Kinderwunschzentrum an der Wien
Erfüllter Kinderwunsch für queere Paare
Wenn sich gleichgeschlechtliche Paare Nachwuchs wünschen, ist der Gang in eine Kinderwunschklinik unumgänglich. Wie gestaltet sich der Ablauf, wie wird ein passender Spender gesucht und wie ist die Akzeptanz in der Gesellschaft?
WIEN. Seit 23 Jahren verhilft das Kinderwunschzentrum an der Wien Paaren zu einem Kind, wenn sich eine Schwangerschaft nicht auf natürlichem Weg einstellt. 2015 wurde das Gesetz zur Reproduktionsmedizin überarbeitet und erlaubt seitdem auch gleichgeschlechtlichen und queeren Paaren eine künstliche Befruchtung.
Zeitgleich mit der Gesetzesänderung hat das Kinderwunschzentrum als erstes Institut Österreichs eine Abteilung eigens für Regenbogenfamilien gegründet. Die BezirksZeitung sprach mit der Leiterin des Regenbogenzentrums Dr. Gudrun Langer über alte Vorurteile, das Prozedere der Reproduktionsmedizin und wann Paare den Gang ins Zentrum wagen sollten.
BEZIRKSZEITUNG: Wie viele gleichgeschlechtliche Paare haben Sie seit der Gründung des Zentrums behandelt?
Gudrun Langer: Wir haben bisher etwa 700 lesbische Paare betreut. Auch queere Paare gibt es einige. Davon freuten sich etwa zwei Drittel über eine positive Schwangerschaft.
Wie kommen Paare zu Ihnen, wie ist der Ablauf?
Die Paare melden sich meist über die Homepage und erhalten einen Termin zur Erstberatung. Da führen wir ein Aufklärungsgespräch, welche Möglichkeiten es gibt.
Wie suchen sich Paare einen Samenspender aus, welche Möglichkeiten gibt es?
Zum einen kann man einen Wunschsamenspender haben. Das ist meist ein Mann aus dem Freundeskreis. Dann gibt es die European Sperm Bank. Dabei können die Paare einen für sie passenden Spender aus der Datenbank auswählen, wie in einem Katalog. Und dann haben wir noch unsere eigene Datenbank. Hier ist es so, wir die Paare einen Fragebogen ausfüllen lassen, worauf sie bei ihrem Spender Wert legen. Anhand dessen suchen wir aus unserer Datenbank dann einen Spender aus.

- Gudrun Langer leitet das Regenbogenzentrum des Kinderwunschzentrums an der Wien.
- Foto: Max Spitzauer/RMW
- hochgeladen von Barbara Schuster
Wie viele Spender haben Sie in Ihrer Datenbank und wie oft darf gespendet werden?
In der Regel haben wir einen Pool aus 50 bis 70 Spendern. Hier zu Lande darf ein Mann nur in einem Zentrum spenden und er darf nur in drei verschiedenen Beziehungen eine Schwangerschaft erzielen. Danach wird er automatisch aus der Datenbank genommen.
Wie ist das rechtlich geregelt? Kann der Spender oder später einmal das Kind Ansprüche stellen?
Nein, in Österreich ist das ganz klar geregelt. Es gibt einen Notariatsakt. In dem steht drinnen, dass der Spender allen Rechten und Pflichten enthoben ist.
Wie hoch sind die Kosten, womit müssen Paare rechnen?
Es kommt ganz auf die Behandlung an. Eine Insemination kostet beim 1. Versuch etwa 1.900 Euro. Eine IVF, also eine künstliche Befruchtung, mit Spendersamen kommt in Summe auf 5.000 bis 6.000 Euro. Die Preise sind auch abhängig davon, ob das Paar einen eigenen Spender hat oder sich für einen Spender aus der Datenbank entscheidet.
Worin unterscheiden sich die verschiedenen Behandlungen und wovon sind diese abhängig?
