Infos für angehende Eltern
MeinBezirk bringt Klarheit ins Thema Karenz

- Michael Fischer hat unmittelbar im Anschluss an den Mutterschutz seiner Frau Bettina Karenz in Anspruch genommen.
- Foto: Hahn
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Österreich ist ein Land der Bürokratie. Ein Fahrplan durch den Karenz-Dschungel spielt angehenden Eltern daher in die Arme. Karenz kann entweder von einem Elternteil oder von beiden in Anspruch genommen werden. Weil es von hier an etwas kompliziert wird, hat MeinBezirk recherchiert und eine schrittweise Anleitung durch den österreichischen Karenz-Dschungel erstellt.
REGION. Karenz bezeichnet die Erlaubnis, trotz eines aufrechten Arbeitsvertrages bei seinem Kind zu Hause bleiben zu dürfen. Der Arbeitgeber darf diesen Anspruch nicht verweigern, Voraussetzung ist allerdings ein gemeinsamer Wohnsitz mit dem Kind.
Die Karenz kann frühestens mit Beendigung des Mutterschutzes (Beschäftigungsverbot) starten. Die Mutterschutzfrist beginnt acht Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet acht Wochen nach dem tatsächlichen Geburtstermin. Sollte der errechnete Geburtstermin aber beispielsweise der 14. April sein, der tatsächliche jedoch der 19. April, so werden diese Tage an die Mutterschutzzeit angehängt.
Finanzielle Aspekte
Wer jetzt denken sollte, dass sich acht Wochen Mutterschutz nach der Geburt und die ersten acht Wochen (zwei Monate) Karenz überschneiden, liegt völlig richtig. Das Geld, das eine Mutter in diesem Zeitraum bezieht, ist übrigens das jeweils höher bemessene. Ist das Wochengeld während des Mutterschutzes also mehr als das Kinderbetreuungsgeld, ruht das Kinderbetreuungsgeld. Dasselbe gilt natürlich für den umgekehrten Fall.
Die Mindestdauer der Karenz beträgt dann zwei Monate. Sie kann maximal bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes vollzogen werden. Beispiel: wurde das Kind am 12. Mai 2024 zur Welt gebracht, läuft die Karenzzeit am 11. Mai 2026 ab. Der erste Arbeitstag wäre somit der 12. Mai 2026, sprich der zweite Geburtstag des Kindes.
Nach Beendigung der Karenz gelten übrigens noch vier Wochen absoluter Kündigungs- und Entlassungsschutz.
Meldung
Die Meldung der Karenz muss schriftlich erfolgen (am besten per Einschreiben). Die Arbeiterkammer bietet dafür Musterschreiben an. Sollte eine Mutter gleich im Anschluss an den Mutterschutz in Karenz gehen wollen, reicht es, wenn sie das innerhalb ihres Beschäftigungsverbots bekanntgibt. Der Vater muss es innerhalb von acht Wochen nach der Geburt des Kindes beim Arbeitgeber melden.
Arbeitgeber, die vor dem Geburtstermin darauf drängen zu wissen, wie lange man in Karenz sein möchte, sollten mit dieser Information unbedingt auf die Zeit nach der Geburt vertröstet werden. Der Grund dafür wird im Verlauf des Artikels erläutert.
Karenzwechsel
Leider dürfen in Österreich Mutter und Vater nicht zeitgleich in Karenz für dasselbe Kind gehen. Eine Überschneidungszeit von einem Monat ist jedoch möglich. Weil dieser Monat als doppelt gewertet wird, verkürzt sich die Gesamtdauer der Karenz um einen Monat.
Insgesamt kann die Gesamtkarenzzeit zwei Mal geteilt werden, sodass bis zu drei Teile entstehen können. Auch hier beschränkt sich die maximale Länge bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Zwischen den Karenzteilen darf keine Zeitlücke entstehen, das heißt, die Karenz von Elternteil B muss nahtlos an die Karenz von Elternteil A anschließen.
Spätestens drei Monate vor Ablauf des ersten Karenzteils muss die eigene gemeldet werden. Weil erst vier Monate vor Antritt absoluter Kündigungs- und Entlassungsschutz besteht, empfiehlt die Arbeiterkammer, die Meldung nicht früher zu vollziehen. In diesem sicheren Zeitfenster von einem Monat sollte die (schriftliche und eingeschriebene) Meldung beim Arbeitgeber erfolgen.
