Ausbrecherkönig Adolf Schandl: „Der Drang zur Freiheit."

Adolf Schandl war einer der gefürchtetsten Kriminellen der zweiten Republik.
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  • hochgeladen von Oswald Hicker

Wie sind Sie auf die schiefe Bahn und somit nach Stein gekommen?
Bis 32 Jahre war ich ein unbescholtener und gesetzestreuer Bürger. Ich hatte eine Tochter mit sechs Jahren. Meine Frau und ich arbeiteten, ich verdiente sehr gut. Die Schwiegermutter hat unser kind unter der Woche versorgt. Und dann kamen diese Schicksalsschläge, die mich aus der Bahn geworfen haben. Begonnen hat es damit, dass meine Schwiegermutter einen Gehirnschlag erlitten hat. Meine Frau ist dann zuhause geblieben. Ein Vorgesetzter von mir wollte unbedingt mit meiner sehr attraktiven Frau ein Verhältnis eingehen. Die hat das aber abgelehnt und darauf wollte er mich bestrafen und hat einen Vorwand gefunden mich zu entlassen. Das war ein schwerer finanzieller Schlag. Ich habe versucht das im Casino auszugleichen, habe aber verloren und mich in Schulden gestürzt. Dann ist meine Mutter langsam und leidvoll an Krebs gestorben. Das hat mich und meinen Vater moralisch aus der Bahn geworfen. Ich habe zum Alkohol gegriffen bis mich meine Frau nicht mehr ertragen konnte und der Wohnung verwiesen hat. Ich hab dann meine Schwester um Geld gebeten. Ich hatte zwar eine andere Stelle angenommen, hatte aber im Hinterkopf, dass ich das zum Spielen verwenden werde.

In Wien hatten Sie Casinoverbot, deswegen sind Sie mit ihrer jungen Geliebten nach Salzburg gefahren um dort zu spielen. Und dort ist etwas passiert...
Da war eine kleine Bank, da hab ich gewusst da ist ein einzelner älterer Herr. Da hab ich mir gedacht: Das ist die einzige Möglichkeit damit wir unsere Hotelrechnung bezahlen können. Den haben wir dann gemeinsam überfallen. Ich habe ihn festgehalten, mit Schnüren festgebunden, sie hat das Geld genommen und wir sind weg von dort. So sind wir nach Wien, aber nach kurzer Zeit bin ich verhaftet worden. Aber nur wegen kleinerer Delikte. Das mit dem Banküberfall hat die Freundin erzählt. Ich bin dann untergetaucht wurde aber nach kurzer Zeit wieder verhaftet. Da hab ich dann in Stein 13 Jahre ausgefasst. Da war meine Idee auf alle Fälle zu flüchten. Zuerst hab ich es versucht und mir aber den Fuß verletzt. Dann wurden die Maßnahmen radikal verschärft. Damals trugen die Wachebeamten noch Waffen und wir kamen auf die Idee: Wir machen eine Geiselnahme.

Das war am 4. November 1971...
Ja. Wir haben das monatelang beobachtet. Das geht nicht von heute auf morgen. Da hat alles zusammenpassen müssen. Dann haben zwei Beamte abwechselnd gefangene geholt. Zuerst haben wir den einen entwaffnet, dann den nächsten. Dann haben wir auch einen Richter und eine Schriftführerin als Geiseln gehabt. Dann haben wir unsere Forderungen gestellt. Sie wollten, dass wir die Frau freilassen. Ich hab gesagt Ja, aber erst wenn wir in Mautern sind. Da hat sich dann der Major Howanietz, der Polizeikommandant von Krems war gegen die Geisel austauschen lassen.

Haben Sie zu ihm noch Kontakt?
Nein, er wollte nach Stein zu meiner Lesung kommen, aber er ist leider nicht mehr in der Lage.


Sie waren drei Geiselnehmer und sind dann mit dem Polizeidirektor von Krems und dem Richter im Auto nach Wien geflüchtet. Da gab es am Riederberg eine dramatische Szene...

