Auslandssteirer zur US-Wahl
"Amerika von klein auf eingetrichtert"
Die US-Wahl ist geschlagen, der neue Präsident steht fest: Der Republikaner Donald Trump holt sich nach US-amerikanischem Wahlsystem mehr Stimmen als die Demokratin Kamala Harris und wird eine zweite Amtszeit antreten. Damit ist Trump der 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten. Für MeinBezirk erzählen Auslandssteirerinnen und -steirer, wie sie die Stimmung und die politische Landschaft "Übersee" wahrnehmen.
STEIERMARK. Seit 2018 ist der Grazer Kevin Eberhard in den USA angekommen. Im Zuge seines Amerikanistik-Studiums hatte er ein Auslandssemester in Eau Claire Wisconsin absolviert – und wie es so häufig ist: die Liebe kennengelernt, sodass er geblieben ist. Gemeinsam lebt das Ehepaar nun mit Sohn Leo in Minnesota, beide sind Lehrkräfte.
Wie nimmt er die Stimmung "Übersee" wahr? Wie sieht er den Kampf der politischen Parteien? MeinBezirk hat nachgefragt.
Richtig und nicht-richtig
"Die Zeit vor den Wahlen ist wie auch in Österreich sehr intensiv. Man wird überall mit Werbung bombardiert, besonders wenn man in einem der Swing States lebt. Anders als zu Hause stellen die Menschen in ihren Vorgärten Schilder für ihre Kandidaten auf, um ihre Unterstützung zu zeigen, und Partei-Aktivisten klingeln an die Türen, um Wähler zum Urnengang zu motivieren. Von beiden Seiten wurde die Wahl als wichtigste überhaupt ausgerufen – was man aber bei jeder Wahl zu hören bekommt", lässt Eberhard in die Stimmung vor der Wahl eintauchen.
Und nach der Wahl? Da sei alles aufgeladen gewesen. "Die Menschen bei uns in St. Paul sind überwiegend Demokraten, waren sich sicher, dass die 'richtige Kandidatin' gewinnen würde, und befinden sich daher gerade im Trauerprozess, von Wut über ungehorsame Wähler bis Fantasien vom Umzug nach Kanada oder Europa. Diese Gefühle kann man auch bei den Kindern sehen und hören. Bei meinen Schwiegereltern am Land in Wisconsin ist der Großteil in Jubelstimmung, nicht nur, weil 'ihr Kandidat' gewonnen hat, sondern auch, weil sie ihre Wut den 'verhassten demokratischen Eliten' gezeigt haben."
Parteien und Patriotismus
Zwei Parteien – zwei Fronten, und ein Graben dazwischen. Dieser wird von außen vertieft. So funktioniert Politik nun einmal. Das Interesse an der US-amerikanischen Politik und den Wahlen rührt, meint Eberhard, vermutlich daher, weil es eben nur eine dominierende Person in der Partei gibt und die Politik auf diese zugeschnitten ist.
"In der Realität werden beide Parteien von Milliardären finanziert, sie arbeiten beide zuallererst für Konzernlobbyisten und unterstützen jeden Krieg mit Waffen und Steuergeld. Einen großen Unterschied gibt es mittlerweile aber bei den Wählern der Parteien: In den letzten Jahren haben sich die Demokraten als Partei der Gebildeten und Wohlhabenden etabliert, während die Republikaner unter Trump immer mehr die einfachen Arbeiter erreichen. Das zeigt sich auch im Auftreten der Parteien und ihren Politikern: professionell und formell bei den Demokraten, oft derb und volksnah bei den Republikanern", lautet das Resümee von Eberhards Wahrnehmung der US-amerikanischen Polit-Landschaft.
Patriotismus spielt dabei eine Rolle – und die wird in den USA anders ausgelebt. Stärker, intensiver, meint der Grazer. "Das hat mehrere Gründe: Der Hauptgrund für mich ist, dass die USA im dauerhaften Kriegszustand sind, im Gegensatz zum (noch) neutralen Österreich. Deshalb werden auch vor jeder Sportveranstaltung Soldaten für ihren Dienst geehrt. Außerdem wird Amerikanern von frühester Kindheit an eingetrichtert, dass die USA das beste Land der Welt sind, und das wird auch nicht hinterfragt, weil der Durchschnittsbürger von anderen Ländern wenig weiß."
Eine weitere Stimme einer Auslandssteirerin:
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