Tourismusattraktion anno 1907
Als man von Linz nach St.Georgen baden fuhr

Das "Herrenbad" der St. Georgener Badeanstalt. Für die Holzabtrennung zum "Damenbad" waren ausdrücklich astlochfreie Bretter in der Baugenehmigung gefordert, um Moral und Anstand zu wahren. | Foto: Archiv Heimatverein St.Georgen/Fotoreproduktion Eckhart Herbe
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  • Das "Herrenbad" der St. Georgener Badeanstalt. Für die Holzabtrennung zum "Damenbad" waren ausdrücklich astlochfreie Bretter in der Baugenehmigung gefordert, um Moral und Anstand zu wahren.
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Am Pfingstwochenende geht, so das Wetter mitspielt, endlich die langersehnte Bäderöffnung im Corona-Jahr 2020 über die Bühne. So auch im Aquarella St. Georgen an der Gusen, dem beliebten, mittlerweile schon dritten Freibad des Ortes. Die Gemeinde blickt auf stolze 113 Jahre Badetradition zurück. Ihre erste "Badeanstalt" war ab 1907 eines der Top-Ausflugsziele der Linzer, die in Scharen per Zug anreisten und in der Zwischen- und Nachkriegszeit sogar für ein eigentlich erst unseren Tagen zugordnetes Massentourismusphänomen sorgten.

ST.GEORGEN/GUSEN. "Sommerfrische! An der eisenhaltigen Gusen wurde von der Marktgemeinde ein modernes Strandbad errichtet. Von der Linzer Bevölkerung  sowie von den hiesigen Sommergästen wird es allseits als Wohltat empfunden", lockt eine Tourismusanzeige aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg Erholungssuchende in den "wegen seines milden Klimas gern besuchten Sommerfrischeort mit sehr guten Gasthöfen und 40 Privatwohnungen." 

Overtourism anno 1928

Die Linzer kamen scharenweise mit der Summerauerbahn, welche nur wenige hundert Meter entfernt hielt. Der Besucheransturm war in den folgenden Jahrzehnten oft so stark, dass "manche, die auf Sommerfrische zu uns kommen wollten, leider abgewiesen werden mussten. Die reizende Lage und gute Verpflegung sind für den Ort gewiss ein Ehrenzeugnis", berichtete die "Mühlviertler Zeitung", ein regionaler Vorläufer der BezirksRundschau. Man veröffentlichte dazu sogar ein Gedicht (Faksimile in der Bildergalerie), das anregte, die Landeshauptstadt künftig in "Linz bei St. Georgen" umzubenennen. Zur Tourismusankurbelung wurde vom Badbetreiber, dem Verschönerungsverein, ein günstiger Bahntarif für die anreisenden Erholungssuchenden gefordert, wie in der gleichen Zeitung nachzulesen ist.

Moralvorgaben fürs "Herren- und Damenbad"

Schon 1907 war im Staubereich vor der Heindlmühle beiderseits der Gusen ein für diese Zeit hochmodernes Flussbad errichtet worden. Die Vorfreude der Herren auf einen Flirt mit für damalige Verhältnisse leicht bekleideten Damen erhielt allerdings anfangs eine Dämpfer. Denn die Anstandsregeln der Monarchie geboten ein getrenntes Baden der Geschlechter. "In der Baugenehmigung wurde ausdrücklich verlangt, dass die Holzplanken zwischen Damen- und Herrenbad astlochfrei sein mussten, um unerwünschter Neugier einen Riegel vorzuschieben", weiß Archivar Franz Walzer vom Heimatverein St. Georgen. Erst in den wilden 1920ern lockerten sich die Sitten, sodass dem gemeinsamen Badespaß nichts mehr im Wege stand. In den 1930ern erlebte der Ansturm seinen Höhepunkt, ehe der Krieg dem Vergnügen ein Ende setzte.  Doch am 6. Juni 1949 bejubelte die St.Georgener die Wiedereröffnung ihres neu instand gesetzten Flussbades, das in den 1950er und 60er-Jahren nochmals aufblühte und 1968 ein letztes Mal renoviert wurde.

Erstes Freibad - anfangs sehr rustikal.

Das Idyll der ersten "Badeanstalt" endete mit der Gusenregulierung in den 1970er-Jahren. Die Trauer darüber hielt  sich in Grenzen, wurde die Bevölkerung doch als Ersatz mit einem für eine kleine Landgemeinde riesigen, 50x21m messenden Alupool samt Kinderbecken und Sprungturm beglückt.  Bügermeister  Josef Kobilka eröffnete die Anlage am 20. Juni 1976 per Kopfsprung vom Einmeterbrett. Komfort bot das neue Bad anfangs allerdings kaum. Fehlten doch Bäume, Sonnenschutz, Umkleidekabinen und ein Buffet. Als Behelfstoiletten fungierten vier zylindrische Blechhäuschen, in denen es bei Saunatemperaturen erbärmlich stank. Erst ab 1982 stand dann ein ansprechendes Ambiente zur Verfügung. Heutzutage unvorstellbar: anfangs wurde das Bad noch mit Öl beheizt! Bereits 1986 endete dieser ökonomische wie ökologische Wahnsinn jedoch und eine hochmoderne Solarheizung übernahm die Wassererwärmung.

Stolz auf Aquarella

Das Freibad bereicherte fast 40 Jahre das St. Georgener Freizeitleben, ehe zunehmende Baufälligkeit - der Sprungturm war schon jahrelang gesperrt, das Becken undicht - und explodierende Wartungskosten einen Neubau unumgänglich machten. Seit Sommer 2015 genießen Besucher aus nah und fern nun das Aquarella, sicher eine der attraktivsten Badeanlagen in weitem Umkreis mit  850 m² Wasserfläche, einer schattigen Liegewiese, Kleinkinderpool, 25-Meter-Schwimmbecken und  "Fun-Becken". Dazu kommen ein eigenes Becken für den Fünf-Meter-Sprungturm mit drei Etagen und mehrere Rutschen, die in einer kreativ gestalteten Freizeitanlage integriert sind und den ganze Stolz der Gemeinde verkörpern. Die lange St. Georgener Bädertradition ist also auch für die Zukunft gesichert.

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