Dieter Schabereiter im Gespräch
Bürgermeister mit dem Zug zur Nachhaltigkeit

- Der "neue" Bürgermeister von Stanz, Dieter Schabereiter, im Gespräch mit Redakteur Markus Hackl.
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Die kleine Gemeinde Stanz im Mürztal ist ein großer Player, wenn es um strategische Dorfentwicklung auf europäischer Ebene geht. Eine Säule davon ist das Prinzip der Nachhaltigkeit.
STANZ. Die Gemeinde Stanz könnte man fast mit einem unbeugsamen gallischen Dorf vergleichen. Erfolgreich hat sich die Bevölkerung gegen eine Gemeindezusammenlegung gestemmt, erfolgreich hat man völlig neue Pfade in der Dorfentwicklung begangen. Jetzt ist man europäisches Vorbild beim „Smart-Village“-Konzept – eine Entwicklung, die auch mit dem neuen Bürgermeister Dieter Schabereiter von der Bürgerinitiative „Für eine lebenswerte Stanz“ weitergeführt wird, wie er im Gespräch erklärt:

- Dieter Schabereiter: „Von unserer Linie weichen wir auch durch den Bürgermeisterwechsel nicht ab.“
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- Seit 28. März sind sie als Bürgermeister im Amt. Haben Sie sich schon eingelebt in die neue Funktion?
DIETER SCHABEREITER: Ja, schon. Ich war ja als Vizebürgermeister auch schon in die Arbeit eingebunden. Die Amtsübergabe ist auch nicht abrupt erfolgt, sondern war schon länger geplant und gut vorbereitet.
- Sie wurden von neun der 14 anwesenden Gemeinderatsmitgliedern gewählt. Mitgestimmt dürften die Mandatare der ÖVP haben. Gibt es hier ein formales Koalitionsübereinkommen?
Es gibt im Gemeinderat an sich eine gute Gesprächsbasis über Fraktionen hinweg und weit mehr als 90 Prozent aller Gemeinderatsbeschlüsse erfolgen einstimmig. Sollte es strittige Punkte geben, dann versuchen wir diese vorab in Gesprächen zu klären. Dazu braucht es kein eigenes Koalitionsübereinkommen, weil die Sachpolitik Gott sei Dank bei uns noch Vorrang hat.
- Nach der Wahl haben sie in einer ersten Reaktion gesagt, dass sie sich auch um die Stimmen jener bemühen wollen, die sie nicht gewählt haben. Wie kann das funktionieren?
Den von meinem Vorgänger Fritz Pichler geprägten Stil will ich auch weiterführen. Wir gehen ehrlich mit den Leuten um, machen keine Versprechen, die wir nicht halten können – und sagen das auch. Es geht auch darum, möglichst viele Menschen mit ins Boot zu holen, viele Meinungen einzuholen und Projekte auf möglichst viele Schultern zu verteilen.

