Landesverwaltungsgericht
Neuer Stromstreit, Kirchberg erhält 20.000 Euro Strafe

Anlassfall in Kirchberg: NEOS gegen TIWAG-Stromvertrag. Muss Kirchberg 20.000 Euro Strafe zahlen? | Foto: Kogler
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In Tirol steht der Strompreis neuerlich im Fokus. Dieses Mal trifft es Vereinbarungen der Gemeinden mit der Tiwag. Ein Wiener Stromanbieter hat mit Unterstützung der NEOS die Gemeinde Kirchberg geklagt, die Gemeinde hat vom LVwG Tirol 20.000 Euro Strafe erhalten. Anlass sei die fehlende Ausschreibung bei dem seit Jahren praktizierten Vorgehen.

INNSBRUCK. Die Strompreise in Tirol sorgen weiterhin für Aufregung. Teuerungen beim Strom belasteten die Budgets der Tiroler Städte und Gemeinden in den Jahren 2022 und 2023 massiv. Verhandlungen des Gemeindeverbandes mit der Tiwag sollen eine Kostensenkung um 47 Prozent mit sich bringen. Im Juli 2023 waren 19 Cent Arbeitspreis für eine Kilowattstunde Strom zu bezahlen. Der neue Vertrag halbiert die Kosten um fast 50 Prozent. Ab 1. Jänner 2025 soll der Arbeitspreis je Kilowattstunde unter 10 Cent liegen, und bis zum Jahr 2028 kontinuierlich um Kommastellenbeträge auf 9,69 Cent sinken.

Der Auslöser

In Kirchberg sorgt das Thema TIWAG-Strom seit Längerem für Diskussionen. NEOS-Gemeinderat Florian Huter ist mit unterschiedlichen Maßnahmen gegen den Tiwag-Vertrag vorgegangen. Im April 2023 erklärte Huter der MeinBezirk-Redaktion: „NEOS Kirchberg hat die Projektplanung eines Kleinwasserkraftwerkes mit 350 kW an der Aschauer Ache eingebracht. Damit könnte auf einem Abschnitt von einem Kilometer jährlich rund 2.000.000 kWh Strom produziert werden. „Damit könnten über 650 Haushalte versorgt werden."
Potential sieht Huter auch in der Windkraft. Keine Windparks, sondern einzelne Windräder strebe man dabei an. „Windkraft macht aber primär nur da Sinn, wo die erforderliche Infrastruktur (Straßen, Leitungen...) bereits vorhanden ist, alles andere wäre unwirtschaftlich“, berichtet Huter. Im August 2023 hat GR Florian Huter eine Aufsichtsbeschwerde bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel gegen Kirchbergs Bürgermeister Helmut Berger eingebracht. Laut Huter hätten unter anderem der Bürgermeister bzw. der Amtsleiter die erforderlichen Unterlagen betreffend GemNova/Tiwag bzw. Tigas dem Gemeinderat vorlegen müssen. Dorfchef wie Amtsleiter hätten überdies nicht nach dem Bundesvergabegesetz agiert, „ansonsten wäre dem Gemeinderat eine Auflistung aller Teilnehmer der Ausschreibung sowie Nachvollziehbarkeit des Bestbieters präsentiert worden.“ Die Bezirkshauptmannschaft hielt im September 2023 fest: „Die mit anderen Gemeinden abgestimmte Vorgangsweise des Bürgermeisters sei angesichts der besonderen Situation im maßgeblichen Entscheidungszeitraum rechtlich nachvollziehbar, so die Gemeindeaufsicht. Die Behörde sehe somit keinen Anlass für aufsichtsbehördliche Maßnahmen.“

Breitseite gegen Tiwag

Bereits im Dezember 2023 haben die NEOS von fatalen Rechtsbrüchen gesprochen. „Die NEOS vermuten auch hohe Provisionszahlungen vom Landesenergieversorger Tiwag an die GemNova. „Wir wollen von den ehemaligen GemNova Spitzen, allen voran den ÖVP Bürgermeistern Ernst Schöpf und Christian Härting, wissen, wie viel Provision die GemNova für diese Abzocker-Verträge von der Tiwag zugeschanzt bekommen hat“, fordert LA Dominik Oberhofer in einer damaligen Aussendung Aufklärung. „Tatsache ist, dass viele Tiroler Gemeinden, trotz Ausschreibungspflicht, ihre Stromverträge frei an die Tiwag vergeben haben. „Damit bekam nicht der günstigste Anbieter den Zuschlag, sondern die teurere Tiwag. Die Steuerzahler wurden bewusst geschädigt!“ sieht Oberhofer die Bürgermeister in Verantwortung. „Wir prüfen seit geraumer Zeit rechtliche Schritte, weil fatale Rechtsbrüche im Raum stehen“, kündigte Oberhofer die weitere Vorgehensweise in der damaligen Aussendung an.

