Region Wienerwald
Missbrauchsprozess gegen Vater der Freundin
Eine starke Veränderung im Verhalten einer 13-Jährigen, das zuletzt in einem Suizidversuch gipfelte, brachte einen 55-Jährigen aus dem Wienerwald wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen in St Pölten vor Gericht.
REGION WIENERWALD. Vehement bestritt der Angeklagte, unterstützt von Verteidiger Mirsad Musliu, die ihm zur Last gelegte Tat, die sich bereits vor vier Jahren ereignet haben soll. Laut Anklage habe Katrin (Name v.d. Red. geändert), die Freundin seiner Tochter, in seinem Haus übernachtet. Als die beiden Mädchen vom Spielen im Wald verschmutzt nach Hause kamen, nahmen sie ein Bad. Dabei soll der Mann, wie angeblich damals üblich, seine Tochter gewaschen haben. Katrin habe sich selbst waschen wollen, was der Vater der Freundin negiert habe. Er habe schließlich auch die damals Neunjährige in der Wanne gewaschen und sie dabei mit den Fingern penetriert.
"Selbsthass"
In der Folge erzählte Katrin einer Freundin und ihrer Therapeutin von dem Vorfall, aber auch zwei Jahre später ihrer Mutter, die sich unter anderem darüber wunderte, dass ihre Tochter zunehmend intensiver den Wunsch äußerte, lieber ein Bub sein zu wollen. Etwa ein halbes Jahr nach dem Vorfall, der zeitlich aufgrund eines tragischen Familienereignisses genau datiert sei, habe Katrin begonnen, sich möglichst burschikos zu zeigen. Gleichzeitig entwickelte sie einen „Selbsthass“, der sich etwa durch Selbstverletzungen geäußert habe.
Angaben der Tochter
Nachdem sich die Tochter des Angeklagten zunächst der Aussage gegen ihren Vater entschlagen hatte, trat sie nun als Zeugin vor Gericht auf. Ihre offensichtlich entlastenden Angaben empfand der Schöffensenat als sehr konstruiert.
„Wir glauben der Katrin“
, begründete die vorsitzende Richterin Doris Wais-Pfeffer den Schuldspruch, wobei sie auf ein Gutachten verwies, das dem Mädchen Aussagetüchtigkeit und Aussagefähigkeit attestierte.
Katrin sei sehr glaubwürdig und habe keinerlei Grund gehabt, den Vater ihrer Freundin falsch zu belasten. Auch die Mutter des Opfers habe keine Belastungstendenzen gezeigt, sie habe sogar jahrelang geschwiegen.
Vom Urteil überrascht
Der Angeklagte zeigte sich vom Urteil überrascht. Demnach muss er acht von insgesamt 24 Monaten in Haft. Dem Opfer wurde ein Betrag von 8.600 Euro zugesprochen. Gleichzeitig verhängte der Senat ein umfassendes Kontaktverbot des 55-Jährigen zum Opfer. Das doch relativ milde Urteil begründete Wais-Pfeffer mit der bisherigen Unbescholtenheit des Mannes, sowie dem lange zurückliegenden Tatzeitpunkt. Generalpräventiv könne man ihm aber acht Monate Haft nicht ersparen.
Musliu sprach von einer äußerst dünnen Beweislage.
„Es ist jemand allein nicht nur deswegen schuldig, weil er nicht erklären kann, warum das Opfer ihn belastet“
, kommentierte er das nicht rechtskräftige Urteil.
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