Protest gegen Bebauung
Donaufeld als fruchtbarer Boden für 6.000 Wohnungen
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- 18 Kräne zieren derzeit die Hälfte des Donaufelds. Diese arbeiten an der Entstehung des Quartiers An der Schanze. Auch für das restliche Donaufeld hat die Stadt Bebauungs-Absichten. Die Initiative Freies Donaufeld versucht das aber zu verhindern.
- Foto: Luise Schmid/MeinBezirk
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18 Kräne zieren derzeit die Hälfte des Donaufelds. Diese arbeiten an der Entstehung des Quartiers An der Schanze. Dort sollen insgesamt 1.800 Wohnungen inklusive Arbeitsplätzen und Folgeeinrichtungen entstehen. Auch für das restliche Donaufeld hat die Stadt Bebauungs-Absichten. Die Initiative Freies Donaufeld versucht das aber zu verhindern.
WIEN/FLORIDSDORF/DONAUSTADT. Weitreichende Äcker, Wiesen, Gärtnereien und Feldwege – ist man mitten am Donaufeld und ignoriert die Skyline im Hintergrund, könnte man fast glauben, man steht am Rande eines Dorfes. Die Stadt sieht in dem Gebiet an der Bezirksgrenze von Floridsdorf und der Donaustadt fruchtbaren Boden für ein großes Stadtentwicklungsgebiet – ganze 6.000 Wohnungen sind geplant.
Während am ersten Teil – dem Quartier An der Schanze – bereits fleißig gebaut wird, steht ein Großteil des Projekts derzeit noch in den Sternen. Die Initiative Freies Donaufeld, die seit 2019 gegen die Bebauung des Donaufelds kämpft, hätte auch gerne, dass das Projekt in den Sternen bleibt.
Den Baubeginn des Quartiers An der Schanze bedauert die Initiative zutiefst. Auf einer Fläche von ungefähr sieben Hektar entstehen 1.400 geförderte und 400 frei finanzierte Wohnungen, wie eine Sprecherin des Wohnfonds Wien bestätigt. Die Initiative kritisiert den naturschutzrechtlichen Bescheid der MA22 – Magistratsabteilung für Umweltschutz – für das Quartier. Gegen den Bescheid wurde auch Beschwerde eingereicht, diese wurde aber wiederum abgewiesen, was den Baustart 2024 ermöglichte.
Unpassende Ausweichwiese
Mitglied der Initiative Freies Donaufeld Margit Spacek erzählt, dass besonders die streng geschützte Wechselkröte eine große Rolle spielt, weil diese ihren Lebensraum am Donaufeld hat. Das Vorkommen sei im naturrechtlichen Bescheid laut Spacek, die studierte Zoologin ist, nicht hoch genug priorisiert worden. Und die Wiese, auf die die Wechselkröten-Population umgesiedelt werden soll, sei absolut unpassend.
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- Robert Alder und Margit Spacek kämpfen seit Jahren gegen die Verbauung des Donaufelds.
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Die Wechselkröte ist nur eine von vielen zu schützenden Tierarten, die auf dem Donaufeld ihre Heimat finden. Weiters kommen Ringelnattern, Zauneidechsen, Erdkröten, Vögel wie der Neuntöter und mehr vor.
Der nächste höchst schützenswerte Aspekt für die Initiative ist der fruchtbare Boden. Dieser sei einer der hochwertigsten Österreichs und trage auch zum Klimaschutz bei. "Am Donaufeld ist es viel kühler als in der Stadt. Das merken wir besonders, wenn wir im Sommer mit dem Rad durchfahren", so Spacek. Auch die Wissenschaft gibt ihr Recht: Auf einer Klimaanalysekarte der Stadt Wien von 2020 sticht das Donaufeld in grün (Frischluftentstehungsgebiet) im sonst eher roten (starke über wärmten) Wien hervor.
"Ohnmächtig gefühlt"
Nicht nur die in der Nähe Wohnenden profitieren von den gesunden Böden. Im Laufe der Jahre haben sich mehrere Gärtnereien und kleine Bauernhöfe angesiedelt. Martin Freimüller als "Stadtgärtner" und Florian Kothny mit der Bioschanze sind zwei davon. 2014 hat sich Freimüller seine Brombeerplantage aufgebaut – auf Eigengrund. 2020 kam dann die Forderung des Bauträgers: Er müsse 400 Quadratmeter Grund abgeben oder er wird enteignet. Kurz bevor es zum Enteignungsverfahren gekommen wäre, verkaufte Freimüller. "Ich habe mich relativ ohnmächtig gefühlt. Weil ich mich eigentlich darauf verlassen habe, dass wir auf Eigengrund sind und das schon stabil ist", erzählt der Gärtner.
