Bosco Bulls Kapfenberg
"Head Coach zu sein würde mich in Zukunft schon reizen"

- Klym Artomonov genießt es sehr, sowohl Assistant-Coach in der Kampfmannschaft als auch Head-Coach im Nachwuchs sein zu dürfen.
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Klym Artamonov stammt aus der Ukraine und ist bereits die zweite Saison Assistant-Coach bei den Bosco Bulls Kapfenberg. Warum er hier in Österreich ist und wie seine Familie dazu steht, hat er im MeinBezirk-Interview erzählt.
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- Klym, erzähl doch bitte ein bisschen von dir!
[/b]Ich komme eigentlich aus der Ukraine, dort bin ich auch geboren worden. Ich bin jetzt 31 Jahre alt und spiele Basketball seit ich neun Jahre alt war. Ich hatte die klassische Basketball-Karriere. Ich habe in Litauen, Frankreich, Spanien und in der Ukraine gespielt, insgesamt 13 Saisonen lang. Seit der letzten Saison bin ich nun auch Trainer. Ich bin also dem Basketball immer treu geblieben, spiele nur eben jetzt eine andere Rolle.
- Bist du wegen des Krieges in deiner Heimat hierhergekommen?
Als der Krieg begonnen hat, haben wir zwar noch in der Ukraine gelebt. Wir sind dann aber nach drei Monaten nach Spanien gegangen, weil meine Mutter dort lebt. Ich hatte dann eine Saison lang die Möglichkeit, in Frankreich zu spielen, und zwar in der dritten Liga. Es war eine gute, erfolgreiche Saison, meine Mannschaft hat diese Liga gewonnen. Nach dieser Saison bekam ich dann das Angebot, als Coach nach Österreich zu kommen. Und das war genau das, was ich immer schon machen wollte. Ich habe eine Menge von allen meinen bisherigen Coaches gelernt. Also, ja. Eigentlich kann ich sagen, wir sind wegen des Krieges hier.

- Klym lebt mit seiner Familie im Bulls-Home in Kapfenberg.
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- Wie geht es dir?
Gut, mir gefällt es hier sehr gut und ich bin sehr glücklich hier. Es passt eigentlich alles, daher glaube ich, dass einen das Leben immer dorthin bringt, wo man auch sein sollte; dort, wo einen die Leute brauchen.
- Ich denke, dass die Bulls auch mit dir glücklich sind.
Das hoffe ich.
- Was sind deine Aufgaben als Assistant-Coach?
Also, im Grunde genommen ist es meine Aufgabe, den Head-Coach zu unterstützen; ihm bei der Kommunikation mit den Spielern zu helfen; ihnen auch klarzumachen, was der Head-Coach von Ihnen erwartet und sie dann auch dazu zu bringen, genau das zu tun. Die Spieler verstehen nicht immer zu 100 Prozent, was der Head-Coach von ihnen erwartet; daher ist es meine Aufgabe, das genauer zu erklären, mit meinen Worten. Eine meiner Aufgaben ist bspw. das warm up und ich analysiere auch viel.
- Was ist dabei für dich der Unterschied zur vorigen Saison?
Grundsätzlich arbeitet jeder Trainer anders. Der letzte Trainer wollte Basketball auf sehr hohem Niveau spielen, der jetzige Trainer ist mehr von Defensiv-Basketball überzeugt. Der größte Unterschied war der Stil, Basketball zu spielen, der Ansatz dazu, die Methoden, die Art und Weise an das Thema heranzugehen. Aber ich als Assistant-Coach habe damit keine Probleme, ich kann mich an die unterschiedlichen Methoden und Zugangsweisen gut anpassen. Vielleicht aus deshalb, weil ich als Spieler viele unterschiedliche Trainer erlebt habe.

