Bürgermeister Michael Ludwig
"Warne vor Sozialabbau unter Schwarz-Blau"

Bürgermeister Michael Ludwig schließt eine Koalition mit der FPÖ kategorisch aus - mit oder ohne Herbert Kickl. | Foto: Max Spitzauer/MeinBezirk
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  • Bürgermeister Michael Ludwig schließt eine Koalition mit der FPÖ kategorisch aus - mit oder ohne Herbert Kickl.
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Wiens Bürgermeister und SPÖ-Landeschef Michael Ludwig im Gespräch mit MeinBezirk über die Herausforderungen am Arbeitsmarkt, warum Wien das Klimaschutzgesetz selbst in die Hand nimmt, die Debatte um die Mindestsicherung und welche Koalition er im Bund ablehnt.

Welche Themen sind Ihrer Meinung nach entscheidend für die Zukunft des Landes?
MICHAEL LUDWIG:
Ich meine der Arbeitsmarkt. Leider steigt die Arbeitslosigkeit in Österreich wieder an, in Wien aber geringer als im Österreichschnitt. Wir haben derzeit Rekordbeschäftigung in Wien, aber ich sehe große Herausforderungen am Arbeitsmarkt.

Welche wären das und was macht Wien besser?
Es gibt zwei Gruppen, die mir sehr wichtig sind. Zum einen die älteren Arbeitnehmer. Die vorletzte Bundesregierung (ÖVP-FPÖ; Anm.) hat die „Aktion 20.000“, bei der Arbeitsplätze für Menschen über 50 gefördert wurden, abgeschafft. Wien hat damals schon mit der „Aktion 50plus“ begonnen, wo eben jene Personengruppe gefördert wird, um wieder in den Arbeitsmarkt eintreten zu können. Das ist auch gelungen.

Und die zweite Gruppe?
Das sind die ganz jungen Menschen, die ins Berufsleben eintreten wollen. Bedauerlicherweise bildet die Wirtschaft jetzt weniger Lehrlinge aus. Das halte ich für einen großen Nachteil, weil die fehlen uns in einigen Jahren als Fachkräfte. Das ist der Grund, weshalb wir die Anzahl der Lehrstellen im unmittelbaren Bereich der Stadt Wien erhöhen werden.

Sozialwesen finanziell absichern

Abgesehen vom Arbeitsmarkt, welche Bereiche stellen die größten Herausforderungen dar?
Sicherlich Gesundheit und Pflege. Da geht es darum, dass wir das Sozialwesen auch künftig finanziell absichern. Ich warne vor einem Sozialabbau, der mit Schwarz-Blau droht. Da muss die Sozialdemokratie so stark sein, das zu verhindern. Zugleich müssen wir mehr Menschen für den Pflegeberuf gewinnen. Einer der Hauptgründe, warum nicht mehr Personen in die Pflege gehen, ist, dass es während der Ausbildung – im Unterschied zu anderen Berufsgruppen – keine finanzielle Unterstützung gibt. In Wien haben wir das mit der Pflegeausbildungsprämie in Höhe von 400 Euro geändert. Ebenfalls essenziell ist das Thema Wohnen.

Weil die Wiener Bevölkerung stetig wächst?
Das ist mit ein Grund, weshalb wir die Neubauleistung und die Sanierungen konstant hochhalten. Wien ist beim sozialen Wohnbau Vorreiter, auch auf internationaler Ebene. Wir errichten pro Jahr zwischen 5.500 und 6.000 leistbare Wohnungen. Zudem steht Wohnen in enger Verbindung mit Klimaschutzfragen.

Eigenes Klimaschutzgesetz für Wien

Der CO₂-Ausstoß im Bereich Bauen und Wohnen ist enorm. Wie geht das mit Klimaschutz einher?
Wir wollen weg von russischem Gas und hin zu umweltfreundlichen Energieformen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, das wir bis 2040 erreichen wollen. Dafür müssen bis zu 600.000 Haushalte umgerüstet werden. Darum ist die Frage der Energiegewinnung für uns zentral, etwa durch die Sonnenstromoffensive und durch Geothermie. Wir sind international sehr anerkannt, was Großwärmepumpen, wie jene in Simmering, betrifft.

Das Klimaschutzgesetz sei ein "wichtiger Schritt", den der Bund bislang nicht zustande gebracht habe.  | Foto: Max Spitzauer/MeinBezirk
  • Das Klimaschutzgesetz sei ein "wichtiger Schritt", den der Bund bislang nicht zustande gebracht habe.
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Wie sieht das rechtlich aus? Auf Bundesebene gibt es noch immer kein Klimaschutzgesetz.
Wir haben einen Klimabeirat, ein Klimabudget und möchten verbindliche Kriterien festlegen, damit das einen Verbindlichkeitsstatus hat. Nachdem der Bund das nicht zustande bringt, werden wir ein eigenes Wiener Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen. Ein wichtiger Schritt für noch mehr Klimaschutz.

Wird das Wiener Klimaschutzgesetz noch heuer kommen?
Ja, noch in diesem Jahr.

Bundesweite Lösung für Mindestsicherung 

Sie fordern 1.000 zusätzliche Polizisten. Neu ist diese Forderung allerdings nicht …
Das Innenministerium ist seit fast 25 Jahren in den Händen von ÖVP und FPÖ, die offensichtlich nicht ausreichend Interesse haben, Wien zu unterstützen. Wir hatten letztes Jahr 11.000 Events und Demos, zugleich wächst die Bevölkerung. Nur die Beamten werden nicht mehr. Die Wiener Polizei hat jährlich 2,5 Millionen Überstunden stehen. Das ist ein deutliches Signal, dass es mehr Polizisten erfordert. Ansonsten bin ich bereit, die Polizei als Stadt Wien zu übernehmen.

Das Thema Mindestsicherung macht seit Wochen Schlagzeilen. Wien steht in der Kritik, weil die Bezüge höher sind als in anderen Bundesländern.
Im Österreichschnitt sind es 743 Euro, in Wien sind es 5 Euro mehr. Fünf Bundesländer geben geringfügig weniger, drei Bundesländer geringfügig mehr als Wien pro Kopf aus. Worin wir uns unterscheiden, ist, dass wir jedes Kind gleich behandeln. Die degressive Staffelung bei der Mindestsicherung für Kinder wurde zudem vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.

Wäre eine bundesweit einheitliche Lösung nicht besser?
Ich habe ja den Vorschlag gemacht, dass die Bevölkerungsgruppe, die berufstätig sein kann, die Mindestsicherung über das AMS (Arbeitsmarktservice; Anm.) ausbezahlt bekommt. Das sollte mit einer zweijährigen Integrationsphase und einer Residenzpflicht kombiniert werden. Es gab früher auch eine bundeseinheitliche Regelung, das ist von einer ÖVP-FPÖ-Bundesregierung jedoch geändert worden. Ich stehe aber dazu, dass jedes Kind gleich behandelt werden sollte. Die Familienbeihilfe wird ja auch für alle gleich ausbezahlt.

Zurück zur Nationalratswahl: Wie lautet ihr Ziel für Wien und wie für den Bund?
Wir waren bei der Nationalratswahl 2020 das einzige Bundesland mit einer SPÖ-Mehrheit, das wollen wir auch dieses Mal erreichen. Grundsätzlich macht es Sinn, dass vernünftige Kräfte in Österreich aufeinander zugehen und eine tragfähige Bundesregierung bilden. Und es ist kein Geheimnis, dass ich eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausschließe – mit oder ohne Herbert Kickl.

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