Ein „normales Leben“ im Wachkoma führen

- Wachkoma-Stationsleiterin Elisabeth Ackerl mit einem Patienten, der nach einem Autounfall ins Wachkoma fiel.
- Foto: Thöne
- hochgeladen von Sabine Thöne
Im Pflegezentrum Christkindl werden sechs Wachkoma-Patienten betreut. Der Bedarf ist viel größer.
GARSTEN. Franz H. (51) ist einer von sechs Patienten der Wachkoma-Station im Landespflege- und Betreuungszentrum (LPBZ) Christkindl an der Gemeindegrenze zu Steyr. Der Nebenerwerbslandwirt aus dem Bezirk Steyr-Land ist seit einem Autounfall vor sechs Jahren in seinem eigenen Körper gefangen. Er braucht Betreuung rund um die Uhr.
Acht Diplompflegekräfte
„Wachkoma ist ein schlafähnlicher Zustand, mit offenen Augen, bei der der Patient keine zielgerichteten Reaktionen zeigt“, erklärt Pflegedirektor Franz Seyerlehner. „Es gibt verschiedene Schweregrade.“ Die Station besteht seit 2004, 17 Aufnahmen gab es seither. „Wie viel die Patienten tatsächlich von der Umwelt wahrnehmen, wissen wir nicht“, sagt Seyerlehner. Das achtköpfige, bestens geschulte Pflegeteam rund um Stationsleiterin Elisabeth Ackerl achtet auf Reaktionen wie Gänsehaut, rotes Gesicht oder verstärkte Atmung.
„Ein Tag besteht nicht nur aus Pflege und Therapie“, betont Ackerl, die seit 1999 im LPBZ arbeitet und ursprünglich aus der Gastronomie kommt. Mit den Patienten werden Rollstuhl-Ausfahrten an die frische Luft gemacht und Feste gefeiert – sofern es ihr Zustand erlaubt. Auch an Singkreis-Stunden im LPBZ nehmen sie teil. Neue Eindrücke und Sinnesreize sollen die Rehabilitation fördern.
Ausfahrt zu Arbeitskollegen
„Wir versuchen, den Alltag der Wachkoma-Patienten so normal wie möglich zu gestalten“, sagt Seyerlehner, der seit 1983 im LPBZ beschäftigt ist. In Begleitung zweier Pflegerinnen verbrachte Franz H. erst kürzlich einen Tag mit ehemaligen Arbeitskollegen. „Es war berührend“, erzählt Seyerlehner. Die Hälfte der Bewohner bekommt regelmäßig Besuch. Die Zusammenarbeit mit dem nahen LKH Steyr und Neurologie-Primaria Eva Laich ist bestens.
Die Wachkoma-Station ist hell und freundlich eingerichtet, an den Zimmerdecken hängen Bilder und Kunstwerke. „Die Patienten schauen meist nur nach oben, eine weiße Decke hat wenig Reize“, sagt Diplomkrankenschwester Ackerl. Auch die Wände sind mit „Erinnerungsstücken“ geschmückt. Auch auf die Biografie des Patienten wird Rücksicht genommen: Was isst er gern, was nicht, welche Lieder hört er gern, welche Freizeitbeschäftigungen pflegte er?
Ernährt werden die Wachkoma-Patienten über einen Kunststoffschlauch (PEG-Sonde). „Ein großer Fortschritt und eine Freude ist es, wenn sie nach mehreren Jahren wieder eigenständig schlucken und essen können“, erzählt Ackerl.
Ausbau ist erwünscht
Zugewiesen werden die Patienten meist aus Intensivstationen oder Rehazentren. „Der Bedarf ist sehr hoch“, sagt Seyerlehner. Sein größter Wunsch: Ein ebenerdiger Neubau mit 13 bis 15 Betten. Die Umsetzung dürfte vorerst wohl an der Finanzierung scheitern. Erst im Vorjahr hat das Land OÖ in LPBZ Schloss Haus in Wartberg an der Aist eine Wachkoma-Station mit 13 Betten eröffnet.
ZUR SACHE:
Die Wachkoma-Station befindet sich im zweiten Stock des Landespflege- und Betreuungszentrums Christkindl (LPBZ), das am 20. und 21. September 2013 das 50-Jahr-Jubiläum feierte. Die beiden Tage der offenen Tür waren sehr gut besucht. Mehr Infos und Fotos zum Festakt „50 Jahre Pflegezentrum Christkindl“ auf http://www.meinbezirk.at/steyr/chronik/50-jahre-lpbz-christkindl-d697772.html
Zur Geschichte des LPBZ Christkindl, das Leopoldine Halbmayr seit 15 Jahren leitet: 1945 erwarb das Land OÖ das Gebäude, das bis 1963 als Lungenheilstätte diente. 1983 wurden die geistlichen Schwestern von weltlichem Personal abgelöst. Heute werden rund hundert geistig beeinträchtigte Menschen von rund 45 Mitarbeitern bestens betreut.
http://www.zentrum-christkindl.at





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