Das Alter der Frau ist ein großer Faktor. Je älter die Frau ist, desto geringer ist die Schwangerschaftsrate. Da überlegt man, ob man nicht gleich mit der künstlichen Befruchtung startet. Auch Vorerkrankungen sind entscheidend. Liegt etwa eine nachgewiesene Endometriose vor, dann ist eine IVF fast unumgänglich. Für Fälle, wo eine medizinisches Indikation vorliegt, gibt es den IVF-Fonds. Dieser übernimmt 70 Prozent der Kosten.
Unterstützt der Fonds alle Paare?
Ja. Ob heterosexuelle oder gleichgeschlechtliche Paare ist unerheblich. Es muss lediglich eine medizinische Indikation vorliegen.
Wie oft muss eine Behandlung durchgeführt werden, bis sie erfolgreich ist?
Das ist unterschiedlich. Aber oft sind es drei, vier Versuche, bis es endlich klappt. Das ist nicht nur körperlich anstrengend, sondern auch psychisch oft belastend.
Haben Sie Paare, die nach dem ersten Kind wieder kommen und sich weiteren Nachwuchs wünschen?
Ja! Man muss ganz ehrlich sagen, es ist oft kein einfacher Weg. Aber wenn die Paare dann ihr Baby in den Armen halten, ist alles, was dem vorausgegangen ist, vergessen.

- Rund 700 Regenbogenpaare wurden bereits betreut.
- Foto: Kinderwunschzentrum an der Wien
- hochgeladen von Barbara Schuster
Wie geht es nach der erfolgreichen Schwangerschaft weiter? Bleiben die Paare mit Ihnen in Kontakt?
Sehr oft ja. Wir freuen uns immer sehr, wenn wir Geburtsanzeigen zugeschickt bekommen. Wir treffen etliche Paare auch auf der jährlichen Pride Parade, wo wir als Zentrum immer mit dabei sind. Da kommen dann Leute mit ihrem Kind auf uns zu und zeigen uns ganz glücklich das Ergebnis.
Habe Sie viele negative Erfahrungen gemacht, seit das Zentrum auch Reproduktionsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare anbietet?
Einige ja, aber insgesamt zum Glück recht wenig. Es wird immer Leute geben, die der Meinung sind, es dürfe nur die klassische Konstellation von Mutter, Vater, Kind geben. Dabei ist das schon lange eine Illusion, denn wie viele Alleinerziehende oder Patchworkfamilien gibt es? Ich bin der Meinung, dass ein Kind, das von zwei Frauen geliebt wird, ganz bestimmt nicht anders ist, als ein Kind, das bei heterosexuellen Eltern aufwächst oder nur einen Elternteil hat.
Hat sich die Akzeptanz in der Gesellschaft Ihrer Meinung nach gewandelt?
Es ist zum Glück nicht mehr alles so, wie vor 50 Jahren. Aber es überrascht mich doch immer wieder, wie viel Ablehnung und Hass gleichgeschlechtliche Paare oft erfahren. Interessanterweise ist die Abneigung in der Stadt oft größer als am Land. Paare aus ländlichen Gegenden erfahren oft mehr Akzeptanz als jene in Städten.
Wann sollten Paare das Zentrum aufsuchen?
Aus den vielen Gesprächen wissen wir, dass es oft sehr lange dauert, bis sich Paare trauen zu uns zu kommen. Bei heterosexuellen Paaren ist die Scham, es auf natürlichem Wege nicht zu schaffen, sehr groß. Ich sage immer: nach sechs Monaten sollten Paare einen Check-up machen. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist die Angst, als Regenbogenfamilie nicht akzeptiert zu werden, groß. Auch hier dauert es in einigen Fällen sehr lange, bis die Paare zu uns kommen.
Zur Sache
Kinderwunschzentrum an der Wien
Gumpendorfer Straße 11-13/18
1060 Wien
www.kinderwunschzentrum.at
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