Drogenkonsum bei Jugendlichen
Substanzkonsum bei Tiroler Jugendlichen nimmt überhand
Bereits zum 10. Mal lud Kathrin Sevecke, Primaria der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Direktorin der Innsbrucker Univ.-Klinik für Psychiatrie, Expertinnen und Experten ein, um im Rahmen eines Kongresses die aktuellen Forschungs- und Behandlungsansätze zum Thema Substanzkonsum und Jugendliche zu diskutieren.
TIROL. Ein hochaktuelles Thema, das auf dem letzten Kongress besonders thematisiert wurde, ist der steigende Trend von Kindern und Jugendlichen im Konsum von verschiedenen Substanzen. Kathrin Sevecke, Primaria der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Direktorin der Innsbrucker Univ.-Klinik für Psychiatrie betont, dass es auffällig ist, dass Jugendliche eine Vielzahl von Substanzen zu sich nehmen, die sie momentan irgendwie erhalten können. Dies reicht von Schmerzpflastern der Großeltern über Schmerztabletten, die Erwachsene ihnen auf der Straße verkaufen, bis hin zu verschiedenen Medikamenten sowie bekannten Drogen wie Kokain, Cannabis und Ecstasy-Pillen. Diese neue Form des wahllosen Konsumverhaltens ist alarmierend. Die Jugendlichen konsumieren, was auch immer sie erhalten können, oft sogar aus dem Darknet. Klaus Kapelari, der Leiter der Kindernotfallambulanz an der Innsbrucker Klinik, berichtet, dass viele Jugendliche mit multitoxischen Vergiftungen in die Ambulanz eingeliefert werden. Dabei handelt es sich um Vergiftungen, die aufgrund der gleichzeitigen Einnahme verschiedener Substanzen auftreten. Im Jahr 2022 wurden ambulant ca. 350 Kontakte mit Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren in der Notfallaufnahme mit einer Intoxikation vermerkt.Dabei ist das Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen ziemlich ausgeglichen. In der Kinder-und Jugendpsychiatrie wurden 2023 knapp 50 Aufnahmen wegen Substanzkonsums verzeichnet, über 85 % davon waren Akutaufnahmen. 2022 waren es sogar 71 stationäre Aufnahmen, davon wiederum über 85 % akut.
Jugendliche als Seismograph
Jugendliche, die über die Gründe ihres Konsums sprechen, erklären, dass sie sich betäuben möchten. Die derzeitige gesellschaftliche Stimmung färbt ab. „Immer schon erkennen wir, dass Jugendliche der Seismograph unserer Gesellschaft sind“, erklärt Sevecke. Wer kein gefestigtes soziales Umfeld hat, kippt leichter in eine Spirale aus Ausweglosigkeit, Betäubung durch Konsum, Verlust der Tagesstruktur und Langeweile. Der Tenor lautet: „Ich mag nicht mehr“. Keine Rolle spielt der soziale Status. Man findet die Betroffenen in allen sozialen Schichten. Betroffene, die auf Grund ihres Substanzenkonsums in die Ambulanz eingeliefert werden, bekommen das Angebot, sich stationär oder auch ambulant helfen zu lassen. Ab einem Alter von 14 Jahren dürfen sie selbst entscheiden, ob sie sich in eine Behandlung begeben oder nicht. Laut Sevecke nehmen drei Viertel der Jugendlichen diese Möglichkeiten vorerst an. Viele von ihnen brechen aber wieder ab. Seit Ende des Jahre 2023 gibt es erstmalig die Möglichkeit des Hometreatments. Kinder und Jugendliche werden dabei von einem mobilen und multidisziplinären Team aus PsychologInnen, PsychotherapeutInnen, SozialpädagogInnen, PflegerInnen und SozialarbeiterInnen zuhause betreut. In Tirol besteht eine gute Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Kliniken und den externen Einrichtungen. Anlaufstellen wie pro mente, Z6 und andere Netzwerke arbeiten hier eng zusammen. „Der Kongress wird eine sehr wertvolle Gelegenheit sein, alle beteiligten Einrichtungen, Beratungsstellen, und viele mehr an einen Tisch zu holen und in Vorträgen und Workshops dieses leider sehr akute Thema intensiv zu bearbeiten und die neuesten Erkenntnisse bekannt zu machen“, so Sevecke abschließend.
Mehr dazu
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.