Terra Raetica
Baumschläfer "Dryomys nitedula" wird im Oberland erforscht

- Der Baumschläfer ist eine seltene Kleinsäugerart und verwandt mit dem Siebenschläfer.
- Foto: Judith Eicher
- hochgeladen von Othmar Kolp
PFUNDS, SERFAUS, ÖTZTAL. Neues Interreg-Projekt: Grenzüberschreitender Schulterschluss für Erforschung und Schutz einer seltenen Kleinsäuger-Art in der Terra Raetica.
Der Baumschläfer "Dryomys nitedula"
Baumschläfer zählen gemeinsam mit den Siebenschläfern, den Gartenschläfern und den Haselmäusen zur Familie der Bilche bzw. Schlafmäuse. Während Haselmäuse und vor allem Siebenschläfer weit verbreitet sind, ist der Baumschläfer eine seltene Erscheinung. Der buschige Schwanz, das dunkelgraue Rückenfell und die schwarze Gesichtszeichnung sind typische Merkmale dieses mausgroßen Nagetiers. Der Baumschläfer legt freistehende Nester an oder nutzt Baumhöhlen. Den Winterschlaf von Oktober bis April verbringt er in frostfreien Verstecken unter der Erde. Unterwuchsreiche, ältere Nadel- und Mischwälder mit lückigem Kronendach, meist in der Nähe von Gewässern oder Feuchtgebieten (insbesondere Moore) sind der typische Lebensraum des Baumschläfers. Der überwiegend nachtaktive Baumschläfer ernährt sich von Früchten, Nüssen, Samen und Knollen. Der Anteil tierischer Kost in Form von Insekten, Spinnen und Regenwürmern variiert je nach Jahreszeit und ist vor allem im Herbst zur Anlage von Fettreserven hoch.
Mit ihrer Bindung an Gehölze verlieren die heimischen Bilche zunehmend an Lebensraum. Zu Gunsten von Infrastrukturprojekten sowie land- und forstwirtschaftlichen Interessen verschwinden vielerorts Hecken, strauchreiche Flächen und natürliche Mischwälder. Innerhalb der Europäischen Union gelten daher für den Baumschläfer strenge Schutzbestimmungen, welche in der Fauna-Flora Habitat Richtlinie festgelegt sind und sich demnach auch in Österreich und Italien in den Naturschutzgesetzen wiederfinden.

- Der Baumschläfer ist eine seltene Kleinsäugerart und verwandt mit dem Siebenschläfer.
- Foto: Judith Eicher
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Verbreitung des Baumschläfers in der Region Terra Raetica
Aus Südtirol sind zwei historische Funde des Baumschläfers aus den Jahren 1880 und 1912 bekannt. Anschließend konnte erst im Jahr 2000 erneut ein Baumschläfer nördlich von Bozen auf 1.770 Meter nachgewiesen werden. Seitdem erfolgten in Südtirol an insgesamt 20 Standorten Nachweise der Art. Erfreuliches weiß Eva Ladurner, Expertin für Kleinsäuger am Naturmuseum Südtirol, gerade jetzt zu Projektbeginn aus dem Vinschgau zu berichten: „Die jüngsten Nachweise des Baumschläfers stammen vom Juni und Juli 2020 aus dem Martelltal."
Für Österreich können aufgrund mangelnder Funde und Untersuchungen nur schwerlich Aussagen über die aktuelle Verbreitung des Baumschläfers getroffen werden. Ergebnisse von in den letzten Jahren durchgeführten Kartierungen legen nahe, dass der Baumschläfer am Alpenrand bereits verschwunden ist, während er in den Alpen noch anzutreffen ist. „In Nordtirol lassen mehrere historische Nachweise bis zum Jahr 1977 und das Vorhandensein gut geeigneter Lebensräume ein heutiges Vorkommen des Baumschläfers möglich erscheinen,“ meint Stefan Resch, Experte für Kleinsäugetiere des Büros apodemus in Haus im Ennstal.
In der Schweiz wurde der Baumschläfer seit dem Jahr 2000 an etwas mehr als einem Dutzend Standorten nachgewiesen. Diese Nachweise stammen vor allem aus dem Unterengadin. Bis 2011 waren aus dem Münstertal keine Belege für den Baumschläfer bekannt. Aktuell konnte der Baumschläfer in Müstair nahe der italienischen Grenze nachgewiesen werden.

- Projekt-Start: Natura Raetica Expertentreffen zum Baumschläfer am 8. Juli in Strada.
- Foto: A. Abderhalden
- hochgeladen von Othmar Kolp
Projektziele „Der Baumschläfer in der Terra Raetica“
Derzeit gibt es wenig Wissen über den Baumschläfer im Alpenraum. Informationen zu seinen Lebensraumansprüchen und Populationsdichten fehlen weitgehend. Wo kommt er vor? Sind die bestehenden Populationen Inselvorkommen? Gibt es einen Austausch zwischen diesen Gebieten? Wie groß muss der Lebensraum des Baumschläfers sein? Welche weiteren Ansprüche hat er an seinen Lebensraum?
Diese Fragestellungen gilt es im rätischen Dreieck, dem westlichsten Verbreitungsgebiet dieser Art, im Rahmen des Projektes „Der Baumschläfer Dryomys nitedula in der Terra Raetica“ zu beantworten, erklärt Ulrike Totschnig, Koordinatorin des Arbeitskreise "Natura Raetica. Als erster Schritt sollen zuverlässige Methoden zur Erhebung von Baumschläfer-Vorkommen ermittelt und seine Lebensraumansprüche, seine Ökologie und seine Sensibilität gegenüber anthropogener Störung erforscht werden. Eine Kombination verschiedener Methoden (Nistkästen, Wildtierkameras, Spurentunnel und genetische Analysen) wird dabei angewandt. Gleichzeitig zu den Expertenarbeiten soll die Öffentlichkeit für den Baumschläfer sensibilisiert werden, auch Mithilfe des Citizen-Science-Ansatzes. Schulen werden im Rahmen von Umweltbildungsangeboten eingebunden. Thomas Schmarda, Geschäftsführer des Naturparks Ötztal dazu: „Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollen für grenzüberschreitende Maßnahmen zur Förderung des Baumschläfers in der Terra Raetica genutzt werden.“ Es gibt ältere Nachweise des Baumschläfers in den Gemeinden Oetz, Sölden, Serfaus und Pfunds. Das Forschungsprojekt setzt daher den Schwerpunkt auf diese Regionen.

- Der Siebenschläfer ist ein sehr scheues Tierchen.
- Foto: Maurizio Bedin
- hochgeladen von Othmar Kolp
Projektpartner und Projektfinanzierung
Das Projekt des Naturparks Ötztal mit den Partnern Nationalpark Stilfserjoch und UNESCO Biosfera Engiadina Bassa Val Müstair wird unterstützt von Regio Imst (Regionalmanagement für den Bezirk Imst). Die Projektlaufzeit ist von Juli 2020 bis März 2022. Die Kosten des grenzüberschrteiteneden Projkets belaufen sich auf 49.280 Euro, wobei 70 Prozent von der EU im INTERREG-Programm (Italien – Österreich) und vom Land Tirol – Abteilung Umweltschutz gefördert werden. Als Wissenschaftliche Partner fungieren "apodemus - Privates Institut für Wildtierbiologie" (Haus im Ennstal, Österreich), das Naturmuseum Südtirol (Bozen, Italien), "Öko Tester - Ökologische Gutachten und Inventare" (Basel, Schweiz) sowie "SWILD - Verein für Stadtökologie, Wildtierforschung und Kommunikation" (Zürich, Schweiz).
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