Papamonat
Innerhalb des Beschäftigungsverbots der Mutter kann der Vater den sogenannten Papamonat beziehen. Der Arbeitgeber darf einen Papamonat bei zeitgerechter Beantragung (drei Monate vor errechnetem Geburtstermin) nicht verweigern. Auch hier empfiehlt es sich erneut, zugunsten des Kündigungsschutzes nicht früher als vier Monate vorher zu beantragen. Voraussetzung für die Gewährung eines Papamonats ist auch ein gemeinsamer Haushalt mit Mutter und Kind.
Nach dem tatsächlichen Geburtstermin muss der Arbeitgeber innerhalb einer Woche über den Startzeitpunkt des Papamonats informiert werden. Während des Papamonats wird seitens des Arbeitgebers kein Geld bezahlt. Für finanzielle Einkünfte während dieser Zeit muss binnen 91 Tagen nach Geburt der Familienzeitbonus bei der Österreichischen Gesundheitskasse beantragt werden. Voraussetzungen dafür sind der Anspruch auf Familienbeihilfe, ein gemeinsamer Haushalt sowie eine vorangegangene Erwerbstätigkeit von zumindest 182 Tagen.
Der Familienzeitbonus beträgt 52,46 Euro täglich und gewährleistet die Versicherung des Vaters während des Papamonats.
Aufgeschobene Karenz
Es besteht auch die Möglichkeit, drei Karenzmonate bis zum siebenten Geburtstag des Kindes aufzuschieben. Wer das vor hat, für den gelten die bereits erwähnten Meldungs-Bedingungen und Fristen.
Ein Aufschub kann beispielsweise bei der Einschulung des Kindes von Vorteil sein. Wenn die erste Karenzzeit mit dem vollendeten 21. Lebensmonat des Kindes geendet hat, kann man als Mutter oder Vater eine aufgeschobene Karenz vereinbaren. Beide Elternteile können das, wenn die gemeinsame Karenzzeit bereits mit dem vollendeten 18. Lebensmonat geendet hat.
Zeit-Unsicherheit
Wer kurz nach der Geburt noch unschlüssig ist, wie lange er in Karenz gehen möchte, sollte zunächst lieber eine kürzere Karenzzeit beantragen. Man kann die Karenzzeit gesetzlich nämlich problemlos erweitern, aber nicht ganz so problemlos verkürzen. Spätestens drei Monate vor Ablauf des zuerst bekanntgegebenen Endzeitpunktes kann man die Karenz ohne Zustimmung des Arbeitgebers verlängern. Das ist grundsätzlich nur einmal möglich.
Hat man aber beispielsweise die volle Karenzzeit beantragt – sprich bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes – braucht es eine Zustimmung des Arbeitgebers, wenn man diese verkürzen möchte. Das ist im Übrigen auch der Hauptgrund, warum man sich von seinem Arbeitgeber nicht auf die vorzeitige Festlegung der Karenzzeit drängen lassen sollte. Denn es kann dann passieren, dass man seinen Partner blockiert und dieser keine Möglichkeit mehr auf Karenz hat.
Arbeiten während der Karenz
Unter gewissen Voraussetzungen ist es möglich, während der Karenzzeit zu arbeiten. Die Geringfügigkeitsgrenze (518,44 Euro, Stand Juli 2024) darf dabei aber nicht überschritten werden. Bei Zustimmung des eigenen Arbeitgebers würde für den Karenzzeitraum ein extra befristetes Arbeitsverhältnis zustandekommen. Für einen Nebenjob bei einem anderen Arbeitgeber benötigt man auf jeden Fall die Zustimmung des eigentlichen Arbeitgebers.
Kinderbetreuungsgeld
Neben der gemeinsamen Zeit mit dem eigenen Kind ist die zweite wichtige Komponente natürlich das Geld. Dieses wird umgangssprachlich als Karenzgeld bezeichnet, es handelt sich dabei aber um einen Begriff aus der Vergangenheit, als die Karenz und der finanzielle Bezug noch deckungsgleich waren. Das ist heute nicht mehr so.
Die korrekte Bezeichnung lautet heute "Kinderbetreuungsgeld". Dieses wird beim Krankenversicherungsträger beantragt. Die Bezugsdauer dieses Einkommens muss sich nicht zwingend mit der Dauer der Karenz decken. Bei "Karenz" und "Kinderbetreuungsgeld" handelt es sich um zwei eigenständige Instanzen.