Feststellungsverfahren

Gegen die Direktvergabe der Gemeinde Kirchberg hat der Wiener Stromanbieter vor dem Landesverwaltungsgericht geklagt und ein sogenanntes Feststellungsverfahren beantragt. Das Verfahren wurde von den NEOS finanziert. Bei dem Stromanbieter handelt es sich um das Unternehmen „Spotty Smart Energy Partner“. Sie argumentierte, dass sie ein deutlich günstigeres Angebot abgegeben hätten, wäre ihnen die Ausschreibung bekannt gewesen. Die NEOS halten dazu in einer Aussendung fest, dass das laut dem jetzt ergangene, noch nicht rechtskräftige Urteil ein Vergabeverfahren laut Bundesvergabegesetz stattfinden muss und der Auftrag nicht einfach an den Landesenergieversorger Tiwag vergeben werden darf. „Den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ist dadurch ein enormer Schaden entstanden, denn die Tiwag ist für die Gemeinden bei Weitem nicht der günstigste Anbieter am Markt. Viele Bürgermeister haben sich dabei aus Unwissenheit und Bequemlichkeit auf die Beratung der GemNova verlassen“, glaubt NEOS Klubobmann Dominik Oberhofer. „Tatsache ist, dass es dieses Bundesvergabegesetz gerade deshalb gibt, damit garantiert wird, dass mit den Steuer- und Abgabeneinnahmen der Tirolerinnen und Tiroler sorgsam und transparent umgegangen wird. Zusätzlich zum überteuerten Strompreis, den die Gemeinde Kirchberg zu zahlen hat, kommen noch 20.000 Euro an Strafzahlungen für den Gesetzesbruch, auf denen letztlich auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sitzen bleiben“, meint Oberhofer abschließend.

GR Florian Huter und NEOS-Chef Dominik Oberhofer. | Foto: Kogler
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Konsequenzen

„Im Gemeindeverband muss es jetzt Konsequenzen geben“, erklärt LA Gebi Mair (Grüne) in einer Aussendung.  Hunderte Stromlieferverträge waren ohne notwendige Ausschreibung an die Tiwag vermittelt worden. Den Gemeinden kann dadurch erheblicher finanzieller Schaden entstanden sein und das Wettbewerbsrecht wurde eindeutig umgangen, mutmaßt Mair weiter. „Das ist nicht nur ein Problem der GemNova gewesen. Der neue rot-schwarz besetzte Vorstand des Tiroler Gemeindeverbandes macht nahtlos dort weiter, wo der alte aufgehört hat“, wundern sich die Grünen. „Hier wird achtlos mit Steuergeld und mit dem Rechtsstaat umgegangen. Das kann nicht ohne Folgen bleiben.“ Die Grünen verlangen öffentliche Aufsicht über den Gemeindeverband. „Die Organisation als privater Verein führt genau dazu, dass der Tiroler Gemeindeverband als private Spielwiese verstanden wird. Tatsächlich aber handelt es sich um eine wichtige Körperschaft der Tiroler Gemeinden. So sollte der Gemeindeverband auch aufgestellt werden.“ Gebi Mair verlangt daher die Umwandlung des privaten Vereins in eine Körperschaft öffentlichen Rechts. „Mit Kontrolle durch den Landesrechnungshof, mit Transparenz und Verantwortlichkeit. Diese Folge muss der Vorstand des Gemeindeverbandes nach dem nun aufgeflogenen neuerlichen Debakel setzen“, schließt Mair.

Streit um Gemeindeinfo

Rund um das nicht kräftige Urteil des Landesverwaltungsgerichts gibt es einen politischen Schlagabtausch über die vom Amtsleiter auf der Gemeinde-Homepage veröffentlichen Informationen zur Causa. „Der Amtsleiter veröffentlicht auf der offiziellen Homepage der Gemeinde eine Bürgerinformation, in der er unseren NEOS-Gemeinderat auf das Übelste diffamiert und ihm die Schuld für die Geldstrafe in die Schuhe schieben will“, erklärt LA Oberhofer in einer Aussendung. Der Eintrag auf der Homepage wurde inzwischen gelöscht.

Bergers Reaktion

Bgm. Helmut Berger rechtfertigt die Vorgehensweise der Gemeinde. Über die Vorgehensweise des Amtsleiters könne man diskutieren, es habe dazu bereits eine Aussprache gegeben. Man müsse aber auch die Art und Weise, wie die NEOS mit der Causa umgehen, hinterfragen. Er verwehrt sich gegen Vorwürfe, man habe mit Steuergeldern spekuliert; vielmehr agiere die Gemeinde bzw. Gemeindeführung immer voll im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. (Mehr dazu folgt!)
Mitarbeit: Nikolaus Kogler
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