Wolfgang Puck: „Eitelkeit ist schlecht fürs Geschäft“

- Stolze Puck-Familie: Gelila, Oliver, Wolfgang, Cameron, Alexander, Byron
- Foto: Privat/C. Puck
- hochgeladen von Peter Pugganig
Oscar-Koch Wolfgang Puck im Gespräch mit der WOCHE, anlässlich der Aufnahme des Kärntners in den „Walk of Fame“ von Los Angeles.
Sie sind jetzt mit einem Stern im Hollywood Boulevard verewigt. Kann man so eine Auszeichnung eigentlich noch toppen?
WOLFGANG PUCK: Ich weiß es nicht, die müsste dann wohl aus Österreich kommen (lacht).
Wie unterscheidet sich öffentliche Anerkennung in Amerika zu Österreich?
Ich merke einfach, dass man sich hier in Los Angeles wirklich herzlich mit mir freut. „Gratuliere, Wolfgang“, höre ich überall wo ich hinkomme und ich weiß, dass das als ehrliche Anerkennung, ganz ohne Neid, gemeint ist. Dass der Stern direkt vor dem Dolby Theatre liegt, wo die Oscar-Verleihung stattfindet, das freut mich natürlich besonders.
Das heißt, Sie werden auch 2018 die Stars bei der Oscar-Zeremonie bekochen?
Das stimmt, vorausgesetzt ich bin bis dahin noch am Leben.
Warum werden Sie in Ihrer Heimatstadt St. Veit an der Glan von offizieller Seite kaum wahrgenommen?
Wahrscheinlich bin ich schon zu lange weg von St. Veit und es kennt mich dort niemand mehr. Man glaubt scheinbar, der Puck ist ein Amerikaner, nur weil er schon so lange in den USA ist. Ich fühle mich meiner Heimat nach wie vor verbunden.
Wie schaffen Sie es, über so viele Jahre international erfolgreich zu sein und dabei Ihre offensichtliche Uneitelkeit zu bewahren?
Ich bin immer gleich. Für mich hat es nie einen Unterschied gemacht, ob ich kein Lokal, eines, oder zehn besessen habe. Auch wenn eine Ehrung noch so bedeutend ist, ich werde deshalb nie aufhören meine Gäste so gut wie möglich zu bedienen. Wenn man sich auf seinen Lorbeeren ausruht, dann ist das ganz schlecht fürs Geschäft. Ganz im Gegenteil, die Leute sollen merken, dass wir den Stern vor allem als Anerkennung für unsere bisherige Arbeit in den Restaurants verstehen und die Auszeichnung als Ansporn sehen, uns weiterhin zu bemühen.
Was würden Sie, unabhängig von der Branche, jungen Menschen empfehlen, um beruflich voran zu kommen?
Geduld und noch einmal Geduld. Daran fehlt es leider heutzutage schon den Kindern, die sich in erster Linie in der Welt der Elektronik bewegen. Die Bereitschaft, so viel wie möglich zu lernen und sich damit weiter zu entwickeln ist besonders wichtig. Wenn man die Chance hat, in einem Top-Betrieb zu arbeiten, sollte man eine längere Zeit dort bleiben und nicht nur ein paar Wochen. Ich bin mit 19 Jahren nach Frankreich gegangen und habe gesehen, wie leidenschaftlich dort Köche arbeiten und wie vielfältig sie kochen. Man braucht einen Mentor, den man sich zum Vorbild nehmen kann, um einmal genauso fähig zu sein wie er. In Kärnten habe ich während meiner Lehrzeit keine Vorbilder gefunden, sehr wohl aber später in der französischen Küche. Was ich mir dort in Spitzenlokalen an Erfahrung aneignen konnte hat mich bestätigt: „Ich möchte ein eigenes Restaurant haben, ich möchte ein Kochbuch schreiben, etc.“ Der Entschluss nach Frankreich und nicht nach Deutschland oder in die Schweiz zu gehen, war für mich klar, weil ich vorher schon viel über die französische Küche gelesen habe. Als mir dann jemand ein Buch von Paul Bocuse geschenkt hat, gab es für mich kein Halten mehr. Sieben Jahre war ich insgesamt in hervorragenden Betrieben in Frankreich und ich habe nie gefragt, wie viel kann ich verdienen, ich wollte nur lernen, lernen, lernen. Ich vergleiche das gerne mit einem Studium: „Wenn einer ein Doktor werden will, braucht er auch einige Zeit - ein Koch soll sich ruhig weiterbilden bis er 25, 26 Jahre alt ist, um gut gerüstet zu sein. Dazulernen tut man ja dann noch sein ganzes Berufsleben“.
Findet man gute Gastronomie-Mitarbeiter in den USA auch so schwer wie bei uns?
Das ist auch in Amerika nicht anders. Vor etwa 30 Jahren hat es hier so gut wie keine Kochschulen gegeben. Mittlerweile gibt es etliche davon, trotzdem ist es sehr schwierig, junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern. Viele wollen am Abend bei ihrer Familie sein, das ist die Zeit wo in unserer Branche am meisten gearbeitet wird. Vor allem am Wochenende im Restaurant sein zu müssen ist für Frauen und Männer nicht ganz einfach, wenn der Partner darauf drängt, mehr Zeit miteinander zu verbringen, was ja gerade bei jungverheirateten Paaren verständlich ist. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die meisten Leute grundsätzlich glauben, in der Gastronomie zu arbeiten ist einfach. Ist es natürlich nicht, wenn andere Muttertag, Ostern oder Weihnachten feiern wird der Koch oder die Köchin im Betrieb gebraucht.
