Fakten zur Dr. Erwin Pröll Privatstiftung: Zwölf Fragen und zwölf Antworten
Eine wohltätige Stiftung des Landeshauptmannes sorgt für Schlagzeilen. Zwölf brennende Fragen und zwölf Antworten zu den nüchternen Fakten hinter der aufgeregten Debatte.
Warum gibt es eine Dr. Erwin Pröll Privatstiftung?
Anlässlich des 60. Geburtstags des Landeshauptmannes 2006 wurden die Gäste eines Festes gebeten, keine Geschenke zu bringen, sondern Geld für karitative Zwecke zu spenden. Um die Spenden nicht persönlich annehmen zu müssen, wurde eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Über die Verwendung der Gelder entscheidet der Stiftungs-Vorstand. Dieser besteht aus Johannes Coreth (ehemaliger Chef der Niederösterreichischen Versicherung), Erwin Hameseder (Raiffeisen Chef) und Erwin Pröll selbst.
Wer waren die Spender?
Mehrere hundert Kleinspender sind dem Spendenaufruf gefolgt. Es kamen dadurch knapp 150.000 Euro zustande.
Was ist eine gemeinnützige Privatstiftung?
Im Gegensatz zu einer normalen Privatstiftung, in der oft Familienvermögen geparkt werden, stellt die "Gemeinnützige Privatstiftung" eine streng reglementierte Sonderform dar. Die Gelder dürfen ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Das zuständige Gericht entsendet jährlich einen Prüfer, der die Bilanzen der Stiftung prüft.
Wer war der gerichtliche Prüfer und was sagt er dazu?
Der Wirtschaftsprüfer Walther Schnopfhagen ist Stiftungsprüfer der Privatstiftung Erwin Prölls. Gegenüber der APA nahm Schopfenhagen Stellung: Man habe mit 150.000 Euro begonnen. Gefolgt sei eine Zustiftung mit 300.000 Euro aus öffentlichen Geldern, die „zur Gänze vorhanden“ seien. Zum Großteil verwendet worden seien hingegen die ursprünglichen 150.000 Euro. Bedürftige, Kinder wie Erwachsene und Einrichtungen seien „ausschließlich“ aus diesen Geldern gefördert worden.
Wofür wurden die ursprünglichen Gelder verwendet? Gab es Angestellte der Stiftung die Gelder kassiert haben?
Insgesamt wurden von den ursprünglichen 150.000 Euro Stiftungsvermögen aus den Spenden genau 111.550 Euro an Bedürftige ausbezahlt. Insgesamt wurden 15 Institutionen und Privatpersonen in allen Landesteilen gefördert. Einzelne Empfänger waren:
+ Ein Verein im Industrieviertel, der sich für Integration von Flüchtlingsfrauen einsetzt. (6.000 Euro in drei Jahren)
+ Ein körperlich beeinträchtigter Musiker aus dem Industrieviertel, dem eine musikalische Ausbildung finanziert wurde. (7.000 Euro in drei Jahren)
+ Ein integrativer Chor aus dem Weinviertel, der mit körperlich beeinträchtigten Personen singt. (10.000 Euro in drei Jahren)
+ Zwei Halbwaisen aus dem Industrieviertel, denen nach dem Tod des Vaters Musikinstrumente und eine musikalische Ausbildung finanziert wurden. (10.000 Euro in drei Jahren)
+ Weitere bislang bekannte Empfänger sind etwa eine katholische Jugendgruppe und ein Dorferneuerungsverein im Waldviertel.
Darüber hinaus gab es laut Büro Pröll keine Zahlungen aus Stiftungsgeldern an Angestellte, Vorstände oder Verwalter der Stiftung. Dr. Peter Kirchweger: „Die Vorstände sind ehrenamtlich tätig. Die Stiftung hatte und hat keine Angestellten. Auch die Abwicklung der Spendenzahlungen und Verwaltung der Gelder erfolgte ehrenamtlich."
Warum floss Steuergeld in diese Stiftung?
Da die Stiftung bereits aktiv war, beschloss man die vorhandene Infrastruktur für weitere Projekte zu nutzen. Es entstand die Idee, eine Akademie zu gründen, welche die Entwicklung des ländlichen Raumes fördern sollte. Dafür stellte die Stiftung Förderanträge an die Landesregierung, welche einstimmig genehmigt wurden.
Wieviel Steuergeld floss in die Privatstiftung?
Von 2008 bis 2016 wurden jährlich 150.000 Euro bei der Landesregierung beantragt und von dieser genehmigt. Insgesamt wurde somit eine Förderung von 1.350.000 Euro beschlossen. Davon wurden bislang aber nur zwei Raten in der Höhe von insgesamt 300.000 Euro an die Stiftung überwiesen. Der Rest von 1.050.000 Euro ist nach wie vor auf den Konten des Landes.
Waren die Förderungen an die Stiftung geheim? Wer wusste davon?
Die Förderungen wurden jedes Jahr von den Mitgliedern der Landesregierung beschlossen. Die Landesregierung setzt sich aus neun Mitgliedern zusammen. Sechs Landesräte stammen von der ÖVP, zwei von der SPÖ und einer vom Team Stronach. Bis 2013 war statt des Teams Stronach die FPÖ mit Barbara Rosenkranz in der Landesregierung. Letztere war im Jahr 2008 die einzige Landesrätin, die einmalig gegen die Förderung stimmte. Die Vertreter von SPÖ und ÖVP waren immer dafür. Ab 2009 stimmte auch Barbara Rosenkranz für die Förderung, die Beschlüsse waren somit seit damals einstimmig. Ab 2013 stimmten auch die Landesräte des Teams Stronach für die Förderung.