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- 2014 hat sich Freimüller seine Brombeerplantage aufgebaut – auf Eigengrund. 2020 kam dann die Forderung des Bauträgers: Er müsse 400 Quadratmeter Grund abgeben oder er wird enteignet.
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Er hat aber Hoffnung, dass er auch weiterhin am Donaufeld bleiben kann. Seine Plantage liegt nämlich im städtebaulich geplanten Grünzug. Freimüller habe von Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) die mündliche Zusicherung bekommen, dass sich der Bezirkschef für die Erhaltung einsetzen werde.
Das bestätigt dieser auch auf Nachfrage. "Für mich gibt es die Vision, die Brombeerplantage in den Grünzug zu integrieren, wobei Details dazu noch ungeprüft bzw. nicht besprochen sind. Jedenfalls werde ich mich dafür einsetzen, die Plantage im Grünzug zu erhalten und diesen für alle Floridsdorfer als neues Naherholungsgebiet auszugestalten", sagt Papai.
Der private Bauträger, der 212 Wohnungen An der Schanze plant, hat bis zur Veröffentlichung des Artikels nicht auf die Nachfrage bezüglich der Enteignung von MeinBezirk reagiert. Andreas Baur aus der Abteilung für Stadtteilplanung und Flächenwidmung der Stadt sagt: "Es werden keine Gebäude gegen den Willen von Grundeigentümer*innen abgerissen. Wir setzen wie in allen Stadtentwicklungsgebieten auf Dialog mit der Bevölkerung."
"Ewig schade" um Boden
Die Kommunikation fehlt, aber Kothny. "Wir sind die letzten, die Informationen kriegen", sagt der Gärtner, der sein Reich im westlichen Teil des Donaufelds hat, für welchen die Planungsarbeiten laufen. Im Gegensatz zu Freimüller ist Kothny Pächter. Er habe von Anfang an gewusst, dass die Zeit am Donaufeld begrenzt sein werde. Vor einigen Jahren hätten dann auch Bauträger den Grund aufgekauft, seither bekomme die Gärtnerei den Pachtvertrag immer nur für ein Jahr. Kothny ist aber zuversichtlich, dass er noch einige Zeit bleiben kann, da es noch nicht mal eine Flächenwidmung gebe – "vielleicht sogar noch zehn Jahre". "Wir bleiben so lange da, wie sie uns lassen", sagt der Gärtner.
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- Wenn die Zeit gekommen ist, wird die BioSchanze an einem anderen Ort wieder aufgebaut. Dieselben Voraussetzungen wird man aber eher schwer wieder finden.
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Und weiter: "Es ist ewig schade, weil die Böden hier so extrem gut sind. Ich würde den Boden gerne mitnehmen." Wenn die Zeit gekommen ist, wird die BioSchanze an einem anderen Ort wieder aufgebaut. Dieselben Voraussetzungen wird man aber eher schwer wieder finden: "Man darf nicht vergessen, am Donaufeld wurde gut 120 Jahre intensiv Gemüsebau betrieben und gut gewirtschaftet. Das ist extrem fruchtbarer Schwemmlandboden, das findet man jetzt nicht mehr." Kothny hat aber auch Verständnis, dass es Wohnraum braucht.
17.400 Unterschriften
Die Initiative Freies Donaufeld sieht das anders. Bevor es zu Neubauten kommt, sollte der Leerstand geprüft werden, findet Robert Alder von der Initiative. Außerdem sollten zuerst bereits versiegelte Flächen herangezogen werden, "nicht auf der grünen Wiese!". Über 17.400 Menschen sind der gleichen Meinung und haben die Petition gegen die Bebauung des Donaufelds unterschrieben.
Baur von der Stadtteilplanung meint wiederum: "Wien wächst und daher gilt es auch künftig, leistbaren Wohnraum zu schaffen und ausreichend Grünraum sicherzustellen." Inwiefern der geplante Grünraum dem ehemaligen Donaufeld gleichen wird, wird nur die Zeit zeigen.
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