Equal Pay Day
57 Tage: Ab heute arbeiten Burgenländerinnen gratis
Statistisch gesehen arbeiten Burgenländerinnen ab dem 5. November für die folgenden 57 Tage bis zum Jahresende gratis. Das liegt am Gender Pay Gap. Der Equal Pay Day markiert und streicht diese Ungleichbehandlung hervor, doch wie wurde berechnet, dass Frauen im Burgenland um 15,6 Prozent, also 9.099 Euro, weniger als Männer verdienen? Ist dieser Wert eigentlich repräsentativ?
BURGENLAND. Am 5. November ist Equal Pay Day, welcher den Zeitpunkt im Jahr markiert, an welchem Männer statistisch gesehen jedes Jahresgehalt verdient haben, wofür Frauen noch bis zum 31. Dezember arbeiten müssen. Frauen verdienen im Burgenland durchschnittlich 49.350 Euro im Jahr, Männer 58.449 Euro. Der Gender Pay Gap im Burgenland liegt auf Platz zwei im österreichweiten Vergleich nach Wien mit 15,6 Prozent. In Österreich liegt der Prozentsatz bei 16,6 Prozent, laut Arbeiterkammer (AK) Burgenland.
Was jedoch die wenigsten wissen: Es gibt unterschiedliche Rechnungsmethoden für den Gender Pay Gap, wodurch sich unterschiedliche Prozentsätze und Differenzen beim Jahreseinkommen von Männern und Frauen ergeben können. Häufig wird sich hier auf die Eurostat-Berechnung gestützt. Hier handelt es sich jedoch um einen unbereinigten Wert, welcher entscheidende Faktoren bei der Thematik außer Acht lässt. MeinBezirk verrät die Unterschiede zwischen den Berechnungsmethoden und erklärt, weshalb, laut Expertinnen und Experten, dennoch eine Ungleichbehandlung zwischen Frauen und Männern in Österreich vorliegt.
(Un-) Bereinigter Gender Pay Gap
Es gibt unterschiedliche Berechnungsmethoden der Einkommensdifferenz zwischen Frau und Mann in Österreich, und je nach Untersuchung und Fragestellung variieren auch die Ergebnisse und Werte. Fest steht jedoch, dass Frauen im Durchschnitt weniger als Männer verdienen und dies unabhängig von der Berechnungsmethode. Hier wird oft von einem bereinigten oder unbereinigten Gender Pay Gap gesprochen. Eurostat vergleicht etwa die Bruttogehälter der beiden Geschlechter miteinander, ohne Berücksichtigung von Alter, Ausbildung, Berufserfahrung oder Branche. Daher ist der Prozentsatz von Eurostat immer etwas höher.
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) berücksichtigte bei ihren letzten Berechnungen im Jahr 2021 Ausbildung, Erfahrung und Sektor der Österreicherinnen und Österreicher und kam auf das Ergebnis, der Lohnunterschied in Österreich liege bei 6,4 Prozent. Je nach Institut und Berechnung können die Werte also abweichen, dennoch kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass es eine Differenz beim Lohn zwischen Frau und Mann in Österreich und auch im Burgenland gibt.
Im internationalen Vergleich muss auch die Frauenerwerbsbeteiligung im Land berücksichtigt werden. In manchen Ländern ist der Gender Pay Gap nach Eurostat und anderen Instituten auffällig niedrig. Dies kann auch daran liegen, dass weniger Frauen überhaupt arbeitstätig sind, wie in Italien (55 Prozent der Frauen arbeiten) oder Rumänien (59 Prozent). In Österreich und dem Burgenland gehen deutlich mehr Frauen arbeiten. Dies führt zu einem Anstieg im Gender Pay Gap. Ferner erklärt die AK, dass Studien vorliegen, welche durchaus nahelegen, dass der Gender Pay Gap mit dem Bildungsgrad der Frau ansteigt. "Laut einer OECD-Studie von 2019 erhalten Frauen in Vollzeitbeschäftigung, die einen akademischen Abschluss vorweisen können, nur rund 75 Prozent des Einkommens von vollzeitbeschäftigten Männern mit gleichem Bildungsabschluss", erklärt die AK auf ihrer Webseite.
Gründe für die ungleiche Bezahlung
Wichtig ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass eine Lohndifferenz zwischen zwei Personen im gleichen Unternehmen, in der gleichen Position und mit dem gleichen Bildungsgrad diskriminierend ist und in Österreich gesetzlich nicht erlaubt ist. Daher gibt es auch Kollektivverträge. Diesen Mindestbetrag müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienen. Was darüber hinaus ausbezahlt wird, obliegt dem Unternehmen. Dennoch muss hier die Lohntransparenz angemerkt werden, denn wie viel Männer und Frauen in einem Unternehmen mit ähnlicher Tätigkeit verdienen, ist oft nicht ganz klar, wenn Unternehmen die Verdienste ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht offenlegen.
Die AK führt weiter aus, dass die Gründe für den Gender Pay Gap verschieden sind und nicht alle zur Gänze erklärbar sind. Ein großer Faktor bei der Lohnschere zwischen den Geschlechtern ist die Branchen- und Berufswahl, denn Frauen sind in relativ schlecht bezahlten Branchen wie Handel, Pflege, Gesundheit und Bildung, sprich soziale Berufe, überrepräsentiert. Zudem entscheiden sich viele Frauen dazu, in Teilzeit zu arbeiten. Oft auch, weil ihnen häufig die Verantwortung über Haushaltsführung und Kindererziehung übertragen wird, trotz Berufstätigkeit. Die Care-Arbeit wiederum ist nicht bezahlt, auch eine Vollzeitbeschäftigung und notwendig.
Die AK führt weiter an, Frauen sind weniger oft in Führungspositionen wiederzufinden, welche in der Regel besser bezahlt werden. Das treibt den Gender Pay Gap weiter in die Höhe. In manchen Fällen kommt es dennoch, auch in Österreich und dem Burgenland, zu Diskriminierung am Arbeitsplatz, welche sich auf die Bezahlung auswirken kann. Ferner legen einige Studien nahe, dass Frauen weniger Verhandlungsgeschick an den Tag legen, wie Männer, was ein weiterer Grund für die Lohnschere sein könnte.
Ferner ist festzuhalten, dass viele Gründe für eine Lohnschere zwischen den Geschlechtern nicht nur auf eine berufliche Diskriminierung, aber auch auf die gesellschaftliche Rollenverteilung zwischen Frau und Mann zurückzuführen sind.
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