Kärntner Armutsstudie
"Bekämpfung der Armut hat oberste Priorität"

Jürgen Pfeiler (Volkshilfe), Marcel Leuschner (Diakonie de La Tour), Landesrätin Beate Prettner, Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig, Christian Eile (Caritas), Michaela Obrist (pro mente kärnten), Evelyn Dawid (Autorin der Kärntner Armutsstudie), Daniel Weidlitsch (Arbeiterkammer Kärnten), Landesrätin Sara Schaar, Ernst Sandriesser (Caritas). | Foto: Büro Landeshauptmann-Stellvertreterin Schaunig
  • Jürgen Pfeiler (Volkshilfe), Marcel Leuschner (Diakonie de La Tour), Landesrätin Beate Prettner, Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig, Christian Eile (Caritas), Michaela Obrist (pro mente kärnten), Evelyn Dawid (Autorin der Kärntner Armutsstudie), Daniel Weidlitsch (Arbeiterkammer Kärnten), Landesrätin Sara Schaar, Ernst Sandriesser (Caritas).
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Die Krisen der vergangenen Jahre haben die Zahl der armutsgefährdeten und -betroffenen Menschen nicht nur in Kärnten, sondern in ganz Österreich erhöht. Am gestrigen Mittwoch wurde die Kärntner Armutsstudie 2024 präsentiert.

KÄRNTEN. "Es ist unerträglich, dass in einem wohlhabenden Land wie Österreich Menschen um ihre Existenz ringen. Die Bekämpfung von Armut hat oberste Priorität. Nachhaltig bekämpfen kann man aber nur einen Gegner, den man genau kennt. Daher haben wir diese Studie in Auftrag gegeben, die uns nun einen tiefen Einblick in die Lebenssituation armutsbetroffener Kärntner sowie in den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden in Sozialämtern und -organisationen gibt", erklärten Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig und die Landesrätinnen Beate Prettner und Sara Schaar in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Armutsnetzwerk-Obmann Christian Eile und Studienautorin Evelyn Dawid.

Ursachen für Armut

Häufige Ursachen beziehungsweise Auslöser für Armut sind Krankheit, prekäre Arbeit oder Bildungsabbrüche, aber auch Gewalterfahrungen. Zudem ist Armut vielfach vererbt. Wer Armut als Kind erlebt hat, befreit sich daraus oft nur schwer. "Armut ist ein strukturelles und kein individuelles Versagen. Es leitet sich aus der Studie eindeutig ab, dass wir mit einer Kindergrundsicherung den Teufelskreis Armut in vielen Fällen durchbrechen könnten", betonte Sozialreferentin Schaunig. 

"Es kann jeden von uns treffen"

Landesrätin Prettner wies auf die Tatsache hin, dass "leider zu viele armutsbetroffene Menschen aus falscher Scham" Unterstützungen, die das Land und zahlreiche Organisationen bieten, nicht annehmen würden. "Oder aber sie wissen über das Hilfsangebot gar nicht Bescheid, weil sie sich nicht trauen, Informationen einzuholen und Anträge zu stellen." Deshalb habe sie den Soziallotsen wohin.or.at ins Leben gerufen. "In den allermeisten Fällen ist es kein individuelles Versagen, wenn man plötzlich vor dem Abgrund Armut steht. Es kann jeden von uns treffen: Sei es, weil man die Arbeit verliert und mit dem zu geringen Arbeitslosengeld nicht über die Runden kommt. Sei es, weil man erkrankt, ob physisch oder psychisch, und mit dem zu niedrigen Kranken- oder Reha-Geld den Boden unter den Füßen verliert. Wir wissen, dass lange Krankheit ein armutsgefährdender Faktor ist", appellierte Prettner.

"Starkes Sozialsystem"

Landesrätin Schaar betonte, dass "die Studie bestätigt, dass Kärnten ein starkes Sozialsystem hat. Um dieses zu optimieren, müssen wir Einrichtungen stärker vernetzen, vor allem in ländlichen Gebieten, und die Leistungen noch näher an die Menschen bringen. Sozialraumorientierung ist ein interessanter Ansatz, den wir in Kärnten aktuell in mehreren Bereichen, unter anderem in der Kinder- und Jugendhilfe, prüfen. Unser Ziel ist es, die Unterstützung auf allen Ebenen und für alle Generationen zu intensivieren, die Prävention in Familien zu verstärken und die Sozialberufe qualitativ aufzuwerten."

"leave no one behind"

Armutsnetzwerk-Obmann Christian Eile: „Die Ergebnisse der Kärntner Armutsstudie zeigen deutlich, wie wichtig frühe und möglichst ganzheitliche und aufeinander abgestimmte Hilfsangebote für Armutsbetroffene sind. Nachdem die Ursachen von Armut und Ausgrenzung bis in die Kindheit und Jugend zurückreichen, braucht es umfassende Unterstützung im Sinne präventiver Angebote. Der Auftrag in der Armutsbekämpfung ist deutlich: "leave no one behind" bedeutet, allen Menschen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und Möglichkeiten mit dem Ziel bestmöglicher Entfaltung einzuräumen.

Forderung der Arbeiterkammer

Gastgeber der Sozialen Dialog Konferenz war die Arbeiterkammer Kärnten. AK-Präsident Günther Goach betont: "Armut darf kein privates Schicksal sein, sondern benötigt unser aller Kraftanstrengung, um den Betroffenen langfristig zu helfen und Perspektiven zu schaffen. Die Arbeiterkammer Kärnten fordert daher die Regulierung der Mietpreise im frei finanzierten Wohnbau, den Ausbau des gemeinnützigen Wohnungsbaus auch außerhalb des Zentralraums, die Erweiterung der Kinderbetreuungs- und Bildungsangebote, inklusive Betriebskindergärten, um mehr Frauen die Vollbeschäftigung und damit die finanzielle Unabhängigkeit zu ermöglichen."

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