Bereiter freigestellt
Spanische wehrt sich weiter gegen Gerichtsurteile
Nachdem MeinBezirk über die Dienstfreistellung eines Bereiters nach 35 Dienstjahren durch die Spanische Hofreitschule berichtet hat, der ordinäre Aussagen gegen Mitarbeiterinnen getätigt haben soll, dessen Entlassung das Gericht in zweiter Instanz jedoch als nicht gerechtfertigt gewertet hat, reagierte die Geschäftsführung der "Spanischen" nach mehrmaligen Anfragen um ein Statement. Zudem zieht die Reitschule nun vor den Obersten Gerichtshof.
WIEN. Das derbe Verhalten eines Bereiters der Spanischen Hofreitschule gegenüber jungen Reiterinnen hatte ein gerichtliches Nachspiel. Den Gerichten, welche diese verbalen Fehltritte des langjährigen Bereiters explizit nicht gutheißen, waren die Aussagen letztlich nicht Grund genug, den 52-jährigen Steirer fristlos zu kündigen. Die Hofreitschule zieht nach den beiden Urteilen vor den Obersten Gerichtshof.
Fakt ist, dass Rothleitner Ende im Winter 2022 von einem damals 15-jährigen weiblichen Lehrling in der Reithalle gefragt wurde, ob der Sattel, den sie genommen hatte, eh passe. Rothleitner antwortete darauf, der Sattel passe, sie habe "eh keinen Arsch und keine Titten", sie habe "die perfekte Reiterfigur".
Aussage "vulgär"
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es gereicht hätte, zu sagen, dass ein bestimmter Sattel passe, allenfalls mit der Bemerkung, dass sie ohnedies die perfekte Reiterfigur habe. Die Verwendung der Begriffe „Arsch“ (anstelle von Gesäß, Hintern, Po) und „Titten“ (anstelle von Brust) sei vermeidbar, vulgär und herabwürdigend gewesen. Und weiter: "Der Kläger musste auch wissen, dass derartige Ausdrücke bei der jungen Frau unerwünscht sind. Auch wenn der Kläger kein ausgebildeter Pädagoge ist, hätte er wissen müssen, dass gerade junge Menschen in der Pubertät ein unsicheres Körper- und verstärktes Schamgefühl haben. Gleiches gilt für die Aussage gegenüber einem minderjährigen, weiblichen Lehrling, sie brauche keinen bestimmten Sattel, sie habe einen kleinen Arsch genauso wie ihre (volljährige, ebenfalls anwesende) Lehrlingskollegin.“
Urlaub kein Grund, Fristlose auszusprechen
Das Urteil des Berufungsgerichts, das dem des Erstgerichts folgt, wird festgehalten, dass die Aussagen des Klägers als Vorgesetzter und Ausbildner gegenüber den minderjährigen weiblichen Lehrlingen "sexuelle Belästigungen" seien, die "zweifelsohne Pflichtverletzungen darstellten." Aber: "Das Vorliegen eines Entlassungsgrundes verneinte es (das Erstgericht, Anm.) aber."
Zudem wurde laut Erkenntnis der Gerichte die Kündigung nicht zeitnah ausgesprochen. Auf den Einwand der Hofreitschule, die Geschäftsführerin Sonja Klima habe sich auf Urlaub befunden, vermerkte das Gericht, dass die beklagte Partei durch einen Geschäftsführer und zwei Prokuristen handlungsfähig gewesen wäre, sodass die Entlassung rechtzeitig ausgesprochen hätte werden müssen. Schließlich heißt es wörtlich: "Das Berufungsgericht hält daher die Rechtsmittelausführungen (der Spanischen Hofreitschule, Anm.) für nicht stichhaltig, erachtet hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend."
Gegenüber MeinBezirk hält die Geschäftsführung der Reitschule fest:
"Wenn österreichische Gerichte trotz des im Verfahren festgestellten Umstands, dass ein Bereiter mehrfach Aussagen gegenüber Mitarbeiterinnen getätigt hatte, die vom Erstgericht wörtlich u.a. als „eines Bereiters der Spanischen Hofreitschule unwürdig, anstößig und demütigend“ bezeichnet wurden, auf dem Standpunkt stehen, dass dieser Bereiter auf Grund einer verspäteten Entlassungserklärung (die nur deshalb „verspätet“ erfolgt ist, weil sich die damalige Geschäftsführerin ein vollständiges Bild der Angelegenheit verschaffen wollte) weiter zu beschäftigen ist, so ist das zur Kenntnis zu nehmen. Selbstverständlich hat die Hofreitschule aber bereits Revision an den Obersten Gerichtshof erhoben. In jedem Fall ist aber vor dem Hintergrund, dass unabhängige Gerichte in zwei Rechtsgängen derart schwerstwiegende Vorwürfe bestätigen, die Weiterbeschäftigung dieses Bereiters für die Geschäftsführung ausgeschlossen. Die Entscheidung der Geschäftsführung wurde vor allem im Lichte des Schutzes von Minderjährigen und von weiblichen Mitarbeiterinnen vor sexueller Belästigung getroffen.“
Laut Rothleitners Anwalt Dominik Konlechner hat sich sein Mandant persönlich bei den betroffenen Mädchen entschuldigt und sei sich seiner Fehler bewusst. "Nichtsdestotrotz möchte er seine 35-jährige Erfahrung insbesondere den jungen Kolleginnen und Kollegen und zum Wohl der Schule weiter zur Verfügung stellen können. Dass gerichtliche Entscheidungen von einer Institution, die im Eigentum der Republik steht, nur zur Kenntnis genommen werden, ist rechtsstaatlich bemerkenswert. Eine Dienstfreistellung, obwohl ein Gericht die Vorwürfe für nicht ausreichend zur Beendigung des Dienstverhältnisses sieht, ist ein Unterlaufen der Gerichtsentscheidung und verstößt gegen das Sparsamkeitsgebot", so der Anwalt.
Auf das Zitat des langjährigen Oberbereiters Andreas Hausberger, der bei vollen Bezügen freigestellt wurde, nachdem er die Geschäftsführung in einem internen Mail kritisiert hatte, es seien lahme Pferde für Vorstellungen eingesetzt worden, hält die Geschäftsführung der "Spanischen" fest, dass keine kranken oder verletzten Pferde auftreten: "Tierwohl hat die höchste Priorität in der Spanischen Hofreitschule und wird täglich gelebt."
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