Frauenpower in Tirol– Teil 9
Irene Girkinger: "Theater ist politisch"

Die gebürtige Oberösterreicherin Irene Girkinger war vor ihrer Intendanz in Innsbruck an den "Vereinigten Bühnen Bozen" tätig.
  • Die gebürtige Oberösterreicherin Irene Girkinger war vor ihrer Intendanz in Innsbruck an den "Vereinigten Bühnen Bozen" tätig.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Irene Girkinger fiebert ihren ersten Premieren am Tiroler Landestheater als Intendantin entgegen.

Mögen Sie eigentlich Orangen?
Irene Girkinger: (lacht) Ja, sehr, denn eine Orange kann süß oder sauer sein, hat ein südliches Flair und eigentlich mögen viele Orangen gerne.

Warum wählt die neue Intendantin zur Saisoneröffnung Prokofjews absurdes Opernmaskenspiel „Die Liebe zu den drei Orangen"?
Der Titel hat mich immer schon fasziniert. Und diese Oper läutet am TLT einen Schwerpunkt für slawisches Opernrepertoire ein und ist ein Stück, das lustvoll die Frage stellt, welches Theater gespielt werden soll – Komödie oder Tragödie? Es ist ein Fest der Kreativität und ich wollte mit einem sehr lebendigen und vielgestaltigen Werk starten.

In Innsbruck wurden in den vergangenen Jahren immer wieder herausragende Opernproduktionen geboten. Sie urteilen über sich, in Sachen Musiktheater ziemlich unerfahren zu sein. Wird die Oper deswegen ein Stiefkind des Tiroler Landestheaters werden?Es stimmt, meine primäre Sozialisation und Ausbildung liegen im Schauspiel. Aber auch in Bozen habe ich Musiktheaterproduktionen verantwortet. Ich glaube, wir haben in der kommenden Spielzeit eine gute Mischung aus Oper, Musical, Operette und auch aus zeitgenössischen Kompositionen. Und eine sehr kompetente Spartenleitung. Also alles andere als ein Stiefkind.

Aber Sie muten dem Tiroler Publikum viel neues Musiktheater zu, nur „La Bohème und „Le nozze di Figaro“ sind Publikumsmagneten. Nicht ein bisschen wenig in einer Saison?
Das Tiroler Publikum ist ein sehr erfahrenes, was das Musiktheater angeht. Ich bin überzeugt, dass auch seltener gespielte Werke durchaus von Interesse sind. Und es ist unser Auftrag, Erstaufführungen verstärkt zu fördern und auch Werke zeitgenössischer Tiroler Komponisten auf die Bühne zu bringen. Aber der Mix in der Sparte Musiktheater ist, glaube ich, ein sehr guter.

Apropos Musik am Tiroler Landestheater: Gibt es schon einen neuen Musikdirektor?
Noch nicht, die Gespräche laufen.

Sie selbst werden laut Ihren Aussagen nicht inszenieren. Warum nicht?
Ich komme aus der Literatur und darum war die Dramaturgie immer schon mein ideales Betätigungsfeld. Ich kann zwar eine Regiearbeit für mich beurteilen, aber ich könnte schwer eine Anweisung für eine Szene geben, wie sie sich dann auf der Bühne darstellt.

Und warum arbeiten in den einzelnen Theatersparten gleich zwei Verantwortliche?
Prinzipiell geht es mir um die Verflachung der Hierarchie im Kunstbetrieb. Ich habe die Verantwortung auf bestehende Positionen aufgeteilt und es gibt daher für die einzelnen Personen mehr Entscheidungskompetenz, sowohl nach innen als auch nach außen. Davon erwarte ich mir primär, dass Theater als kollektiver Prozess mehr wahrgenommen wird.

Die Tiroler Kulturpolitik vergibt für Sie Vorschusslorbeeren, das Publikum ist in Lauerstellung. Der Rausschmiss von Enrique Gasa Valga hat für Irritationen gesorgt. Geht Ihnen ein wenig der „Reis“ vor der ersten Premiere in Tirol?
Der geht mir natürlich, aber der geht mir immer. Und ich glaube, es ist wichtig, nervös zu sein, weil auch das ganze Herzblut in meiner Theaterarbeit steckt. Aber ich habe mir Irritationen erwartet und ich glaube, dass es keine so große Ablehnung mir gegenüber gibt, denn ich erfahre auch großen Zuspruch für meine Vorstellungen als Intendantin und auch das Publikumsinteresse ist sehr groß. Auch für das Theaterfest am 24. September. Da machen wir die Türen von 13 bis 18 Uhr weit auf, rollen den roten Teppich aus und feiern im und rund um das Tiroler Landestheater und um das "Haus der Musik" in Innsbruck.

Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, das Theater interessant für die Jugend und aktueller zu machen. Das heißt, auch die aktuellen Krisen ins Theater zu bringen. Will das das Tiroler Publikum überhaupt?
Es ist eine Mischung aus Themen, aus Form und Ästhetik. Natürlich beherrschen die Krisen nicht vordergründig die Theaterarbeit, aber Theater ist politisch, für mich muss es einen Beitrag zum politischen Diskurs leisten und auch das Publikum zur Diskussion anregen.

Wie müsste Ihre erste Spielzeit in Innsbruck verlaufen, um im Juni 2024 eine zufriedene Intendantin zu sehen?
Wenn der Publikumszuspruch gehalten werden kann, wenn ich die schlimmsten Kritiker überzeugen kann, dass die Qualität erhalten werden konnte und wenn die Künstlerinnen und Künstler, die Regieteams und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am TLT gerne miteinander gearbeitet haben und stolz darauf sind, dass tolle Sachen entstanden sind.#%

Welche Stücke aus Theater und Oper zählen zu den Lieblingen von Irene Girkinger?
Bei den Theaterstücken liebe ich die österreichische Literatur in allen Facetten und die klassische Komödie. In der Musik habe ich ein Faible für die Barockmusik, für Mozart und freue mich sehr, wenn ich eine zeitgenössische, interessante Komposition entdecke.#%

Gab es einen Sommerurlaub vor dem Start am TLT?
Ja, den habe ich in Italien verbracht.

Teil 8 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 7 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 6 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 5 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 4 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 3 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 2 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:
Teil 1 der Serie "Frauenpower in Tirol" lest ihr hier:

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