Die Gendarmerie war hinter uns und hat uns in einer Sackgasse gestellt. sturmgewehre. Scheinwerfer auf uns gerichtet. Ich hab gedacht: Jetzt kommt der letzte Showdown. Da hab ich zum Richter gesagt: Es tut mir leid, aber wenn die das Feuer eröffnen, kann ich für nichts garantieren. Da hat sich der Major Howanietz eingeschaltet. Er hat diese Situation bereinigt. Die haben sich zurückgezogen, wir sind dann weiter nach Wien. In Wien haben wir noch eine Frau als Geisel genommen. Dann sind wir zum Polizeipräsidium und da ist das erste mal der Polizeipräsident Holaubeck bei den verhandlungen dabei gewesen. Der hat dann angeordnet, dass wir nicht mehr von der Polizei verfolgt werden dürfen. das haben die eingehalten. Und so haben wir uns abgesetzt und waren ohne Verfolger.

Sie sind schlicht und ergreifend mit der Straßenbahn geflüchtet.

Nachdem ich mich von den Beiden getrennt habe war ich alleine. Ich bin Kreuz und quer durch Wien in der Straßenbahn, ich hab ja nix anderes gehabt. Ich hab beobachtet ob die Leute mich erkennen aber es hat funktioniert.

14 Tage später sind sie festgenommen worden.
Ja. Ich wurde wieder verraten wie öfter schon. Ich wurde bei einer alten Dame, wo ich untergekommen bin verhaftet.

Insgesamt waren Sie 35 Jahre im Gefängnis. 1996 haben Sie noch einmal Geiseln in der Strafanstalt Karlau genommen. Was treibt einen da an? Sind es die schlechten Haftbedingungen?
Der Freiheitswille. Der ist bei mir derart stark entwickelt, dass ich das immer wieder gemacht habe. Das wurde mir immer wieder vorgehalten, und ich habe gesagt: Das ist eben so stark. Durch diese Verzweiflung hinaus zu wollen habe ich diese ganzen Tten, die ich heute zutiefst bereue getan. Sonst hätte ich das nicht gemacht.

Sie sind ja Zeitzeuge des Justizvollzugs der zweiten Republik. hat sich da etwas geändert?
Viel. Gravierend. Es war ja ganz schlecht. 1968 gab es kein warmes Wasser. es gab kein richtiges Geschirr. Da war alles aus Blech. Wer einmal aus dem Blechnapf frisst weiß was das heißt. Es gab keine Dusche, die sanitären Anlagen und das Essen war schlecht. Das hat auch der Herr Schubirsch bei der Verhandlung gesagt als er gefragt wurde, warum er das gemacht hat: Ich hab immer einen Hunger gehabt, zu wenig und zu schlechtes Essen. Das hat sich danach dramatisch verbessert.

Sie sind seit 2012 wieder frei. Sie sagen es waren Schicksalsschläge, die sie auf die schiefe Bahn gebracht haben. Jeder "Pülcher" hat eine Geschichte dahinter. Aber nicht jede Geschichte macht aus einem Menschen einen "Pülcher". Warum ist das bei Ihnen sio gewesen.

Ich sag ja, ich war unbescholten, ich hätte nie gedacht, dass ich jemals ins Gefängnis komm. Wären diese Schicksalsschläge nicht gewesen, ich wäre heute ein alter Pensionist ohne Geschichte. Ich war ja sechs Jahre in Australien, ein völlig gesetzestreuer Bürger. Aber das hat mich total aus der Bahn geworfen.

Durch Ihre Taten haben sie Leute traumatisiert. Wenn sie diesen Leuten etwas ausrichten könnten: Haben Sie da eine Botschaft?

Ich kann nur eines sagen: Ich würde jedem, auch wenn es noch so eine verzweifelte Situation ist, dringend abraten so einen Weg den ich gegangen bin einzuschlagen.
Ich meinte die Leute, denen Sie Leid zugefügt haben. Wollen Sie denen was sagen?
Dass ich das zutiefst bereue was ich getan habe. Das Leid das ich meiner Familie zugefügt habe aber auch den anderen bei den Geiselnahmen. Ich bereue das zutiefst und bitte sie um Verzeihung. Und ich weiß wovon ich spreche, beim Traumatisiertsein. Denn ich habe als Kind durch die Kriegsereignisse das gleiche mitgemacht. Also ich bin nicht nur ein Täter sondern auch ein Opfer. Drum habe ich auch gewusst, was ich den Leuten angetan habe. Und das ist echt und aufrichtig, dass ich das zutiefst bereue. Und alle um Verzeihung bitte.

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