Nach Corona-Demo
Linzer Apotheker beschäftigt Disziplinarrat
Ein Linzer Apotheker solidarisiert sich mit den Corona-Protesten, wird dabei gefilmt und ist nun ein Fall für den Disziplinarrat der Apothekerkammer. Wir haben mit dem Betroffenen und der Kammer gesprochen.
LINZ. Die Linzer Landstraße am 1. Dezember 2021: Tausende Demonstranten legen stundenlang die Innenstadt lahm. Sie protestieren gegen die Corona-Maßnahmen und besonders gegen die angekündigte Impfpflicht. Die Stimmung ist, wie so oft in diesen Tagen, teils euphorisch, teils aufgeheizt – und sie springt fallweise auch auf Zuschauer über. So wie bei einer Szene am Rand der Demo, die nun sogar den Disziplinarrat der Apothekerkammer beschäftigt. Der Grund: Vor der Apotheke "Zum schwarzen Adler" solidarisieren sich ganz offensichtlich drei Personen mit den Demonstranten. Sie stimmen in die "Wir sind das Volk"-Sprechchöre ein, die Frau klatscht im Takt mit, einer der Männer streckt die Faust zum Himmel. Das besondere an der Situation: Es handelt sich dabei um den Leiter der Apotheke, seine Frau und einen Mitarbeiter. Ein Video von der Szene kursiert seit Tagen im Netz und sorgt für Diskussionen in den Sozialen Medien. Der Apotheker wird als "Schwurbler" bezeichnet und zum Boykott aufgerufen.
Widerspruch zur Ausbildung
Auch bei der Apothekerkammer ist man alles andere als erfreut. Präsidium und Direktion distanzieren sich gegenüber der BezirksRundSchau "auf das Schärfste" von der Aktion ihres Mitglieds. "Die Bilder der Protestdemonstration gegen die Corona-Maßnahmen aus Linz stehen absolut im Widerspruch zu unserer evidenzbasierten Ausbildung und der ausdrücklichen Befürwortung der COVID-19-Schutzimpfung. Der vorliegende Fall wird daher dem Disziplinarrat unverzüglich zur Kenntnis gebracht werden", heißt es in der Stellungnahme.
Warten auf den Totimpfstoff
Aber was sagt der Betroffene? Die BezirksRundSchau hat Gerhard Süß am Telefon erreicht. Er sei kein politisch engagierter, sondern ein einfacher Mensch, der sich gerne für andere einsetzt, sagt er gleich zu Beginn. Die Corona-Impfstoffe sehe er kritisch, vor allem weil das mit der Zulassung viel zu schnell gegangen sei und die Studien abgekürzt worden wären (was Experten zu diesem und anderen Argumenten sagen, lesen Sie hier, Anm.). Darüber werde in den "Leitmedien" viel zu wenig berichtet. Süß wartet lieber auf einen "Totimpfstoff", weil das ein althergebrachtes Verfahren sei. Impfgegner sei er aber keiner und habe auch kein Problem mit anderen, jahrzehntelang erprobten, Impfstoffen. "Wir sind auch nicht irgendwie homöopathisch angehaucht, ich bin ein Anhänger der Schulmedizin", sagt Süß. Aber er stehe zu seiner Kritik, wie einige andere Apotheker auch.
"Die Leute werden alleine gelassen"
Doch es sei nicht nur der Impfstoff, der Süß störe. Zwar habe er am Anfang der Corona-Pandemie die Maßnahmen der Regierung verstanden und es habe ihm auch gefallen, dass alle an einem Strang gezogen haben. Mittlerweile sehe er die Maßnahmen aber sehr kritisch. Als Beispiel nennt Süß das Prozedere bei positiven Testergebnissen. Die Menschen würden in Quarantäne geschickt, aber nicht behandelt. Seiner Meinung nach müssten Ärzte oder Gesundheitspersonal mit den Leuten Kontakt aufnehmen und schon früher medikamentös eingreifen. "So wartet man, bis es den Leuten schlechter geht und dann kommt es zu Hospitalisierungen", sagt Süß. Es gäbe ja Medikamente, die zumindest Linderung verschaffen könnten. "Die Leute werden alleine gelassen", sagt Süß. Ob er Österreich auf dem Weg in eine Corona-Diktatur sieht, wie viele der Demonstranten? "Ich würde das nicht so bezeichnen, aber es geht schon ein bisschen in die Richtung", sagt Süß.
Ein "absoluter Ausnahmefall"
Für die Apothekerkammer ist Süß ein "absoluter Ausnahmefall". Unter den österreichweit knapp 6.400 Apothekern gebe es eine fast 90-prozentige Impfquote. Wie es mit Süß weitergeht, liegt nun ganz in der Hand des Disziplinarrats. Der ist nämlich ein unabhängiges, gewähltes Gremium, das selbst entscheidet, wie mit dem Fall umzugehen ist. Er besteht aus einem rechtskundigen Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Diese werden zuerst einmal mit allen Beteiligten sprechen, um zu klären inwieweit das Verhalten des Apothekers unter das Recht der freien Meinungsäußerung fällt oder nicht. Die möglichen Konsequenzen reichen von einem Verweis über Geldstrafen bis zu einem Berufsverbot.
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