- Seine Aufgae als Assistant-Coach ist es, dem Head-Coach zu helfen, seine Ideen umzusetzen.
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- Als im Vorjahr Antonio, der Head-Coach, erkrankt ist, hast du für ein paar Wochen die Mannschaft übernommen - und warst dabei sehr erfolgreich. Würdest du dir zutrauen, als Head-Coach zu arbeiten?
Das ist schwer zu sagen. Ich lebe immer im Moment, und momentan ist eben der Assistant-Coach meine Aufgabe. Als Antonio damals ausfiel, habe ich übernommen und eigentlich seine Philosophie fortgeführt; ich habe damals ja nichts komplett Neues gemacht, sondern einfach seine Arbeit, so wie er sie haben wollte, fortgesetzt. Er hat dafür ja zuvor schon die Basis gelegt. Aber um die Frage zu beantworten: Ich denke, es gibt keine wirkliche Antwort auf diese Frage, denn das weiß man nie. Wenn du als Assistant-Coach arbeitest, bist du genau darauf fokussiert. Du arbeitest für den Moment und denkst nicht an solche Dinge. Sollte sich diese Frage auftun, werde ich so entscheiden, wie ich es in dem Moment dann auch fühle. Aber jetzt fokussiere ich mich auf meine aktuelle Aufgabe. Ich lebe im jetzigen Moment und versuche, dabei mein Bestes zu geben.
- Aber wäre es ein Ziel von dir, einmal Head-Coach zu sein?
Ja, schon. In Zukunft würde es mich schon reizen, es zu probieren. Aber momentan bin ich in der glücklichen Situation, noch vieles lernen zu dürfen. Ich habe viele unterschiedliche Coaches erlebt und von jedem schaue ich mir etwas ab und lerne dabei.
- Was denkst du über das Team und die neuen Spieler?
Ich denke, wir haben ein sehr gutes Team mit bereits viel Erfahrung; wir haben keine Rookies, also ganz junge Spieler mit wenig Erfahrung. Und das ist gut so; sie vervollständigen mit ihrer jeweils eigenen Persönlichkeit und ihrer unterschiedlichen kulturellen Herkunft das Puzzle optimal.

- Klym Artamonov stammt aus der Ukraine und lebt nun mit seiner Familie in Kapfenberg.
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- Stimmt es, dass du Maxime aus deiner Zeit in Frankreich kennst?
Ja, ich habe damals gegen ihn gespielt.
- Was, glaubst du, ist in dieser Saison möglich?
Das ist schwierig zu sagen, wir stehen ja noch relativ am Anfang. Wir haben leider einige wichtige Spiele zu Beginn verloren, noch dazu auf nicht vorhersehbare Weise. Das Wichtigste für uns ist meiner Meinung nach, dass wir versuchen, uns auf das Jetzt und Hier zu konzentrieren, hart zu arbeiten, das Beste zu geben, alles zu versuchen, fokussiert zu bleiben. Wir werden sehen, was wir auf diese Weise erreichen können. Wir hätten theoretisch die richtigen Puzzleteile, um erfolgreich zu sein; aber wir müssen halt Tag für Tag hart daran arbeiten, die vorhandenen Puzzleteile auch richtig zusammenzufügen. Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen. Was wir erreichen wollen, ist aber ohnehin kein großes Geheimnis: Das große Ziel sind natürlich die Top sechs.
- Welchen Job machst du lieber: den Assistant-Coach der Kampfmannschaft oder den Head Coach im Nachwuchs?
Das sind zwei komplett unterschiedliche Bereiche. Ich denke, ich mag beides gleich gern. Ich bin als Nachwuchstrainer ja quasi dafür verantwortlich, dass die jungen Spieler irgendwann den Sprung in die Kampfmannschaft schaffen. Als Assistant-Coach helfe ich dem Head-Coach, seine Ideen umzusetzen. Es sind zwei so unterschiedliche Bereiche, das kann man nicht vergleichen, obwohl die beiden Bereiche trotzdem zusammenhängen. Ich kann in beiden so viele Erfahrungen sammeln, das gefällt mir eigentlich am besten daran. Für mich ist diese Situation, beides machen zu dürfen, eigentlich perfekt.
- Was sind deine persönlichen Ziele für die Zukunft?
Früher, in der Zeit vor dem Krieg, hatte ich viele Ziele, vor allem, was Basketball betrifft; ich wollte immer noch besser werden, noch höher hinauf, noch weiter kommen. Ich habe aber eines gelernt: Das Wichtigste im Leben ist, das zu tun, was einem Spaß macht und das dann auch schätzen zu können. Du kannst dir persönliche Ziele setzen, Pläne schmieden, usw. – aber wenn du das alles nicht genießen und zufrieden sein kannst, bringt dir das alles nichts. Mein Ziel ist also, auch in Zukunft mental stark zu sein und im Moment zu leben, ihn genießen zu können.
- Hast du noch Familie in der Ukraine?
Ja, ich habe dort noch meine Großmutter, meine Onkel und Tanten und die Familie meiner Frau lebt noch dort.