Sowohl leibliche als auch Adoptiv- oder Pflegeeltern haben ab der Geburt des Kindes Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld. Vorausgesetzt ist der Bezug von Familienbeihilfe, ein gemeinsamer Wohnsitz sowie natürlich die Einhaltung der Zuverdienstgrenzen. Die Höhe ist abhängig vom gewählten Modell:
1. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld
2. Das pauschale Kinderbetreuungsgeld
Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld
Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld berechnet sich aus dem Einkommen, das man vor Antritt der Karenz bezogen hat. Zwar sind gesetzlich 80 Prozent der Letzteinkünfte geregelt, die Obergrenze ist dennoch mit 76,60 Euro pro Tag gedeckelt.
Das Modell eignet sich für gutverdienende Personen, die sich für eine eher kürzere Karenz entschieden haben. Voraussetzung ist, dass man zumindest 182 Tage sozialversicherungspflichtig erwerbstätig war. Diese Erwerbstätigkeit müssen Mütter vor Beginn des Beschäftigungsverbotes vorlegen, Väter vor dem errechneten Geburtstermin des Kindes.
Bei alleinigem Bezug steht Elternteilen das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld bis zum 365. Tag nach der Geburt zu. Sollte es als Paar bezogen werden, verlängert sich die Frist auf den 426. Tag.
Das pauschale Kinderbetreuungsgeld
Beim pauschalen Kinderbetreuungsgeld (auch Kinderbetreuungsgeld-Konto oder kurz KBG-Konto genannt) haben beide Elternteile einen Gesamtbetrag von 17.934,50 Euro zur Verfügung (Stand 2024). Bezieht man das Geld alleine, beträgt der Betrag 14.355 Euro (Stand 2024). Je länger man in Karenz ist, desto geringer fällt folglich der Tagessatz aus, der zwischen 16,87 und 39,33 Euro liegt (Stand 2024).
Beim alleinigen Bezug ist eine Mindestdauer von 365 Tagen Voraussetzung. Das Maximum liegt beim 851. Tag nach der Geburt des Kindes. Teilen sich die Eltern das Kinderbetreuungsgeld, liegt die kürzeste Bezugsdauer bei 456, die maximale bei 1.063 Tagen.
Wichtig: wer Kinderbetreuungsgeld bezieht, ist dadurch sozialversichert. Wer länger in Karenz ist als er Kinderbetreuungsgeld bezieht, muss sich nach Bezugsende selbst- oder mitversichern. Alfred Jordan, Leiter der Arbeiterkammer Korneuburg klärt auf:
"Das einkommensabhängige Modell ist eher Gutverdienern zu empfehlen. Doch Lebenssituationen sind individuell. Daher kann ich nur jedem ans Herz legen, den Karenzgeldrechner der Arbeiterkammer zu nutzen und eine persönliche Beratung zu vereinbaren. Wir bieten auch in Kooperation mit der Krankenkassa Gruppenberatungen und Vorträge an. Seit Corona haben wir auch Online-Formate bei denen wir Beratungen machen."
Partnerschaftsbonus
Sollten Eltern zu annähernd gleichen Teilen Kinderbetreuungsgeld bezogen haben (im Verhältnis 50:50 bis maximal 60:40) und das jeweils für mindestens 124 Tage, erfüllen sie die Voraussetzung für den Partnerschaftsbonus. Dieser beträgt 500 Euro pro Elternteil (also insgesamt 1.000 Euro) und wird bei Antragstellung nach Ende des Gesamtbezugszeitraums fällig.
Elternteilzeit
Nach der Karenz hat man unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Elternteilzeit. Dazu müssen in dem Betrieb in dem man arbeitet zumindest 21 Personen beschäftigt sein. Man selbst muss bereits drei Jahre am Stück dort gearbeitet haben. Und auch ein gemeinsamer Haushalt mit oder zumindest eine gemeinsame Obsorge nach einer Trennung von einem Partner sind vorausgesetzt. Das Kind muss zudem jünger als sieben Jahre sein.
AK-Leiter Korneuburg Alfred Jordan:
Das einkommensabhängige Modell ist für Gutverdiener eher zu empfehlen. Doch Lebenssituationen sind individuell. Daher kann ich nur jedem empfehlen, den Karenzgeldrechner der Arbeiterkammer zu nutzen und eine persönliche Beratung zu vereinbaren. Wir bieten auch in Kooperation mit der Krankenkassa Gruppenberatungen und Vorträge an. Seit Corona haben wir auch Online-Formate bei denen wir Beratungen anbieten.
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