Star-Forensiker zu Besuch
"Dr. Death" wollte unseren Kärnten Sarg sehen
Ein vermeintliches Blutwunder, Begeisterung für den Kärnten Sarg und ein ideologisch aufgeladener Fall aus der Nachkriegszeit: Star-Forensiker Mark Benecke hielt gestern ein Seminar in Klagenfurt.
KLAGENFURT. Dass Star-Forensiker Mark Benecke gestern für ein Seminar in der Bestattung Klagenfurt in Annabichl ganz in schwarz – seiner Lieblingsfarbe – kam, war nicht weiter verwunderlich. Seelenruhig signierte der mehrfache Kölner Buchautor am Nachmittag Buch um Buch für sein Publikum – Polizisten und Mitarbeiter der Bestattung Kärnten. Für die Veranstaltung zeichnete sich die IPA-Akademie gemeinsam mit dem Klagenfurter Bestattungsunternehmen verantwortlich.
"Kaufen auch Deutsche den Kärnten Sarg?"
Ganz entspannt gab sich Benecke auch, als er um Fotos gebeten wurde, im Zuge eines Gesprächs mit MeinBezirk.at erfährt er zufällig, dass die Bestattung einen eigenen "Kärnten Sarg" verkauft. „Ihr habt einen regionalen Sarg – das muss ich sehen“, sagte Benecke begeistert. Im Keller, wo der Kärnten Sarg mit dem typischen Blumenmusters ausgestellt ist, schlüpfte Ingo Sternig von der Bestattung Kärnten in die Rolle des Sarg-Experten und erklärte den tausende Followern von Benecke, was es mit dem Kärnten Sarg auf sich hat. "Der Sarg besteht aus Lindenholz, da die Linde in Kärnten eine große Bedeutung hat", sagte Sternig. "Kommt es auch vor, dass Deutsche dieses Modell kaufen“, fragte Benecke. "Ja, wir hatten beispielsweise ein deutsches Pärchen, die Frau kaufte ihrem Mann diesen Sarg, da er ein großer Kärnten-Fan war“" antwortete Sternig. Auch von der Kärntner Zirben-Urne zeigte sich der Kriminalbiologe begeistert.
Die erste Leiche am Bildschirm
Nach diesem Exkurs startete Mark Benecke mit seinem Vortrag, auf dem Screen erschien das Foto einer nackten Frauenleiche. Anhand eines komplizierten Mordfalls aus der Nachkriegszeit, bei dem eine Sexarbeiterin in Berlin zu Tode kam, wollte der Forensiker eines klar machen: Die Beweise und Messungen aus der Naturwissenschaft liefern Erkenntnisse fernab von ideologischen Verzerrungen.
Ein absurder Freispruch
"Die Strangmarken am Hals der Leiche am kennt ihr sicher alle von den Suizidenten. Eine Strangmarke ist jedoch nicht immer ein Tötungsdelikt", sagte Benecke. Dass die Tote erwürgt wurde, war demnach nicht restlos zu beweisen. Sexarbeiterinnen ließen sich zu dieser Zeit eine Seifenlauge zum Abtreiben in den Körper spülen und hatte schlechte Zähne, die Leiche wies Merkmale einer Herzmuskelentzündung auf. War der Beschuldigte, der zuvor Geschlechtsverkehr mit der Verstorbenen hatte, doch nicht der Mörder? Benecke zeigte anhand des Freispruchs auf, wie absurd mit Beweismitteln argumentiert wurde und wie patriarchal dominiert die deutsche Rechtssprechung einst war.
Das vermeintliche Blutwunder aus Bayern
Faszinierend auch das folgende Fallbeispiel: Beim nächsten Fall berichtete der Kölner Forensiker von seinen Untersuchungen zu Therese Neumann aus Bayern, diese fing immer wieder an den Händen und aus den Augen zu bluten an. Benecke näherte sich diesem vermeintlichen Blutwunder ganz pragmatisch. "Wir denken nicht, wir führen Experimente durch. Egal, was ihr gesehen habt, jeder Fall ist anders", sagte der Kriminalbiologe. Er zeigte Fotos, wie er im Zuge eines Experiments feststellte, dass Blut, wenn es aus den Augen läuft, längliche Nasen bildet, und nicht wie bei Neumann gerade die Wangen hinunter läuft. Die Schlussfolgerung: Therese Neumann kratzte sich selbst, um das Blutwunder zu inszenieren. Dass Benecke auch trockenen Humor hat, wurde an einem Hinweis deutlich: „Dass die DNA des Blutes von Neumann stammt, wissen wir, da wir sie von Briefmarken haben. Aus der Erbsubstanz von Briefmarken könntet ihr klonen, aber das ist verboten."
Die Veranstalter
Der Vortrag des Deutschen gestern, war ein Vortrag aus der Seminarreihe "Jugend&Gewalt", die von der IPA (International Police Association) veranstaltet wurde. Bis auf diese Veranstaltung kamen Vortragende wie Jugendrichter Dr. Jürgen Dumpelnik, Historiker Alexander Verdnik, Markus Brandt oder Thantologe Martin Prein für Seminar ins Bildungshaus Krastowitz nach Klagenfurt. Peter Schweiger (Abteilungsleiter IPA-Akademie) und Polizist Christian Pöschl freuten sich über eine erfolgreiche Veranstaltungsserie.
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