Erotikshop feiert Jubiläum
Alles queer in der Quergasse?

- Posiert zwischen Literatur und Oben-Ohne-Fotos: Wolfgang Kogl.
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Seit 25 Jahren betreibt Wolfgang Kogl einen Sexshop in Graz. Ein Besuch zwischen Porno und Precht.
Wer glaubt, dass Sexshops per se düster und verrucht sein müssen, wird in der gleichnamigen Quergasse der Annenstraße eines Besseren belehrt: Seit einem Vierteljahrhundert betreibt der gelernte Bautechniker Wolfgang Kogl hier einen "Liebesshop", der vor Gemütlichkeit nur so strotzt.
Hier gibt es helle Holzregale mit buntem Sexspielzeug, DvDs, die sich bis an die Decke stapeln – und Literatur. Denn Kogl berät nicht nur in Sachen Pornos, sondern lässt sich auch gerne auf eine Diskussionen über den Philosophen Precht ein. Zum 25-jährigen Jubiläum hat er mit der Woche geplaudert.

- Nackerte neben philosophischen Büchern über Künstliche Intelligenz: In seinem Shop verbindet Kogl gleich zwei Leidenschaften.
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Zu viel Spielzeug im Wohnzimmer
Das Wichtigste zuerst: Wie kommt man eigentlich dazu, einen Erotikladen zu eröffnen? "Ich habe davor in der Baubranche gearbeitet, aber das war mir zu langweilig. Also gab es für mich zwei andere Möglichkeiten: Entweder Schriftsteller werden oder einen Erotikshop aufmachen. Dazu muss man wissen, dass meine damalige Freundin und ich immer allerlei Spielzeug ausprobiert haben", so Kogl.
Irgendwann habe besagte Freundin gescherzt, er könne ja gleich einen Shop im eigenen Wohnzimmer eröffnen, weil er so viele Spielsachen habe. So fing das an und 25 Jahre später ist Kogls Fachgeschäft für Erotik immer noch da, während andere längst verschwunden sind. Das liegt auch an seinem Verkaufskonzept.

- Ein Literaturclub im Erotikshop? Das muss sich nicht ausschließen, findet Wolfgang Kogl. Interessierte sind jederzeit hochwillkommen.
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Pornos für Kenner
"Bei mir ist es ein bisschen wie im Tante-Emma-Laden", beschreibt Kogl. Seine Kund:innen bringen meist viel Zeit mit und lassen sich beraten. "Manche erzählen auch von ihren Problemen, dann bin ich eben sowas wie ein Psychologe", sagt der Shopbesitzer. Zu stören scheint ihn das nicht. Vielmehr gehöre das eben zum Geschäft dazu.
In seinen Shop kommen aber nicht nur Kund:innen, die ihr Liebesleben aufpeppen wollen, sondern auch Plaudertaschen, die dann anstandshalber eine Packung Kondome kaufen, und Mitglieder des hauseigenen Buchclubs (siehe Precht!). Schließlich sind da die echten Kenner: "Ich habe viele seltene Filme, die ich dann bei den Sammlern anbringe." Mit Betonung auf Sammler, denn Pornos würden immer noch hauptsächlich für Männer gedreht und auch von diesen gekauft, so Kogl. Frauen treibe dagegen die Neugier auf Spielzeuge in den Laden.

- Wo Sexspielzeuge und Schriftsteller:innen Hand in Hand gehen: Mitten in Kogls Shop hängt eine Liste mit Weltliteratur.
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Queere Anlaufstelle
"Vor Ort berate ich vor allem heterosexuelle Kund:innen, aber ich setze mich auch für Randgruppen ein", so Kogl. Damit meint er Interessent:innen aus der queeren Community – etwa Homo- oder Bisexuelle –, die oft diskret übers Netz bei Kogl bestellen. "Viele haben Hemmungen, einfach in einen Shop zu spazieren."
Graz ist verklemmt
Ähnliche Hemmungen haben auch jene, die das einschlägige Kino des Shops besuchen: "Der Hunger muss gestillt werden, aber wissen soll es keiner. Das ist immer noch so." Also ist man auch in Graz noch so verklemmt? Auf jeden Fall, kommt prompt die Antwort. In den letzten Jahrzehnten sei man zwar liberaler geworden, räumt Kogl ein. Aber offen gesprochen werde noch lange nicht überall, was der Experte nicht verstehen kann: "Sexualität ist das höchste Gut der Schöpfung", sagt er, während er Spielzeugschachteln im Regal gerade rückt.
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