Vernichtender Prüfbericht
Südsteirische Naturgas-Anlage bringt Schuldenberg statt Biogas

- Scharf in der Kritik: Die Naturgas-Anlage des Abwasserverbands Leibnitzerfeld-Süd. Seit 2011 geplant und gebaut, aber nie wirklich in Vollbetrieb.
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"Betrieb der Naturgas-Anlage unter keinem guten Stern" – in diesem Wortlaut subsummiert der Landesrechnungshof die geschäftliche Entwicklung der Naturgas-Anlage des Abwasserverbands Leibnitzerfeld-Süd. FPÖ, Neos und Grüne orten einen Gemeindeskandal und reagieren unter anderem mit der Forderung nach einem Sonderlandtag und einer Neuaufstellung der Gemeindeaufsicht.
LEIBNITZ. Sehr kritisch fällt der Prüfbericht des Landesrechnungshof (LRH) zur Naturgas-Anlage des Abwasserverbands Leibnitzerfeld-Süd aus, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Die Kritikpunkte des mehr als 200 Seiten umfassenden Berichts im Detail: Seit 2011 erfolgten Investitionen für den Bau dieser Anlage, auch mit Förderungen auf Bundes- und Landesebene. Doch aufgrund der verfahrenstechnischen Komplexität war ein dauerhafter Vollbetrieb der Anlage zu keinem Zeitpunkt möglich. Daher türmten sich massive Verbindlichkeiten in Höhe von 18,7 Millionen Euro auf, so heißt es im Bericht.
Die Vorgeschichte
Auftraggeber und theoretischer Betreiber der Naturgas-Anlage ist der Abwasserverband Leibnitzerfeld-Süd. Dieser wiederum wird getragen von fünf Mitgliedsgemeinden, nämlich Ehrenhausen an der Weinstraße, Gamlitz, Gabersdorf, Sankt Veit in der Südsteiermark und Straß in Steiermark.
Gemeinsam mit einem weiteren Unternehmen errichtete dieser Verband die NGS Naturgas GmbH für den Bau einer Naturgas-Anlage zur Produktion von Biogas und zur Verwertung von Klärschlamm. Der Haken: Es kam nie zu einem Vollbetrieb dieses Projektes. Ab 1. Jänner 2011 war der Abwasserverband alleiniger Gesellschafter an der NGS – zehn Jahre später erfolgte aufgrund der Überschuldung der NGS die verschmelzende Umwandlung dieser Gesellschaft auf den Abwasserverband, womit auch sämtliche Verbindlichkeiten auf diesen übergingen.
Für den Landesrechnungshof ein weiterer Kritikpunkt, denn durch die Gründung, den Betrieb und die nunmehrige Umwandlung der NGS sei ein zusätzlicher Aufwand für den Abwasserverband entstanden.

