Dann heißen alle Leitner, Steiner, Rafetseder, Leonhartsberger!
Die Familiennamen Leonhartsberger und Rafetseder kommen von einem einzigen Hof in Waldhausen und Königswiesen. BEZIRK PERG/FREISTADT. "Würde über Jahrhunderte niemand in das Untere Mühlviertel zuziehen, würden eines Tages mehr als die Hälfte der Bevölkerung Rafetseder, Leonhardsberger, Steiner oder Leitner heißen", erklärt der Sprachwissenschaftler, Namenforscher und KulturwissenschaftlerKarl Hohensinner aus Grein.
Zu Steiner und Leitner gibt es mehrere Höfe oder Ortschaften, wo der Familienname herkommen kann. Leonhartsberger und Rafetseder gehen jeweils von einem einzigen Bauernhaus aus. Leonhartsberg geht auf ein Bauernhaus in Waldhausen zurück. 1451: Lyenhartsperig vom Heiligennamen Leonhard, volkstümlich früher Lienhart. Es gibt in Österreich hunderte Leute, die Rafetseder heißen, in rund dreißig Schreibarten. Rafetseder geht auf ein einzelnes Bauernhaus in der Pfarre Königswiesen zur Grenze St. Georgen am Walde zurück.
Einige für den Bezirk und für das Untere Mühlviertel typische Familiennahmen:
Plaimer, mittelalterlich „Bluomach“ heißt „Hier gibt es viele Blumen“.
Tagwerker: Am Tobrabach wohnend, aus „Toberer“, alte Aussp
rache „Dowara“, später oberflächlich an „Tagwerk“ angeschlossen.
Seyr: Alte Dialektform für Seiler. Typisch für das Untere Mühlviertel, ansonsten heißt der Familienname „Seiler“. Das -l- ist verloren gegangen, wie auch die -l- in den Dialektaussprachen für Keller oder Holler.
Enenkl aus mittelalterlich „Enichl“ in der Bedeutung „Enkel“. Im Mittelalter häufiger Beiname von Personen, vermutlich, wenn ein Erbe gleich an die übernächste Generation weitergegeben wurde.
Falthansl: „Hans, der Sohn des Valentin“.
Undesser: Zum mittelalterlichen Ortsnamen „Huntazze“ in der Bedeutung „Dort wo die Jagdhunde Nahrung bekommen“. Die Leute, die dort wohnten, wurden später „Hundesser“ genannt. Der Name wurde später in Undesser abgewandelt, damit die Leute nicht spotthalber sagen konnten, man esse Hunde.
Fürnhammer: Ein Name, der etwas anschafft: „Führe den Hammer!“ Solche Namen waren bei den Schmieden im Mittelalter häufig. Mit einer Zeremonie wurde einer zu einem Gesellen gemacht und erhielt dabei so einen Namen. Ein ähnlicher Name ist „Schwingenschlögel“.
Entstehung der Namen
Karl Hohensinner: „Viele Namen sind aber nicht so deutlich aufzulösen. Am schwierigsten sind Namen, die auf ein -l enden, weil da ist sehr oft was abgekürzt worden und durch ein -l ersetzt worden. Manche Namen sind wie ein altes Haus, an dem immer Weitergebaut wurde: Vorn ist noch ein Stück aus dem Mittelalter, weiter hinten wurde im 17. Jahrhundert was dazugegeben und in der Mitte hat auch noch irgendwer einen Teil eingebaut und letztendlich hat noch wer darübergespachtelt. Eine Frage wie "Was bedeutet Palmetshofer?" kann man nicht beantworten, man kann nur erklären, wie der Name nach und nach zusammengebaut wurde.
ZUR SACHE
Während weltweit die Namenkunde an Universitäten einen großen Aufschwung hat, fristet diese Wissenschaft in Österreich ein Schattendasein und ist oft nur Hobby. Der Ruf der Universität Leipzig als namenkundliches Zentrum ist seit über 100 Jahren weltbekannt. Im Herbst 2017 trafen sich Experten aus Deutschland, Schweiz, Polen, Russland, Lettland, Schweden, Finnland und Österreich zur internationalen Tagung „Namen und Berufe“. Als Repräsentant der österreichischen Familiennamen-Forschung nahm Karl Hohensinner aus Grein teil. In seinem international viel beachteten Referat präsentierte Karl Hohensinner nach einer neuen Methode geografische Verteilungskarten von Familiennamen. Hohensinner vertrat in Leipzig das Adalbert-Stifter-Institut, das sich in der Namenkunde international schon einen ausgezeichneten Ruf erarbeitete.
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