tierischen Produkten enthalten, weshalb Veganer zu fermentierten Produkten greifen sollten", sagt Neubauer. Mineralstoffe sind anorganische Substanzen, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Durch Fermentation entstehen aus den im Gemüse enthaltenen Mineralstoffen milchsaure Salze, diese können vom Körper besser aufgenommen werden.
Was machen Milchsäurebakterien dabei?
Bei der Fermentation bauen Enzyme und Mikroorganismen - unter Sauerstoffverbrauch (das Blubbern, außerdem riecht es nach Gärgasen), die im Gemüse enthaltenen Kohlenhydrate ab. Erst bilden sie Bläschen und treiben zunächst den Sauerstoff aus, dann produzieren sie Milchsäure und später auch Essigsäure, die dem Gemüse den typischen sauren Geschmack verleihen. Bei der Milchsäuregärung sinkt der pH-Wert ab. Ab einer Konzentration von 0,5 Prozent verhindert Milchsäure, dass Mikroorganismen in dem sauren Milieu (pH-Wert Absenkung) weiterwachsen können. "Das Kochsalz bindet zusätzlich Wasser, sodass Hefen und Schimmelpilze in ihrem Wachstum ebenfalls gehemmt werden. Durch die PH-Wert-Veränderung und den Sauerstoffverbrauch wird das Gemüse haltbar gemacht. Reifes Gemüse ist für diesen Prozess aufgrund des höheren Zuckeranteils besonders gut geeignet."
Je nach Gemüseart dauert die Gärung zehn Tage bis sechs Wochen. Dann ist ein PH-Wert von 3,8 bis 4,2 erreicht. "Bei gekauften Produkten wie Sauerkraut wird dieser Prozess durch das Pasteurisieren beendet, was auch zur Zerstörung von wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen führt", berichtet Neubauer.
Sauber arbeiten!
Worauf muss man beim Fermentieren besonders achten? "Reifes, saisonales heimisches Gemüse verarbeiten, sauber arbeiten, das heißt alles heiß waschen und ordentlich arbeiten, das Gemüse muss jedoch nicht geschält werden", sagt Neubauer. "Wichtig ist, dass das Verhältnis von Salz und Gemüsemenge immer zusammenstimmt." Sie rät deswegen: Immer abzuwiegen. Damit das Fermentieren gut gelingt und nichts schimmlig wird, ist es wichtig, dass immer Lake (Salzwasser) das Gemüse bedeckt. "Nach der Gärung im Kühlschrank oder Keller ist fermentiertes Gemüse bestimmt ein Jahr auf jeden Fall, oft auch länger haltbar. Der Geschmack wird immer saurer, das Gemüse ,matschiger'", sagt die Seminarbäuerin.
Das rosarote Sauerkraut
Mein liebstes fermentiertes Gericht ist auf jeden Fall das rosarote Sauerkraut mit Äpfeln und Fenchel, danach folgt das Kimchi! "Das ist den ganzen Winter lang ,Zuaspeis' zur Jause genauso wie auch ein Salatersatz", berichtet Neubauer, die gerade jetzt wie ein Eichhörnchen Vorräte anlegt: "Ich kaufe kein Fruchtgemüse mehr im Winter, generell versuche ich nur saisonales Gemüse zu verkochen und zu Essen bin so aufgewachsen: mit Kraut und Rüben!
Es ist umweltfreundlich, klimaschonend und ich will wissen, wo und, wie es gewachsen ist."
Zur Sache:
Zilli Neubauer gibt in der Landwirtschaftskammer Wels am Freitag, 11. Oktober von 18.30 bis 21.30 Uhr einen Fermentierkurs. Anmeldungen sind hier möglich.
Mehr über die Workshops im Bezirk Grieskirchen/Eferding lesen Sie hier.
Buchtipps zum Fermentieren:
Ein paar empfehlenswerte Bücher hat Zilli Neubauer auch:
"Magic Fermentation" von Marcel Kruse und Gerd Pulsier, Löwenzahnverlag: Das ist von zwei jungen „wilden" Köchen, die alle möglichen Fermente beschreiben (Joghurt, Sauerteig, Essig und Co. zählen ja auch dazu) und die auch entsprechende Rezepte dazu liefern.
"Fermentieren" von Kirsten K Shockey & Christopher Shockey , Löwenzahnverlag: da sind auch tolle Ideen drin-unter anderem Kraut kombiniert mit Ackermelde etc.
Und natürlich unsere tollen Seminarbäuerinnenkurse, die Jede(r) buchen kann und nicht nur für Bäuerinnen gedacht ist.
Rezept-Tipp nach Originalrezept von Romana Schneider-Lenz:
Rotkraut mit Äpfeln und Zwiebeln
Zutaten:
1 kg Rotkraut (rosa wird’s, wenn man zur Hälfte Weißkraut nimmt.
2 säuerliche Äpfel
2 Zwiebeln
10 g Salz (ca. 1,5 TL)
1 TL Kümmel
1 TL Schwarzkümmel
1⁄2 TL Fenchelsamen
1⁄2 TL Anissamen
1⁄2 TL Koriandersamen
Zubereitung: Kraut putzen, 1 – 2 große Krautblätter zum Abdecken beiseitelegen. Strunk herausschneiden und das Kraut hobeln bzw. nudelig schneiden. Äpfel entkernen und mit der Schale in feine Scheiben hobeln oder raspeln. Die Zwiebeln schälen und in feine Ringe hobeln. Nun vorbereitetes Kraut, Äpfel und Zwiebeln mit Salz und Gewürzen in einer großen Schüssel gut mit den Händen oder einem Stampfer durchdrücken.
Wenn sich genug Lake gebildet hat, schichtweise in ein Glas oder einen Gärtopf füllen. Mit den Fäusten oder dem Stampfer gut zusammenpressen. Mit Krautblättern abdecken und beschweren. Die Lake muss etwa zwei Zentimeter über dem Krautblatt stehen. Je nach Gefäß mit Deckel oder Tuch locker abdecken.
Das Gefäß auf ein Backblech oder in eine Schüssel stellen (so wird überlaufende Lake aufgefangen). Die ersten drei bsi sieben Tage bei Zimmertemperatur (18 – 23 °C) und die nächsten zehn bis 14 Tage bei etwa 15 °C fermentieren. Zuletzt bei fünf bis zehn °C (Keller) lagern. Nach zwei bis vier Wochen ist das Kraut genussfertig. Fertiges Rotkraut im Kühlschrank oder im kühlen Keller lagern.
Mit Roten Rüben geht es genauso
Nach dieser Rezeptur lassen sich auch Rote Rüben fermentieren. Rotkraut einfach durch Rote Rüben ersetzen und 3 – 5 EL geriebenen Kren beigeben. Mit Kümmel, Gewürznelken, Lorbeerblättern und evtl. Pfefferkörnern würzen. Tolle Geschmackskombinationen werden auch durch die Beigabe von Zitronen- oder Orangenzesten, Ingwer, Zimtstange oder -blüte, Kardamom, Ingwer oder getrocknete Beeren (Rosinen, Heidelbeeren, Aronia etc.) erzielt. evtl. 1 – 3 Johannisbeer- oder Himbeerblätter.





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