Wer Talent hat und große Leidenschaft für das Kochen besitzt, sollte seine Zukunft genau planen. Mit 19 Jahren zu heiraten und gleichzeitig Erfolg im Beruf haben zu wollen, das funktioniert in den seltensten Fällen. Willst Du wirklich ein sehr guter Koch werden, dann musst Du einfach über einen längeren Zeitraum mehrere Stationen durchlaufen. Wenn das einmal geschafft ist, kann man noch immer eine Familie gründen. Wie man es richtig macht, sieht man am Beispiel der Hüttenbergerin Lisa Wieland, die in unserem Londoner Restaurant als zweite Chefin arbeitet. Sie ist bodenständig und ehrgeizig. Sie nützt jetzt die Zeit um so viel wie möglich zu lernen. Lisa weiß ziemlich genau was sie will und es kann gut sein, dass sie in ein paar Jahren nach Amerika geht, oder vielleicht ein Lokal in Althofen eröffnet, das steht ihr alles offen.
Fällt es Ihnen nicht schwer, gute Mitarbeiter, die Sie jahrelang in Ihren Betrieben aufgebaut haben, ziehen lassen zu müssen?
Natürlich ist das nicht angenehm. Ich denke da an meinen Küchenchef vom Restaurant im Hotel Bel-Air in Los Angeles, der mehr als 18 Jahre für mich in mehreren Bereichen, unter anderem auch im Spago gearbeitet hat. Seine Frau hat ihm nun gesagt, wenn er nicht mehr Zeit mit der Familie verbringt, geht sie mit dem Kind zurück nach Guatemala. Ich habe ihm nun angeboten, eine Auszeit von sechs Monaten zu nehmen, um sich bestmöglich um seine Familie zu kümmern, auch einige Zeit mit Frau und Kind in Guatemala zu verbringen. Vielleicht kommen alle wieder zurück und die Frau findet das richtige Verständnis für den Beruf ihres Mannes. Ob er er wirklich je wieder für uns arbeiten wird, das kann ich allerdings nicht sagen, ich kann nur hoffen.
Zum Schluss noch eine Frage, abseits von Ihrem Beruf. Sie engagieren sich sehr stark für „Alzheimer Research“ in Las Vegas. Hat das einen besonderen Grund?
Wir machen das jetzt seit mehr als 20 Jahren in Las Vegas. Ich habe einen sehr guten Freund, einen erfolgreichen Wein-Großhändler, der beinahe ganz Las Vegas mit Wein versorgt. Sein Vater hatte Alzheimer, wie übrigens meine Mutter auch. Gemeinsam haben wir wir ursprünglich in einem abgetrennten Bereich im Spago eine private Wohltätigkeitsveranstaltung für 30 Leute gemacht und 250.000 Dollar an Spenden zusammengebracht. Das hat uns ermuntert, ein Jahr darauf das ganze Restaurant für den karitativen Zweck zu verwenden und es wurden über zwei Millionen Dollar gespendet. Daraufhin haben wir für die nächste Veranstaltung ein noch größeres Lokal ausgesucht und 3,5 Millionen Dollar an Spendensumme erreicht. Wir haben das mit einer Ehrung von Muhammad Ali verbunden, der an Parkinson gelitten hat. Das ist dann so weitergegangen, mittlerweile findet die Veranstaltung regelmäßig im MGM-Grand Hotel in Las Vegas statt, wo wir 1600 bis 1800 Menschen erreichen. Zuletzt waren es 18 Millionen Dollar, die aufgebracht wurden. Insgesamt sind es bisher mehr als 200 Millionen Dollar, die für den guten Zweck Verwendung finden. So konnte, nach den Plänen des weltbekannten Architekten Frank Gehry, das „Lou Ruvo Center for Brain Health“ der renommierten Cleveland Clinik gebaut und mitfinanziert werden. Dort finden nicht nur tausende Patienten Hilfe, sondern es werden auch die Angehörigen betreut.
Das Interview führte Peter Pugganig
Ein großer Sohn der Stadt St. Veit
ST. VEIT (pp). 1999 wurde er mit mit dem Ehrenring der Stadt ausgezeichnet, vor 20 Jahren benannte man sogar ein neu erbautes Fußballstadion nach ihm. Nein, es handelt sich hier nicht um den Hörzendorfer Wolfgang Puck, den Super-Star der amerikanischen Kochlandschaft und berühmtesten Kärntner der Welt. Vielmehr ehrte die Stadt Graz seinerzeit so Arnold Schwarzenegger, der nach Polit-Turbulenzen auf die Ehrungen verzichtete. Er ist neben Puck, erfolgreichster Auslands-Österreicher der Gegenwart. Was die "steirische Eiche" für Graz, ist der Oscar-Koch für St. Veit an der Glan.
Noch keine Auszeichnung
Die Frage, welche Ehrungen die Stadt St. Veit ihrem großen Sohn bisher zuteil haben lies, ist, leider, rasch beantwortet: Keine einzige! Das bestätigt Andreas Reisenbauer, Pressesprecher von Gerhard Mock. Während der 30-jährigen Amtszeit des Gemeindechefs gab es scheinbar keine Initiativen von Mitgliedern des Stadt- und Gemeinderats, den verdienten "Botschafter" seiner Heimat entsprechend zu würdigen. Immerhin: "Der Bürgermeister gratulierte Wolfgang Puck mittels persönlichem Brief zu seinem Stern im ,Walk of Fame'", so Reisenbauer. In Amerika wird Wolfgang Puck, Betreiber von über 80 Restaurants und tausendfacher Arbeitgeber regelrecht verehrt. Der begnadete Koch aus St. Veit ist sehr heimatverbunden und bringt das immer wieder in zahllosen TV-Interviews zum Ausdruck



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