Kuratoriumsumbau, Kürzungen
Steirische Kulturpolitik stark unter Druck

In der heimischen Kulturszene rumort es. Hier ein Bild vom steirischen herbst am Grazer Schloßberg. | Foto: Johanna Lamprecht
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  • In der heimischen Kulturszene rumort es. Hier ein Bild vom steirischen herbst am Grazer Schloßberg.
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Es rumort in der steirischen Kulturszene. Seitdem die neue Blau-Schwarze-Landesregierung im Amt ist, werden kritische Stimmen aus der Kulturbranche immer mehr und immer lauter. Besonders im Fokus stehen zwei Entwicklungen: die Kürzungen bei den Kulturförderungen und die Neubesetzung des Kulturkuratoriums. Kulturschaffende, Interessenvertretungen und die Opposition werfen der Regierung vor, kulturpolitische Strukturen gezielt umzubauen – was die Regierung jedoch entschieden zurückweist.

STEIERMARK. Mit dem Antritt der FPÖ-ÖVP-Landesregierung kam es nicht nur zu personellen Änderungen, sondern auch zu einer Aufteilung der Zuständigkeiten. Landeshauptmann Kunasek ist nun für die „Volkskultur“ zuständig, während der Kulturlandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) für den allgemeinen Kulturbereich verantwortlich bleibt. Das Regierungsprogramm stellt die Bedeutung der Volkskultur heraus, insbesondere die Bewahrung alten Brauchtums. 

"Speziell in einer sich immer rascher verändernden Zeit ist die Bewahrung des alten Brauchtums für die Erhaltung der regionalen, kulturellen Identität von unschätzbarem Wert. [...] Folglich wird Wert auf ein ausgeglichenes Förderverhältnis zwischen der Volkskultur und den allgemeinen Kulturförderungen beziehungsweise der freien Szene gelegt." 
Auszug aus dem Regierungsprogramm "Starke Steiermark. Sichere Zukunft."

Volkskultur ist in der Steiermark seit Antritt der FPÖ-ÖVP-Landesregierung Sache von Landeshauptmann Mario Kunasek.  | Foto: Verein der Steirer Wien
  • Volkskultur ist in der Steiermark seit Antritt der FPÖ-ÖVP-Landesregierung Sache von Landeshauptmann Mario Kunasek.
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Umbau des Kulturkuratoriums

Die aktuelle Debatte dreht sich jedoch um ein anderes Thema: Es geht um die abrupte Neuaufstellung des Kulturkuratoriums – eines Gremiums, welches aus 15 „geeigneten, im Kulturbereich tätigen, Personen“ besteht, welche wiederum fachlich genannte Förderbereiche abdecken sollen. Dazu zählen die bildende Kunst ebenso wie Architektur, darstellende Kunst und Film, allgemeine Volkskultur, Museen und Denkmalpflege. 

Wofür ist das Kulturkuratorium in der Steiermark zuständig?

Das Gremium befasst sich jährlich mit rund 1.000 Kulturförderungsanträgen, beurteilt diese fachlich und unterbreitet der Landesregierung Vorschläge für die Mittelvergabe. Neben diesen Entscheidungsempfehlungen erarbeitet das Kuratorium unter anderem Vorschläge mit kulturpolitischen sowie künstlerischen Zielsetzungen und gibt Stellungnahmen in grundsätzlichen Fragen der Kultur- und Kunstpolitik ab.

Ende Februar kam es auf Bestellung der neuen steirischen Landesregierung hin zum grundlegenden „Umbau“ dieses Kuratoriums: Bis auf Willi Gabalier und Johann Baumgartner wurden alle bisherigen Mitglieder ausgetauscht – 13 neue Köpfe mit unterschiedlichen Hintergründen und Expertisen. Am Dienstag tagte das Kuratorium in neuer Formation das erste Mal und wählte auch gleich die neue Spitze: Christian Buchmann lautet der Name des neuen Vorsitzenden, Alexander Schmiderer ist sein Stellvertreter. Von 15 Mitgliedern sind weiterhin nur vier weiblich.

Breite Kritik an „Umbau“

Kritik am Zeitpunkt sowie der Art und Weise der Neubesetzung äußerte bereits im Vorfeld die IG Kultur Steiermark, die umgehend die Frage nach dem „Warum“ in den Raum stellte. Laut Steiermärkischem Kultur- und Kunstförderungsgesetz (§9 KuKuFöG) wäre das abgesetzte Kuratorium regulär bis Ende 2026 bestellt gewesen. Zwar erlaubt §12 des Gesetzes eine Neubesetzung, doch eine so umfassende Umbesetzung in der laufenden Funktionsperiode sei bislang beispiellos. Die IG Kultur Steiermark warnt, dass der Austauschprozess in Windeseile vollzogen worden sei, die neuen Kuratoriumsmitglieder aber jedenfalls einer Einarbeitungsphase bedürfen würden. 

"Wir befinden uns in einer sehr volatilen Situation, in der die Zeit für die Abwicklung der Anträge für mehrjährige Förderungsvereinbarungen äußert knapp bemessen ist. Gerade vor diesem Hintergrund wäre es wichtig, auf die Expertise eines eingearbeiteten Gremiums zurückzugreifen [...]." 
IG Kultur Steiermark

Auch die Opposition – SPÖ, Grüne, Neos und KPÖ – sehen die aktuellen Entwicklungen kritisch. Die Kulturpolitik der neuen Landesregierung sei „nicht inhaltlich begründet, sondern politisch motiviert“. „Die Opposition wird diesen Kurs nicht hinnehmen und weiterhin für eine transparente, unabhängige Kulturpolitik eintreten“, sind sich Hannes Schwarz (SPÖ), Veronika Nitsche (Grüne), Robert Reif (Neos) und Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ) einig. 

