Chefinspektor zu Online-Betrug
"Die Situation spitzt sich jetzt zu"

Chefinspektor Rainer Tripolt vom Landeskriminalamt warnt vor Betrügern. | Foto: stock.adobe.com/JaRiRiyawat/Symbolfoto/LPD Rainer Tripolt
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Es vergeht kaum ein Tag, an welchem nicht von Internet- und Telefonbetrügereien berichtet wird. Zuletzt wurde eine 58-jährige Frau aus Villach-Land Opfer des "Tochter-Tricks". Sie überwies einen fünfstelligen Betrag an ihre vermeintliche "Tochter" (wir berichteten). MeinBezirk.at fragte bei Chefinspektor Rainer Tripolt vom Landeskriminalamt zu dieser Thematik nach, vor allem auch, wie man sich am besten davor schützen kann.

KÄRNTEN. Auf die Frage, ob es einen Anstieg in Bezug auf die Online-Kriminalität im heurigen Jahr gegeben hat, meint Chefinspektor Rainer Tripolt von der Kriminalprävention vom Landeskriminalamt: "Es ist sicher nicht zu leugnen, dass es da einen Anstieg gegeben hat. Die Kriminalität, die sich ins Internet verlagert hat, ist ja kein neues Phänomen. Aber es spitzt sich jetzt zu, weil die Möglichkeiten der Täter hier Beute zu machen, einfach sehr groß sind". Von einem Rekordjahr der Online-Kriminalität will Tripolt dennoch nicht sprechen, jedoch sei dieses Jahr "sicher ein Jahr, das auffallen wird".

Häufigste Maschen

Im Moment wird sehr häufig die Masche des falschen Polizisten, aber auch der Tochter-Sohn-Trick angewendet. Das Kind hat das Handy versenkt oder verloren, die "Polizei" ruft an, Tochter, Sohn oder Enkelin ist in einen Unfall verwickelt, sitzt in Haft, muss ausgelöst werden, weil die Versicherung sonst nicht zahlt - das wären unter anderem die gängigsten Maschen. "Wenn wir uns auf eine Masche konzentrieren und darauf reagieren, dann findet eine neue Masche Anwendung“, so Tripolt, der auf den rasanten Wechsel der Betrugsmaschen hinweist.

Emotionen spielen große Rolle

Die Täter versuchen dabei immer die Emotionen der Leute zu wecken. Tripolt dazu: "Es wird immer eine Geschichte erzählt und diese Geschichte berührt die Menschen, sie geht ihnen sehr nahe. Personen werden erwähnt, die in diese fiktive Geschichte involviert sein sollen und die angerufene Person hat einen Bezug dazu". Tripolt weiter: "Sobald Emotionen im Spiel sind, ist es sehr schwierig, aus dieser Falle wieder herauszusteigen".

Täter arbeiten professionell

Vor Augen gehalten werden muss, dass die Täter professionell arbeiten, sie recherchieren vor jedem Betrug. Wenn sie beispielsweise ältere Menschen betrügen wollen, dann suchen sie nicht mehr nur in den Telefonbüchern nach älter klingenden Namen, sondern sie schauen sich im Internet auch Organisationen an, wie beispielsweise einen Seniorenbund oder Pensionistenverein. "Je nachdem, wen sie ansprechen wollen, recherchieren die Täter vorab gründlich", schildert Tripolt das Vorgehen der Täter. Anrufer und Betrüger sind nicht immer die gleiche Person.

Testanrufe

Es werden im Vorfeld beispielsweise auch Testanrufe gemacht. Die Betrüger geben sich als seriöses Umfrageinstitut aus (nach dem Motto "Dürfen wir Sie für eine wissenschaftliche Studie ein paar Daten abfragen, das wird alles anonym behandelt"). Somit können die Betrüger Geschlecht, Alter, den sozialen Status (alleinlebend in einem Haus oder einer Wohnung) herausfinden. Diese "Recherchedienste" signalisieren den späteren Betrugsanrufern, wo sie ein leichtes Spiel haben können, wo die Personen nicht argwöhnisch sind, sehr hilfsbereit sind etc.

Auf Bauchgefühl hören

"Bankinstitute, Versicherungen und die Polizei fragen niemals am Telefon nach Wertgegenständen ab", erläutert der Kriminalist weiter. Es wird von diesen Einrichtungen auch niemals zu einer Aktivierung eines Links per E-Mail verleitet. Wenn jemanden der Anruf, die E-Mail oder die WhatsApp-Nachricht komisch vorkommt, also sich ein ungutes Baugefühl einschleicht, dann sollte man unbedingt auf dieses Gefühl hören. Dieses ungute Gefühl sollte lieber zum Auflegen ermächtigen.

"Lieber einmal zu viel auflegen"

"Unbedingt sollte man auch immer skeptisch sein und kritisch hinterfragen", ermahnt Tripolt. Fragen wie "Habe ich irgendwo teilgenommen?" "Bin ich bei dem Institut?" "Erwarte ich ein Packerl?" sollte man sich in so einer Situation unbedingt stellen. Dabei verweist er auf Nachrichten wie "Ihr Päckchen ist unterwegs", was Betrüger gerade jetzt in der Weihnachtszeit zum Vorwand nehmen. "Wachsamkeit, Argwohn und Skepsis sollen überwiegen", so Tripolt. "Jemand der es ernst meint, ruft eh wieder an. Ein Bekannter oder Verwandter ruft erneut an oder nimmt anders Kontakt auf. Lieber einmal zu viel auflegen und nicht die Neugierde bedienen und  beispielsweise etwas anschauen wollen, das mit einem Virus hinterlegt ist", verdeutlicht der Chefinspektor. 

Misstrauisch sein

Eine weitere verbreitete Masche ist die des Polizisten-Tricks, denn die Wirkung der Polizei wird von Betrügern immer wieder missbraucht. "Viele Leute denken sich, wenn die Polizei anruft, dann wird das schon seine Richtigkeit haben. Aber die Polizei ruft auf diese Art und Weise nicht an", warnt Tripolt. "In diesem Fall sollte man sagen 'Danke, geben Sie mir Ihre Nummer, ich rufe zurück'". Dies sollte man auch machen, wenn man beispielsweise Opfer des Tochter-Sohn-Tricks wird, dann sollte sofort mit den wirklichen Kindern Kontakt aufgenommen werden. "Da merkt man dann sehr schnell, dass die Betrüger abrupt abbrechen, weil mit solch kritischen Angerufenen wollen sie nichts zu tun haben. Sie wollen ja ein Geschäft machen. Sie wollen sich mit solchen Leuten nicht lange aufhalten. Da kommt der nächste und irgendwann bleiben die Betrüger hängen", stellt Chefinspektor Tripolt das Problem dar.

Aufklärungsquote gering

Die Aufklärungsquote ist bei diesen Fällen sehr gering, weil das Schamgefühl der Opfer eine große Rolle spielt. "Man gibt nicht gerne zu, dass man in die Falle getappt ist", weist Tripolt auf das Problem hin. Ferner stellt sich eine Rückverfolgung zu den Tätern als schwierig dar. "Die Polizei muss sich bei ihren Ermittlungen an Gesetzmäßigkeiten halten, der Täter kann von jedem Kontinent aus ohne großen Aufwand zuschlagen".

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