- Dieter Schabereiter verrät, dass er im nächsten Jahr als Spitzenkandidat für die Bürgerinitiative in die Gemeinderatswahl gehen wird.
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- Was sind aktuell die größten Herausforderungen, die Stanz zu stemmen hat?
So wie fast allen anderen Gemeinden auch ist die Finanzsituation die größte Herausforderung für uns. Die Ausgaben steigen in einem weitaus höheren Ausmaß, als die Einnahmen. Bei den Ausgaben denke ich an die Zinserhöhungen, an erhöhte Ausgaben bei den Lohnkosten durch die rechtlich vorgegebenen Lohnerhöhungen, durch die immer noch steigende Sozialhilfeumlage und die hohen Energiepreise. In der Zeit der Amtsübergabe haben wir viele Projekte gestartet, wie Kraftwerksneubau und Erneuerung der Wasserleitung. Wir haben aktuell schon sehr viele Bälle in der Luft.
- Ihr Vorgänger hat ebenso einige Projekte angekündigt: darunter Neugestaltung Ortszentrum mit Durchfahrtsstraße. Wie schaut es damit aus?
Wir arbeiten das Schritt für Schritt ab. Zuerst ist der Umbau des ehemaligen Raika-Gebäudes, das seit einigen Jahren im Gemeindebesitz ist, an der Reihe. Dann folgt der Raika-Vorplatz, es folgt die Ahrerstraße, Gemeindevorplatz, Erneuerung der L 114 und zuletzt die Begegnungszone. Aus dem Raika-Objekt wird das „Haus der Musik“ mit Probenräumen für Musikkapelle und unserem Chor. Fertig soll das alles Ende 2026 beziehungsweise Anfang 2027 sein.
- Aktuell wird in Stanz an einem Wasserkraftwerk gearbeitet. Was hat es damit auf sich?
Hier ist die Gemeinde nur indirekt beteiligt, weil wir den Teich gepachtet haben. Ein privater Betreiber errichtet hier ein Wasserkraftwerk. Bei der Brandstattkreuzung befindet sich die Wehranlage, hier teilt es sich auf: Eine gewisse Restmenge muss im Stanzerbach verbleiben, eine Teilmenge fließt in den Teich und der verbleibende Rest in den Kraftwerkskanal. Das eigentliche Kraftwerk befindet sich im Nahbereich des Nahwärme-Heizwerks. Bis Oktober sollten die Bauarbeiten abgeschlossen sein.
- Trixis Dorfmarkt sperrt zu. Es wurde bei der Eröffnung als ein Paradebeispiel eines örtlichen Nahversorgers gefeiert. Bahnt sich hier eine Nachfolgelösung an?
Wir sind im intensiven Austausch mit der Kastner-Gruppe als zuständigen Großhändler. Drei Personen zeigen ernsthaftes Interesse an einer Übernahme. Wir hoffen sehr, dass uns der Nahversorger im Ortszentrum erhalten bleibt. Dass die Kastner-Gruppe selbst das Kaufhaus führt, so wie in Allerheiligen, das ist für Kastner keine Option.
- In Bezug auf Smart-Village-Konzept und Energiegemeinschaften hat sich Stanz zu einem europäischen Modelldorf entwickelt, die maßgeblich von ihrem Vorgänger Fritz Pichler vorangetrieben wurde. Ist dieser Prozess jetzt gestoppt?
Absolut nicht. An diesem für uns so wichtigen Thema bleibt Fritz Pichler weiter dran und wird es für uns weiterführen, obwohl er im Gemeinderat selbst kein Mandat mehr hat, das ist aber auch keine Voraussetzung dafür.
„Auch vor ‚neuen‘ Fraktionen haben wir keine Angst, ganz im Gegenteil: Herbei mit neuen Ideen, wenn sie unseren Ort weiterbringen. Was wir nicht brauchen, das wäre parteipolitisch motivierter Populismus.“
Dieter Schabereiter
- Sie sind ein Kind der Bürgerinitiative, die sich als Gegenpol zur Gemeindestrukturreform gebildet hat. Eine Zusammenlegung mit Kindberg hat man strikt abgelehnt, daraus haben sich viele Initiativen und Arbeitskreise mit Einbindung der Bürger gebildet. Hält diese Dynamik auch nach fast zehn Jahren immer noch an?
Ja, schon. Es gibt nach wie vor die Arbeitsgruppe „Lebensqualität“, die viele Veranstaltungen für den Ort macht, es gibt den „Kost-Nix-Laden“, es gibt das kostenlose E-Taxi für die Gemeindebürger, das mit einem Freiwilligendienst nach wie vor bestens funktioniert und wo wir demnächst ein zweites Elektro-Fahrzeug ankaufen werden.

- Das Nachhaltigkeitsthema wird in Stanz auch von Dieter Schabereiter weiter bespielt.
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- Über die Bürgerinitiative sind sie zur Kommunalpolitik gekommen. In der ersten Gemeinderatsperiode sind sie in den Gemeinderat nachgerückt, seit dem Jahr 2020 sind sie Vizebürgermeister, jetzt Bürgermeister. Ich nehme an, dass sie als Bürgermeisterkandidat für die BI in die Gemeinderatswahl gehen werden?
So ist der Plan. Wir sind gerade dabei, ein gutes Team zu formen. Ältere Unterstützer wollen leiser treten, dafür rücken jüngere nach. Dass jüngere Menschen Verantwortung für den Ort übernehmen, ist uns als Bürgerinitiative ein wichtiges Anliegen. Auch vor „neuen“ Fraktionen haben wir keine Angst, ganz im Gegenteil: Herbei mit neuen Ideen, wenn sie unseren Ort weiterbringen. Was wir nicht brauchen, das wäre parteipolitisch motivierter Populismus.
- Sie selbst sind in der Voestalpine Tubulars beschäftigt. Wie lassen sich Beruf und Bürgermeisteramt unter einen Hut bringen?
Auch hier gab es eine längere Vorlaufzeit und es war keine überhastete Entscheidung. Aktuell ist es noch herausfordernd, weil eine Stundenreduzierung im Rohrwerk erst ab September möglich ist. Während dieser Zeit muss vor allem die Familie zurückstecken, aber auch das haben wir uns ausgeredet. Es ist machbar.

- Zeit für Hobbys? "Wir haben ein altes Haus zu erhalten, da braucht man eigentlich keine Hobbys mehr."
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- Wie viel Zeit bleiben einem Bürgermeister für Hobbys?
Momentan sehr wenig. Ich schaue schon darauf, dass ich mir die Wochenenden für die Familie freispielen kann. Wenn Zeit bleibt, dann fahre ich gerne mit dem Rad aus, wenn möglich ohne Sturz – und sollte mir wirklich langweilig werden, so habe ich ein altes Haus, dass zwar bereits von Grund auf saniert ist, aber es bleibt immer etwas zu tun. Und ich bin auch in die Planungen für die Eisschützen-Weltmeisterschaft im Jahr 2025 involviert, die in der Stanz den Weitenbewerb austragen wollen; die Hauptbewerbe finden in der Kapfenberger Eishalle statt. 32 Nationen haben sich angekündigt. Eine Herausforderung für uns, weil wir die rund 130 Meter lange Eisbahn mit Kunsteis separat errichten müssen. Ein Bewerb auf dem Malburgteich kommt nicht infrage, es braucht eine Eisgarantie dazu.
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