Das neue steirische Kulturkuratorium hielt seine erste Sitzung ab.  | Foto: Land Steiermark / Resch
  • Das neue steirische Kulturkuratorium hielt seine erste Sitzung ab.
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Offener Brief der steirischen Kulturszene

Die Kritik am Kulturkurs der neuen Landesregierung bleibt nicht nur auf die Opposition und einzelne Interessenvertretungen beschränkt. Ein am Sonntag veröffentlichter offener Brief, unterzeichnet von über 900 steirischen Kulturschaffenden, prominenten Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland sowie Kulturinteressierten, bringt die Besorgnis über die aktuelle Entwicklung auf den Punkt.

In dem Schreiben an Landesrat Karlheinz Kornhäusl wird die Neubesetzung des Kulturkuratoriums als „handstreichartig“ und „parteipolitisch motiviert“ kritisiert. „Bei einigen Vertretern des Kuratoriums erkennen wir keinerlei fachliche Kompetenz in der zeitgenössischen Kunst – oder generell im kulturellen Feld“, heißt es darin. Zudem werfen die Unterzeichnenden der Landesregierung eine Missachtung der Kulturstrategie 2030 sowie eine intransparente Förderpolitik vor. Besonders alarmierend sei, dass „manche Vertreter des Kuratoriums eine große Nähe zur rechtsextremen Szene“ hätten, was die Autorinnen und Autoren des Briefes als „kulturpolitischen Dammbruch“ bezeichnen.

Das personell stark veränderte Kulturgremium hat erstmals getagt: Willi Gabalier, Anna Thaller, Karlheinz Morré, Josefa Umundum, Jakob Rattinger, Alexander Schmiderer, Franz Koiner, LR Karlheinz Kornhäusl, Gerhard Krajicek, Christian Buchmann, Günther Stark, LH Mario Kunasek, Birgit Lill-Schnabl, Daniela Teuschler, Erwin Hauser, Ewald-Marco Münzer, Johann Baumgartner (v. l.)   | Foto: Land Steiermark / Resch
  • Das personell stark veränderte Kulturgremium hat erstmals getagt: Willi Gabalier, Anna Thaller, Karlheinz Morré, Josefa Umundum, Jakob Rattinger, Alexander Schmiderer, Franz Koiner, LR Karlheinz Kornhäusl, Gerhard Krajicek, Christian Buchmann, Günther Stark, LH Mario Kunasek, Birgit Lill-Schnabl, Daniela Teuschler, Erwin Hauser, Ewald-Marco Münzer, Johann Baumgartner (v. l.)
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Regierung pocht auf Expertise und Unabhängigkeit

Von Kornhäusl selbst folgte eine umfassende schriftliche Beantwortung. Den Vorwurf einer möglichen rechtsextremen Nähe weist der Landesrat entschieden zurück: „Keiner der von mir nominierten acht Persönlichkeiten weist auch nur in irgendeiner Form eine rechtsextreme Nähe auf. Jene Expertinnen und Experten, die sich auch mein Ersuchen hin entschieden haben, Teil des neuen Kuratoriums zu werden, wurden aufgrund ihrer Expertise nominiert“, so der Kulturlandesrat. 

„Ich wünsche mir, dass man die Mitglieder an Ihrer Arbeit misst und dieses Treiben der Opposition nicht auf dem Rücken der Kulturschaffenden austrägt“, appelliert auch der freiheitliche Landeshauptmann Mario Kunasek. 

„Politik hat in diesem Gremium keine Rolle zu spielen. Kultur geht uns alle an und deshalb arbeitet dieses Gremium für die Menschen, für die Kulturschaffenden und für eine positive Entwicklung der steirischen Kulturlandschaft.“
Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ)

Dem Kulturressort standen im Jahr 2024 80 Millionen Euro zur Verfügung. Davon entfallen auf die Beteiligungen (Bühnen Graz GmbH, Universalmseum Joanneum GmbH, steirischer herbst festival GmbH, Volkskultur GmbH) rund 65,3 Millionen Euro. | Foto: Andreas Hermsdorf/pixelio.de
  • Dem Kulturressort standen im Jahr 2024 80 Millionen Euro zur Verfügung. Davon entfallen auf die Beteiligungen (Bühnen Graz GmbH, Universalmseum Joanneum GmbH, steirischer herbst festival GmbH, Volkskultur GmbH) rund 65,3 Millionen Euro.
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Einladung zum Dialog

Im offenen Brief wurden auch die Förderkürzungen, die viele Kulturinitiativen bedrohen, als inakzeptabel kritisiert. Die Unterzeichnenden fordern eine „neuerliche Umbesetzung des Kulturkuratoriums“ und eine Rückkehr zu einer unabhängigen, fachlich qualifizierten Vergabepraxis.

In seiner schriftlichen Beantwortung erklärt Kornhäusl, gegen den „Kahlschlag“ in der kulturellen Szene kämpfen zu wollen. „Ich habe mir erlaubt, Kürzungen so zu verlagern, dass es jene Förderungsnehmerinnen und Förderungsnehmer eher betrifft, die bereits eine gültige ,mehrjährige Förderungsvereinbarung' haben.“ Festzuhalten sei, dass die aktuellen Empfehlungen, welche Streichungen und Kürzungen beinhalten, vom scheidenden Kuratorium empfohlen worden seien. Er wolle die Kulturschaffenden keinesfalls beschwichtigen. Er hoffe jedoch darauf, den „entstandenen Vertrauensverlust“ gemeinsam und im Rahmen eines aufrichtigen Dialogs überwinden zu können. 

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