Perg/Mauthausen
Fruchtbare Beziehung: Bienen, Raps, Honig und Öl
Lokalaugenschein am Rapsfeld von Franz Lettner in Perg sowie im Betrieb Mühl4telöl in Mauthausen.
PERG, MAUTHAUSEN. In Tobra leuchtet es schon gelb aus der Landschaft. Blühende Rapsfelder sind nicht nur schön anzusehen, sondern ziehen auch Bienen magnetisch an. Bei der Nahrungssuche kurbeln die Insekten ganz nebenbei die Bestäubung der Rapspflanzen kräftig an. Diese "fruchtbare Beziehung" nahmen Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger (VP) und Karl Grabmayr, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer OÖ, vorige Woche in Perg genauer unter die Lupe. "Der Raps hat ein echtes Imageproblem. Zu Unrecht, denn anstatt des Todes finden die Bienen im Rapsfeld lebenswichtige Nahrung", betonte Langer-Weninger.
Pflanzenschutzmittel: Ganz ohne gehts nicht
Völlig unkompliziert ist die Beziehung zwischen Raps und Bienen nicht. Schädlinge wie der Erdfloh können der Ernte schnell den Garaus machen. Früher verwendeten Bauern unter anderem Neonikotinoide, um Schädlinge am Rapsfeld zu bekämpfen. Die EU verbietet mittlerweile den Einsatz dieser Pestizide, weil sie auch den Bienen Schaden zufügen. "Bei den chemischen Wirkstoffen stehen uns immer weniger Mittel zur Verfügung. Aber die Schädlingsbekämpfung ist manuell fast unmöglich. Dafür wollen wir Verständnis schaffen", sagt Rapsbauer Franz Lettner aus Tobra.
„Raps ist ein Multitalent. Er lockert und verbessert den Boden, bietet Bienen Nahrung, liefert wertvolles Öl und hochwertiges Eiweiß für die Tierfütterung."
Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger
Der Perger arbeitet mit dem Imker Fabian Mayr zusammen, dessen Bienen sich am Raps bedienen und daraus Honig produzieren. Gemeinsam gelingt es, das Gleichgewicht zwischen Pflanzen- und Bienenschutz zu halten. "Ohne den Rapsanbau wäre die Erwerbsimkerei unter keinen Umständen mehr wirtschaftlich zu betreiben", betont Mayr. "Dann hätten wir auch ein Problem mit der Bestäubung." Denn: Ein Drittel aller Bienenvölker in Österreich gehört Erwerbsimkern. "Honig kann man importieren, Bestäubung nicht." Mayr und Lettner sind sich einig: "Wer glaubt, dass man ohne Pflanzenschutzmittel arbeiten kann, der lebt am Mond."
Sowohl Rapsbauern als auch Imker stehen unter Preisdruck. Zur Herausforderung der Schädlingsbekämpfung gesellt sich noch der Klimawandel. Kühle Frühjahre – so wie aktuell – machen den Bienen zu schaffen, trockene Spätsommer dem Raps. "Neue Saatgutzüchtungen für trockenheitsresistentere Pflanzen würden uns helfen", meint Lettner. Technisch sei das bereits möglich, doch das entsprechende Saatgut ist in Österreich noch nicht zugelassen. "Wenn die Rechnung nicht mehr aufgeht, müssen wir umsteigen", sagt Lettner.
Rapsöl aus dem Mühlviertel
Der Raps aus Tobra reist nur wenige Kilometer zur Verarbeitung weiter: Bei "Mühl4telöl" im ehemaligem Lagerhaus Mauthausen werden daraus Öle in den Sorten "neutral" und "nussig" sowie Futtermittel hergestellt. Rund 700 Landwirte, großteils aus Oberösterreich, liefern ihren Raps zu Mühl4telöl. Etwa 3.000 Tonnen Rapssamen werden im Jahr verarbeitet. Im Kaltpressverfahren erfolgt eine rein mechanische Pressung ohne chemische Hilfsmittel.
"Rapsöl ist mit seinem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren eines der gesündesten Öle, da ist man in den vergangenen Jahren erst wieder draufgekommen", betont Geschäftsführer Johann Schöfl. Mühl4telöl beliefert gemeinsam mit einer Handvoll weiterer österreichischer Mühlen die Firma "Kronenöl". Aber auch die eigene Marke steht in den regionalen Märkten. In der Gastronomie, die oft Produkte von internationalen Großherstellern verwendet, konnte Mühl4telöl ebenfalls bereits Fuß fassen, freut sich Schöfl.
Zur Sache
Aus Raps wird nicht nur Öl hergestellt. Der Rapskuchen, der bei der Pressung entsteht, dient als eiweißhaltiges Futtermittel. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anbau der anspruchsvollen Ackerpflanze in OÖ fast halbiert – 2013 gab es rund 14.000 Hektar, heute sind es etwa 7.000 Hektar. Neben Schädlingen setzt dem Raps mitunter anhaltende Trockenheit zu, Hagel kann die Ernte innerhalb von fünf Minuten vernichten.
Der in Oberösterreich vorwiegend angebaute Winterraps wird zur Ölproduktion beziehungsweise Saatgutvermehrung verwendet. Die Aussaat startet Mitte/Ende August und die Ernte erfolgt im darauffolgenden Frühsommer. In der Zeit zwischen Ende April und Ende Mai steht er in Vollblüte, wobei die Blühdauer witterungsabhängig bis zu fünf Wochen andauert.
Raps und Bienen
Eine einzelne Blüte sondert innerhalb von 24 Stunden etwa 0,6 mg Nektar mit gutem Zuckergehalt ab. Eine einzelne Rapspflanze beansprucht 150 Quadratzentimeter Raum und bildet bis zu 200 Blüten und mehr. Daraus ergeben sich etwa 12 Millionen Blüten pro Hektar. Raps produziert bis zu 1,3 mg gelben Pollen, der einen sehr hohen Eiweißgehalt aufweist. Pollen beinhaltet für Bienen Proteine aber auch Fette. Die Bienen versorgen damit einerseits ihre Brut andererseits adulte Tiere.
„Durch die hohe Nektar- und Pollenabsonderung ergeben sich mehrere Vorteile: eine starke Frühjahrsentwicklung der Völker, eine erfolgreiche Honigernte, Völkervermehrung durch angetriebene Schwarmtriebe und starke Völker für die Folgetracht“, so Elisabeth Lanzer, Leiterin des Bienenzentrums OÖ. Etwa 70 Prozent des Samenansatzes bei Raps erfolgt durch Selbstbestäubung mit Hilfe des Windes. Dennoch zeigten Studien eine Steigerung der Erntemengen durch den Einsatz von Honigbienen zur Bestäubung aufgrund der Verkürzung der Blühzeit, des gleichmäßigen Abreifens sowie der Steigerung der Schotenbildung. Aufgrund dieser Faktoren kann es zu einer Ertragsteigerung zwischen 10 und 40
Prozent kommen.
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