Warum haben die Regierungsmitglieder der anderen Parteien für die Förderung gestimmt?
Tillmann Fuchs, unabhängiger Landesrat auf dem Ticket des Teams Stronach, meinte gegenüber der APA, dass er das Ziel eine Akademie zu gründen als sinnvoll erachtete. Barbara Rosenkranz von der FPÖ beruft sich gegenüber den Bezirksblättern auf ihre amtliche Schweigepflicht. Ihr Sprecher sagt: „Barbara Rosenkranz hat ihr Abstimmungsverhalten vor den Regierungssitzungen immer mit dem Klubobmann abgestimmt." Somit ist zumindest klar, dass auch die FP-Landtagsfraktion von den Förderungen gewusst hat. Auch die SPÖ stimmte den Förderungen zu. Vizelandeshauptfrau Karin Renner: „Eingebracht wurden die Förderansuchen für die angesprochene – 2006 gegründete und seit 2008 aus Mitteln des Landes NÖ geförderte – Privatstiftung alljährlich vom zuständigen Finanzlandesrat, der auch inhaltlich für die ordnungsgemäße Vorbereitung, Prüfung und Kontrolle Sorge zu tragen hat. Da der Stiftungszweck die Stärkung des ländlichen Raumes und die Förderung des sozialen Zusammenlebens umfasst haben auch die Landesregierer der SPÖ ihre Zustimmung gegeben." Detail am Rande: Selbst Sepp Leitner, kampfeslustiger Ex-SPNÖ-Chef und Pröll-Kritiker, stimmte von 2008 bis 2013 den Förderungen an die Stiftung seines "Erzfeindes" zu.
Was ist mit den Steuergeldern passiert?
Während die privaten Spenden bereits an oben genannte Empfänger ausbezahlt wurden, sind die Steuergelder noch unangetastet. Sowohl die 300.000 Euro, die bereits ausbezahlt wurden als auch die 1.050.000, die noch auf Landeskonten liegen, sind laut Prüfung unberührt. Das Geld soll laut Büro Erwin Pröll angespart werden, bis das gesamte Kapital zur Gründung der Akademie (Laut Schätzungen rund drei Millionen Euro) vorhanden ist. Als Sitz der Akademie war bereits eine Liegenschaft im Bezirk Hollabrunn angedacht, allerdings wurde man mit dem Besitzer nicht handelseins. Momentan ist man auf der Suche nach einer geeigneten Liegenschaft.
Was ist der Skandal an der Sache? Warum gibt es keine Ermittlungen?
Da die jährlichen Prüfungen des Gerichts keine Hinweise auf missbräuchliche Verwendung der Gelder geliefert haben, hat die Justiz bislang auch keinen Grund für Ermittlungen. Auch für den Rechnungshof fehlt eine Prüfungsgrundlage, da die öffentlichen Gelder noch nicht ausbezahlt wurden. Somit kann der Rechnungshof nicht prüfen, ob die Gelder rechtmäßig verwendet wurden - sie sind ja noch da.
Nachtrag: Am Freitag warfen die GRÜNE Klubobfrau Helga Krismer und die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser der Landesregierung vor, mit der Zahlung gegen das NÖ Kulturfördergesetz verstoßen zu haben. VP-Klubobmann Klaus Schneeberger wies die Vorwürfe zurück: „Die Zahlungen sind nicht aus dem Kulturbudget erfolgt, daher können sie gar nicht gegen das Kulturfördergesetz verstoßen." Tatsächlich wurden nach der Redaktion vorliegenden Unterlagen die Zahlungen aus der Budgetposition "05908 - Fonds, sonstige Einrichtungen und Maßnahmen“ geleistet. Diese Position ist im Budget der Gruppe "0 - Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung" und nicht der Gruppe "3 - Kunst Kultur und Kultus" zugeordnet. Eine Zuständigkeit des Kulturfördergesetzes ist daher nach derzeitigem Informationsstand tatsächlich fraglich. Die GRÜNEN haben aber angekündigt, trotzdem rechtliche Schritte einzuleiten und den Sachverhalt gerichtlich prüfen zu lassen.
Warum hat das Land die Akademie nicht direkt gegründet? Was bleibt in der Causa an offenen Fragen?
Tasächlich ist es ungewöhnlich, dass ein Landeshauptmann eine wohltätige Stiftung gründet und diese mit Steuergeldern fördern lässt. Da diese Vorgehensweise rein rechtlich aber in Ordnung ist, bleibt dies eine Angelegenheit, die politisch und nicht juristisch zu beurteilen ist. Politisch gaben alle in der Landesregierung vertretenen Parteien ihre Zustimmung zu dem Akademieplan und den damit verbundenen Förderungen. Also Vertreter von FPÖ, SPÖ und dem Team Stronach stimmten zu. Einzig die Grünen waren aufgrund der Wahlergebnisse nie in einer Landesregierung vertreten und haben die Privatstiftung des Landeshauptmannes seit 2009 immer wieder kritisiert.
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