- "Aus unserer Sicht wird die Verrechnung der Rückzahlung künftig eine erhebliche Belastung für die jeweiligen Gemeindehaushalte darstellen und die finanzielle Situation der Mitgliedsgemeinden schwächen", so LRH-Direktor Heinz Drobesch.
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Fünf Gemeinden in der Pflicht
Laut Satzung des Abwasserverbands sind die Kosten aus der Erfüllung dessen Aufgaben durch seine Mitglieder zu tragen, je nach Beitragsanteilen. Im Zuge der LRH-Prüfung zeigte sich, dass die Bedeckung der Aufwendungen der NGS teilweise durch den Abwasserverband erfolgte. Dies alles führte in weiterer Folge zu höheren Gebühren in den fünf Mitgliedsgemeinden. Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge sind nunmehr auch die für und durch die NGS aufgenommen Darlehen vom Abwasserverband zu decken. Somit hat die Rückzahlung der Schulden vorerst zur Gänze durch die Mitgliedsgemeinden zu erfolgen.
Aus Sicht des LRH wird die Verrechnung der Rückzahlung künftig eine erhebliche Belastung für die jeweiligen Gemeindehaushalte darstellen und die finanzielle Situation der Mitgliedsgemeinden schwächen.
führt dazu Landesrechnungshof-Direktor Heinz Drobesch aus.
Bürgermeister beruhigt
"Für uns kommt dieser Bericht nicht überraschend", erklärt dazu der Bürgermeister von Straß Reinhold Höflechner. "Wir kannten den Rohbericht schon", so Höflechner, der auch Obmann des Abwasserverbands ist. "Der Verband hat sich nichts vorzuwerfen." Der Straßer Ortschef stellt auch klar, dass die Bürgerinnen und Bürger "bis dato keinen finanziellen Schaden erlitten hätten und auch künftig dafür Sorge getragen werde, dass dies nicht passiert."
Nicht ganz so entspannt reagieren die Oppositionsparteien auf den veröffentlichten Prüfbericht. So fordern Grüne und FPÖ die Einberufung eines Sonderlandtags. "Der Landesrechnungshof-Bericht belegt jedenfalls die enormen Malversationen rund um diese Naturgas-Anlage. Die zuständigen ÖVP-Landesregierungsmitglieder und die primär in der Verantwortung stehenden ÖVP-Bürgermeister haben enormen Erklärungsbedarf. Schonungslose Aufklärung und rasche Maßnahmen, um den Schaden nicht noch größer werden zu lassen, sind nun notwendig", so der steirische FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek in einer Aussendung.
Die Freiheitlichen waren es, die bereits 2021 gemeinsam mit den Grünen den Stein ins Rollen gebracht hatten. Die Grünen fordern neben einem Sonderlandtag auch die "Neuaufstellung der Gemeindeaufsicht".
Ab sofort darf die Gemeindeaufsicht bei SPÖ- und ÖVP-Gemeinden nicht mehr in wechselseitiger Verantwortung der beiden Regierungsparteien liegen – sowohl im finanziellen als auch fachlichen Bereich. Wenn der Landeshauptmann wirklich für Transparenz und Kontrolle in der Steiermark sorgen will, muss die Landesregierung die aktuelle Praxis, die erwiesenermaßen zu keinerlei Kontrolle führt, beenden."
appelliert der Kontrollsprecher der steirischen Grünen Lambert Schönleitner
Schönleitner fordert in diesem Zusammenhang Umweltlandesrätin Ursula Lackner dazu auf, "die Umweltagenden und somit die Führung der in diesem Fall erneut säumigen Abteilung 13 (Umwelt und Raumordnung) abzugeben." Auch von den involvierten Bürgermeistern der fünf Gemeinden erwarten sich die Grünen einen sofortigen Rücktritt.

- Lambert Schönleitner (Grüne Steiermark) erwartet sich von "jenen südsteirischen ÖVP-Bürgermeistern, die den Skandal zu verantworten haben und nach wie vor im Amt sind, einen sofortigen Rücktritt."
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Die steirischen Neos wollen wiederum ein Antragspaket in den Landtag einbringen und fordern eine Politikerhaftung sowie volle Transparenz bei ausgelagerten Betrieben und Verbänden von Gemeinden, "damit solche Hinterzimmergeschäfte endlich der Vergangenheit angehören", so Klubobmann Niko Swatek in einer Aussendung.
Klarstellung aus dem Umweltressort
Aus dem Büro von Landesrätin Ursula Lackner gibt es hinsichtlich der von den Grünen erhobenen Vorwürfe folgende Stellungnahme: Die Empfehlungen des Rechnungshofes an die A13 betreffen die Abwasserverbände. Der Prüfumfang durch die Aufsichtsbehörde wird wiederum in einem Bundesgesetz - Wasserrechtsgesetz (= WRG) - festgelegt.
Demnach seien "alle darin festgelegten Aufsichtskompetenzen von der A13 erfüllt" worden bzw. werden erfüllt.
Die Abteilung 13 als Aufsichtsbehörde könne nur auf Grundlage von gesetzlichen Ermächtigungen tätig werden und ihre Aufsicht in dem dort festgeschriebenen Ausmaß ausüben. Da der Prüfumfang der A 13 als Aufsichtsbehörde über Abwasserverbände eben vom Bund im Wasserrechtsgesetz (= WRG) festgelegt wird, gebe es keine gesetzliche Grundlage, wonach durch sie Maßnahmen wie die Aufnahme von Darlehen, Haftungen, Bürgschaften, Gründung einer GmbH, usw. zu prüfen und zu genehmigen seien, so heißt es im Bericht es Landesrechnungshofs auf Seite 7.
Weiters stellt der Landesrechnungshof fest, dass "der Schwerpunkt der Prüftätigkeit laut der A13 dabei in der Prüfung der Einhaltung der formalrechtlichen Bestimmungen und der Aktualität der Satzung selbst sowie in der Beurteilung von Genehmigungen von Satzungsänderungen lag."
Kurz: Die Aufgabe der Abteilung 13 liege darin, zu prüfen, "ob Beschlüsse formal (nicht inhaltlich) gesetzes- oder satzungskonform" seien.
Das war 2015 der Startschuss für das Projekt:
Und das passierte seither:




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