ÖGB-Boss: "Leisten uns derzeit teuren Föderalismus"
![ÖGB-Chef Erich Foglar im Interview am Wiener Donauufer: "Ich habe es satt, wenn die einzige Botschaft lautet, Arbeitnehmer seien zum Arbeiten und Zahlen da." | Foto: Thomas Jantzen](https://media04.meinbezirk.at/article/2014/08/08/0/3161630_L.jpg?1556428632)
- ÖGB-Chef Erich Foglar im Interview am Wiener Donauufer: "Ich habe es satt, wenn die einzige Botschaft lautet, Arbeitnehmer seien zum Arbeiten und Zahlen da."
- Foto: Thomas Jantzen
- hochgeladen von Karin Strobl
Der Chef des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Erich Foglar, im Sommerinterview über Reformen und die Regierung.
Hängt das Überleben der Regierung von der Steuerreform ab?
„Das Überleben der Regierung hängt nur von der Regierung selbst ab. Das Thema Steuerreform ist für die Regierung jedoch eine große Chance.“
Der Staat hat noch nie so viel an Abgaben und Steuern eingenommen wie derzeit, die Schulden steigen. Warum?
„Die Ausgaben steigen gleichermaßen, wenn nicht sogar noch schneller. Hauptgründe sind auch die Krise und die Abwicklung der Hypo Alpe Adria mit vielleicht bis zu 22 Milliarden Euro. Aber auch die Arbeitslosenrate steigt, damit reduzieren sich Sozialversicherungsbeiträge und Steuereinnahmen. Eine Spirale nach unten.“
Die ÖVP stimmt einer Senkung des Einkommenssteuersatzes nur zu, wenn das Modell gegenfinanziert ist.
„Daher wird unser Modell auch Vorschläge beinhalten wie die Selbstfinanzierungskraft durch eine Lohnsteuersenkung. Über die Stimulierung der Wirtschaft und der daraus resultierenden Lohn- und Mehrwertsteuer kommt das Geld wieder zurück. Auch der Ausbau der Betrugsbekämpfung bringt Geld. Wir brauchen vor allem aber im Verwaltungsbereich mehr Effizienz und Effektivität sowie vermögensbezogene Steuern.“
Hier heißt das Gegenargument, der Verwaltungsaufwand für vermögensbezogene Steuern wäre zu hoch.
„Ich habe es satt, wenn die einzige Botschaft lautet, die Arbeitnehmer seien zum Arbeiten und Zahlen da und für alle anderen Steuern sei der Verwaltungsaufwand zu groß. So kann’s nicht gehen!“
Die SPÖ hätte sich jüngst bei der Reform der Grunderwerbsteuer durchsetzen können.
„Hier können wir eine Taktik feststellen: Der Verfassungsgerichtshof hebt das Gesetz auf und setzt eine Frist für eine Reform. Dann passiert beim zuständigen Finanzministerium monatelang nichts. Und in letzter Sekunde wird plötzlich argumentiert, dass für eine vernünftige Reparatur des Gesetzes keine Zeit mehr da sei. Hier war die SPÖ nicht gut unterwegs und der Koalitionspartner blieb auf einem Justament-Standpunkt. Das wird auch eine Kernfrage der Koalition werden, wenn jemand so auf seinem Standpunkt beharrt.“
Bei der Steuerreform gibt es fast nur Justament-Standpunkte. Also doch eine Nagelprobe für die Regierung?
„Es wird eine Nagelprobe in der Steuerfrage, bei der Bildung und beim Erhalt des Wirtschaftsstandortes Österreich geben. Hier müssen viele Justament-Standpunkte überwunden werden.“
Bewegung könnte es bei der Grundsteuer geben, davon profitieren jedoch nur die Gemeinden, nicht der Bund.
„Es führt kein Weg daran vorbei, dass der Finanzausgleich mit den Ländern auf neue Beine gestellt werden muss. Es ist nicht machbar, dass der Bund alle seine Hausaufgaben macht und es immer einen lachenden Dritten, nämlich die Bundesländer gibt, die nur mitschneiden.“
Sind wir mit unseren föderalen Strukturen am Ende der Machbarkeit von Reformen angekommen?
„Solange wir keine Verfassungsreform haben, werden wir keine Verwaltungsreform zustande bringen. Der Föderalismus ist von Haus aus nicht schlecht, ich halte ihn für ein gutes System, weil er bürgernah ist, doch diese Form von Föderalismus, die wir uns derzeit leisten, ist zu teuer.“
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