„Es gibt keinen Grund nicht zu impfen“

- "Nicht zu impfen ist gemeingefährlich", so Kinderarzt Johannes Püspök über die wachsende Impfskepsis junger Eltern.
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Wachsende Impfskepsis bei Eltern, Masern auf dem Vormarsch. Was es mit den Impfmythen tatsächlich auf sich hat, erklärt der Waidhofner Kinderarzt Johannes Püspök
BEZIRK WAIDHOFEN. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO erhält eines von fünf Kindern nicht die verfügbaren Routineimpfungen. Das sei auch ein Grund, warum in Niederösterreich die Zahl der Maserninfektionen rapide ansteigt. Im Jahr 2014 gab es Österreichweit 117 Masernfälle, von Jänner bis Ende August 2015 hat sich die Zahl mit 304 Fällen mehr als verdoppelt, wie aus Zahlen des Gesundheitsministeriums hervorgeht. 38 Prozent der Fälle ereigneten sich in Niederösterreich.
Das liegt vor allem an der wachsenden Impfskepsis von Patienten oder Eltern. Die Bezirksblätter haben mit Kinderarzt Johannes Püspök gesprochen, ob die Ängste vor "Impfschäden" wirklich gerechtfertigt sind. "Eines der größten Probleme sind Informationen von dubiosen Seiten im Internet", so der Mediziner. Mütter seien heute besser vernetzt. Ein Beispiel: "Eine Mutter ließ ihr Kind nicht impfen, weil sie von einer Bekannten gehört hat, dass ihr Kind als Nebenwirkung Neurodermitis bekommen hat", so Püspök. "Der Mensch neigt dazu Zusammenhänge zu suchen, in diesem Fall ist das aber völlig absurd. Genauso gut könnten sie über die Treppe stolpern und es auf den Kaffee schieben, den sie in der Früh getrunken haben".
Impfstoffe sind heuer so sicher wie nie zuvor. So hatte der Pockenimpfstoff vor 110 Jahren noch 200 Antigene enthalten. In den 1960er Jahren kamen mit der Keuchhustenimpfung 3.000 Antigene in den Körper des Patienten. Die aktuell empfohlenen Kinderimpfungen enthalten zusammen etwa 250 Antigene - dennoch sind Eltern skeptisch.
Das könnte vor allem an der großen Zahl der empfohlenen Impfungen liegen. Impfungen gegen Keuchhusten, Diphterie, Tetanus, Polio, Hepatitis B, Haemophilus influenzae, Masern, Mumps, Röteln und FSME sind laut dem Experten die wichtigsten. "Unser Immunsystem kämpft permanent gegen Infektionen. Wenn ich da sechs Impfungen dazu gebe, stört das die Abwehrkräfte gar nicht. Wenn sich ein Kind beim Spielen das Knie aufschlägt, kommen etwa 100 Millionen Antigene in den Körper. Ein gesundes Immunsystem ist dem täglich ausgesetzt und kommt damit auch absolut zu Recht", so Püspök.
Horrorgeschichten über Nervenschäden, Neurodermitis, Asthma und Co. als Folge von Impfungen machen im Internet und vor allem sozialen Medien dennoch die Runde. Ob er jemals selbst solche Nebenwirkungen beobachtet hat? "Seit zehn Jahren hatte ich kein Kind mehr nach einer Impfung im Spital. Die tatsächlichen Impfschäden in Österreich kann man an einer Hand abzählen - und das aber über Jahrzehnte", so Püspök.
"Es gibt keinen Grund nicht zu impfen. Ich habe schon ein Kind an Keuchhusten sterben sehen. Ein weiteres hat eine Maserinfektion gerade überlebt, ist aber zu einem schwerst behinderten Rollstuhlkind geworden. Das hätte mit einer Impfung verhindert werden können. Nicht zuletzt dank der Impfung haben wir Kinderlähmung, die Pocken oder TBC ausgerottet. Nicht zu impfen ist nicht nur den eigenen Kindern gegenüber extrem unverantwortlich, sondern den Menschen gegenüber, die nicht geimpft werden können oder chronisch krank und geschwächt sind, auf Grund des fehlenden "Herdenschutzes" auch gemeingefährlich", so Püspök abschließend.
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