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Im Freien wunderbar, im Inneren ein Wahnsinn
Viele von uns kennen wunderbare Gegenden im Bezirk Reutte. Caroline Winklmair aus Vorderhornbach kennt Regionen, die nur ganz wenige gesehen haben, die Berge von Innen.
VORDERHORNBACH. 20 mal 35 Zentimeter, das ist in etwa das Mindestmaß, das ein Felsspalt haben muss, damit Caroline "Caro" Winklmair sich noch "durchquetschen" kann. Und das tut sie auch. Zumeist sind die Spalten und Gänge im Inneren unserer Bergwelt aber doch etwas größer, wie sie sagt.
"Platzangst" wäre schlecht
Trotzdem: Angst vor engen Räumen sollte man keine haben, wenn man so wie die 38-jährige Lechtalerin Höhlen zum Hobby hat. Die "Liebe" dazu wurde ihr von zu Hause mitgegeben. Papa Helmut (†) nahm Caroline und ebenso Bruder Christian immer wieder einmal in Höhlen mit, sowohl in Schauhöhlen als auch in unerschlossene Naturhöhlen.
Eine faszinierende Entdeckung
Viel später entdeckten Christian, ein Mathematiker, und sie, Biologin und Schutzgebietsbetreuerin im Außerfern, dass da etwas in ihnen schlummert. "Wir sind in die Allgäuer Berge gegangen, und haben nach Höhlen gesucht", erzählt Caro von den Anfängen. Und sie wurden rasch fündig. "Da war eine eine trichterförmige Senke an der Erdoberfläche, und sie hatte tatsächlich einen Eingang in der Felswand. Dahinter hab ich einen abfallenden Gang entdeckt, in dem ich mich zuerst gebückt, dann krabbelnd und schließlich kriechend und rutschend fortbewegte", erzählt Caro von einer Entdeckung, die sie, Bruder Christian, und inzwischen auch weitere Höhlenforscher, bis heute beschäftigt.
"Wow, da geht es noch weiter!"
Gerade einmal 30 Zentimeter breit ist besagter Felsspalt. "Wie ich drinnen war, hab ich den nächsten Gang gesehen. Da hab ich mir gedacht, wow, da geht es noch weiter!" Es war ein Schlüsselerlebnis für beide: Die Lust auf Höhlen war endgültig geweckt. Rund 13 Jahre ist das inzwischen her.
In dieser Zeit hat sich viel getan. Caroline Winklmair hat sich zur echten Höhlenspezialistin entwickelt. Sie trat dem Landesverein für Höhlenkunde in Tirol bei, belegte Kurse und machte diverse Ausbildungen. Seiltechnik, Kameradenrettung, Dokumentation - es braucht viel Wissen und Können, um sicher unterwegs zu sein, im Inneren Österreichs.
Tirols tiefste Höhle liegt bei uns
In den Lechtaler und Allgäuer Alpen gibt es einige Höhlen, in die man aber nur mit entsprechendem Fachwissen einsteigen sollte. Ihre Zugänge sind nur wenigen Personen bekannt. So auch die Zugänge jener Höhle, die Caroline und Bruder Christian vor rund 13 Jahren entdeckt haben. Die hat sich als echtes Labyrinth herausgestellt. Heute weiß man dank vieler Forschungstouren, dass es sich um Tirols tiefste Höhle handelt: Besagtes Labyrinth hat seinen Zugang auf über 2000 Metern Seehöhe. Von hier oben ist Caro bereits 380 Höhenmeter im Berg wieder abgestiegen. Wie weit es noch hinein- bzw. hinabgeht: "Ich weiß es nicht. Schauen wir mal", fiebert die 38-Jährige bereits neuen Abenteuern entgegen.
Jetzt ist sie erst einmal an einer Stelle angekommen, wo es kein Weiterkommen gibt: "Wir stehen vor einem wassergefüllten ‘Syphon', da gibt es derzeit kein Weiterkommen."
"Oh, iatz steck i fescht!"
Apropos weiterkommen: Damit war es für sie vor wenigen Wochen kurzfristig vorbei: "Ich bin steckengeblieben. Da ging nichts mehr", erzählt sie von diesen Schreckensmomenten. Eine neu zu erforschende Engstelle wurde ihr zum Verhängnis. Sie wollte durch einen gerade einmal 25 Zentimeter breiten Spalt hindurch. "Beim rückwärts Zurückschliefen bin ich mit einer Kleiderfalte an einem winzigen Felsvorsprung hängengeblieben." Es folgte eine nüchterne Analyse der Ist-Situation. "Wenn man festhängt, neigt man leicht zu verspannen. Oft ist es dann eine Kopfsache, wieder freizukommen." In diesem Fall war das aber zu wenig, Bruder Christian musste helfen, damit der Weg zurück gelingt. Am Ende ging alles gut.
Die Faszination der Höhlen
Die Lust an der Höhlenforschung ist bei Caroline trotz des Vorfalls geblieben. Ihr gefällt die Welt der absoluten Dunkelheit, oft ist es auch eine Welt der absoluten Stille, eine Welt ohne Gerüche. Dann ist wieder alles anders. Fließt ein Bach durch den Berg, kann es ohrenbetäubend laut werden, manchmal hängt auch der Geruch von Lehm in einem Gang bzw. in einem unterirdischen Gewölbe. Dunkel ist es aber immer.
Caroline Winklmair liebt die Vielfalt, die ihr das Leben bietet: Als Schutzgebietsbetreuerin und Biberbeauftragte hat sie mit der einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt im Außerfern zu tun. Als Höhlenforscherin betritt sie wiederum Regionen, die durch gänzlich andere Besonderheiten faszinieren. Und was gefällt ihr am besten, wenn sie aus dem "Untergrund" wieder herauskommt? "Der Geruch. Dann riecht alles so intensiv und wunderbar. Das liebe ich."
Zur Sache
15.000 Höhlen in Österreich
Die Alpenrepublik präsentiert sich als lohnenswertes Ziel für Höhlenforscher. "Rund 15.000 registrierte Höhlen gibt es in Österreich", berichtet die studierte Biologin, die heute Mitglied der Höhlenrettung ist, und immer wieder einmal Interessierte ins Innere unserer Berge mitnimmt. Sie darf das, denn Caroline Winklmair ist auch Naturhöhlenführerin. Mit Besuchern werden "einfache" Höhlen aufgesucht. Solche gibt es im Außerfern zum Beispiel im Gebiet des Frauensees in Lechaschau.
Besser informiert
Weitere Informationen aus dem Bezirk Reutte finden Sie unter www.meinbezirk.at
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