Kommentar
Lockdown-Ende mutig, aber auch a bisserl naiv
Lange hat er offenbar nicht gehalten, der rund um den Ostgipfel Ende März viel gelobte parteiübergreifende Konsens. Damals, als die medienwirksam sanfter als Lockdown klingende Osterruhe im Osten des Landes verkündet wurde, war man sich noch einig: Burgenlands Landeshauptmann lobte Ludwig, Mikl-Leitner und den mittlerweile abgedankten Anschober für eine vorher quasi noch nie erlebte, politische Diskussionskultur, die auch in den nächsten Wochen ganz wichtig sein werde. "Jetzt ist die Phase, wo wir Verantwortung in einer höheren Dimension übernehmen müssen," mahnte Doskozil damals.
In der Woche darauf – wir schrieben den 30. März und Wien sowie Niederösterreich hatten ihren Lockdown bereits verlängert – sagte Doskozil, dass es im Falle einer Verlängerung Abstimmungen mit Niederösterreich geben müsse, "damit die Menschen dann nicht zum Einkaufen ins benachbarte Bundesland fahren".
Heute wissen wir, dass das Burgenland aus dem Triumvirat des Ostens ausbrechen und mit Montag einen durchaus mutigen Alleingang gehen wird. Ja, dieser ist mutig und könnte durch die Testregion rund um Neusiedl und Parndorf tatsächlich brauchbare Erkenntnisse für weitere Öffnungsschritte liefern. Auch dass das Testnetz über den Schulen und Betrieben enger gezogen wird, macht natürlich Sinn.
Es ist aber auch gelinde gesagt naiv anzunehmen, dass die Menschen aus Wien und Niederösterreich brav in ihren Lockdowns verharren und nicht zum Einkaufen ins benachbarte Burgenland fahren werden. Natürlich werden das einige tun und natürlich werden weder die Sicherheitskräfte und schon gar nicht die seit Monaten gebeutelten Geschäfte einem Kunden den Eintritt verwehren. Seien wir uns ehrlich, wie soll das auch kontrolliert werden können? Auch die Polizei wird da nicht viel ausrichten können: Herr Inspektor, ich fahre nur zum Spazieren an den Neusiedler See (und biege dabei halt kurz ins Outlet Center ab). Scho a bisserl naiv, würde der Wiener zu Recht sagen.
Dass Hans Peter Doskozil immer wieder für einen Alleingang zu haben ist und auch keine Konfrontation scheut, wissen wir. Wir wissen auch, dass er damit öfters erfolgreich ist, als das so mancher Roten Dame in Wien lieb ist. Ob er diesen Erfolg auch mit dem jetzigen Lockdown-Ende haben wird oder er die "Stopptaste" drücken muss, wissen wir wohl spätestens Ende April. Bis dahin heißt's – wie der Landeshauptmann heute sagte – testen, testen, testen. Der "Fleckerlteppich" Österreich, den Doskozil vor der Osterruhe verhindern wollte, hat ab Montag jedenfalls ein Fleckerl mehr – oder aus der Sicht des Westens: weniger.
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