- Klym Artamnov im Interview im Angelika Kern (MeinBezirk).
- Foto: Sander
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- Und geht es Ihnen gut?
Sie versuchen, das Beste daraus zu machen. Es gibt täglich Bombenalarm, Explosionen, Zerstörungen, usw. Es ist nicht leicht, jetzt dort zu leben und dort auch zu überleben. Sie müssen oft in den Keller gehen bzw. Schutzräume aufsuchen. Aber ich denke, sie haben gelernt, damit zu leben. Aber es gibt eben doch viele, die nicht von zu Hause weggehen wollen; sie wollen nicht in ein fremdes Land gehen, wo eine andere Kultur herrscht, wo eine andere Sprache gesprochen wird. Das ist speziell für ältere Leute nicht so einfach. Es ist einfach nichts mehr so, wie es einmal war.
- Wo in der Ukraine leben Sie?
In Odessa, am Schwarzen Meer.
- Deine Familie, also deine Frau und deine Kinder, sind aber hier in Österreich?
Ja, meine Frau ist hier und meine beiden Söhne. Der Ältere geht hier in den Kindergarten, trainiert mit den Bulls und fühlt sich dabei sehr wohl und er hat hier schon viele Freunde gefunden; für ihn ist es hier perfekt. Im Sommer sind wir dann zum zweiten Mal Eltern geworden; unser zweiter Sohn ist hier in Leoben zur Welt gekommen – er ist also halb Ukrainer, halb Österreicher. Hier in Österreich leben zu dürfen, ist ein großes Privileg und wir sind sehr dankbar dafür. Ich habe auch in anderen Ländern gelebt, aber das ist alles kein Vergleich zu Österreich.
- Ihr wollt also hier in Österreich bleiben?
Ja, wenn ich ehrlich bin, schon. Ich möchte, dass meine Kinder in einem Land wie diesem aufwachsen.

- Offizielles Bosco-Bulls-Bild der aktuellen Saison.
- Foto: Gepa Pictures
- hochgeladen von Angelika Kern
- Wird die Familie noch größer werden in Zukunft?
Naja, wünschen würde ich es mir schon. Aber im Moment ist es gut so wie es ist. Mal sehen, was die Zukunft bringt.
- Habt ihr euch in Österreich schon ein paar Dinge anschauen können?
Ja, wir waren schon in Wien und auch schon des Öfteren in Graz. Was wir auf jeden Fall bald anschauen werden, ist Salzburg. Speziell Wien und Graz hat uns gut gefallen, wahrscheinlich deshalb, weil es uns wirklich sehr stark an unsere Heimat erinnert. Manche Straßen sind wirklich sehr ähnlich wie in Odessa, das macht uns dann immer sehr emotional.
- Gibt es irgendetwas, was du im Leben noch erreichen möchtest?
Ich habe in Wahrheit alles, was ich brauche: Ich bin gesund, meine Familie ist gesund und ich habe hier in Österreich so viele Möglichkeiten. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich habe.
- Gibt es etwas, das du gern noch sagen möchtest?
Ja, ich möchte mich bei der Organisation der Bulls bedanken, dass sie mich und meine Familie hier so gut behandeln und an mich glauben. Auch, dass sie mir die Möglichkeiten geben, ein Teil dieser Organisation zu sein und auch die Verantwortung übergeben. Ich möchte mich aber auch bei den Fans bedanken, dass sie unsere Mannschaft immer so toll unterstützen. Danke dafür und bitte um Unterstützung auch in Zukunft.
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