"Nachhaltigkeit für Wild & Wald" – im Interview: Christoph Egger, Revierleiter bei der Österreichischen Bundesforste AG im Forstrevier Hinteres Zillertal

Christoph Egger
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Im Interview spricht Egger über die Bedeutung der jagdlichen Kenntnis in seinem beruflichen Alltag und über die konstruktive Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessenvertretern.

Jagd in Tirol: Was bedeutet die Jagd für Sie persönlich?
Christoph Egger: Die Jagd ist für mich gleichzeitig Leidenschaft und Berufung sowie ein wesentlicher Teil meines Berufes.

JIT: Welchen Schwerpunkt hat die Jagd in Ihrem beruflichen Leben?
Christoph Egger: Ich habe beinahe tagtäglich mit der Jagd zu tun.

JIT: Welche Rolle nehmen Sie ein, wenn es um die Zusammenarbeit der verschiedenen Interessenvertreter im Wald geht?
Christoph Egger: Ich bin nicht nur Förster und gleichzeitig Grundeigentümervertreter, sondern auch aktiver Jäger. Somit nehme ich im beruflichen Alltag verschiedene Rollen wahr: die des Vermittlers, die des Jagdleiters sowie die des Vertreters von Interessengruppen und Geschäftspartnern. Es liegt in der Natur der Sache, dass jeder seinen eigenen Standpunkt durchsetzen möchte. Daher ist es notwendig, für jedwede Interessenlage Verständnis zu schaffen und dann gemeinsam einen Weg zu finden. Wir durchlaufen gerade die Anfangsphase in der Erstellung eines Kletterkonzeptes für das Hintere Zillertal; nicht nur um damit die Wildwüchse der Kletterei in entsprechende Bahnen zu lenken und regeln zu können, sondern auch um Kletterbegeisterte mit einem eigenen Besucherleitsystem gezielt und leicht zu den entsprechenden Klettergebieten zu lenken. Dadurch sollen etwa forstliche, jagdliche und naturschutztechnisch sensible Gebiete geschont werden. Es bewährt sich, dass die betroffenen Interessenvertreter an einem Tisch zusammenkommen, ihren Standpunkt kundtun und in weiterer Folge einen gemeinsamen Nenner entwickeln.

JIT: Wie hoch ist die Bedeutung, dass ein Förster auch Jäger ist?
Christoph Egger: Als Förster erhält man auch eine jagdliche Ausbildung. Grundsätzlich weiß also jeder Förster, was die Jagd bedeutet. Dass ein Förster auch Jäger sein sollte bzw. zumindest die jagdlichen Eckdaten kennt, kann ich aufgrund meiner eigenen Erfahrung nur bekräftigen. Im Revier Hinteres Zillertal bin ich für 18.900 Hektar auch als Jagdleiter verantwortlich, die restlichen 15.100 Hektar sind verpachtet. Für den Förster als Grundeigentümervertreter oder den Förster im öffentlichen Dienst ist die jagdliche Kenntnis daher absolut wichtig, wenn er in den Revieren die Jagd mitgestalten will.

JIT: Gibt es Missverständnisse zwischen Jägern und Förstern?
Christoph Egger: Ja – wie es sie auch in jeder anderen Branche gibt. Ein persönliches Gespräch hilft meist, diese aus dem Weg zu räumen. Wenn jeder sein eigenes ‚Supperl‘ kocht, kommt man nicht weiter. Es braucht also unbedingt den Konsens. Das spricht wieder dafür, wie bedeutend es ist, dass ein Förster auch jagdkundig ist. Schlussendlich erweist es sich als vorteilhaft, wenn Jagdpächter und Grundeigentümer bei der Erstellung des Abschussplans miteinander Rücksprache halten.

JIT: Wie muss der Lebensraum beschaffen sein, damit es dem Wild gut geht?
Christoph Egger: Es kommt auf Vielerlei an: auf die jeweilige Topographie, auf genügend Frei- bzw. Äsungsflächen, auf ausreichend Rückzugs- und Einstandsflächen oder etwa den forstlichen Bestand. Das Revier Hinteres Zillertal reicht von montanen Fichten-/Tannenwäldern bis hinauf in das hochalpine Gelände. Es sind alle in Tirol vorkommenden Hauptwildarten vertreten – die dominierende Wildart ist allerdings das Gamswild. Hier gilt es, wenn erforderlich, ausreichend Ruhegebiete auszuweisen und, sofern es das Gebiet zulässt, auch Flächen zu schaffen, wo man jagdlich wenig eingreift, um den Jagddruck zu reduzieren.

JIT: Wie ist es um die Entwicklung des Gamsbestandes bestellt?
Christoph Egger: Den Rückgang des Gamsbestandes im Hinteren Zillertal kann man auf zwei große Räudezüge zurückführen. Aktuell ist die Gamsräude immer noch örtlich sehr latent. Momentan ist die Entwicklung gebietsweise verschieden: teils ist sie rückläufig, andernorts bleibt sie gleich oder folgt wieder einem positiven Trend.

JIT: Wie hoch ist die Bedeutung der Jagdpächter bei der Sicherung der Alters- und Sozialstruktur vom Gamswild einzuschätzen?
Christoph Egger: Alte Böcke nehmen eine wesentliche Rolle ein, was die Gestaltung der Brunft anbelangt. Gibt es keine alten Böcke, werden die jüngeren, aber auch der Rest des Bestandes, in Stress versetzt. Sie sind anfälliger für Krankheiten und gehen mit weniger Reserven in den bevorstehenden Winter. Gerade bei solchen Seuchezügen und Krankheiten hat der Jagdpächter oder der Jäger einen sehr großen Einfluss auf die Wahrung der Alters- und Sozialstrukturen.

JIT: Woher weiß man, in welchem Ausmaß man eingreifen darf?
Christoph Egger: Es gibt viele Empfehlungen, aber auch Abschussrichtlinien und dergleichen. Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung eines Abschussplanes wird aber wohl die Berücksichtigung verschiedener revierspezifischer Gegebenheiten sein. Gerade bei Krankheitsbefall ist Vorsicht anzuraten, um dem Bestand nicht zusätzlich zu schaden. Schwerpunktmäßig sollte wirklich nur dort gejagt werden, wo Krankheitsfälle zu erwarten sind. Der Jäger kann hier sehr wohl steuernd und lenkend eingreifen. In unserem Revier sind es drei Berufsjäger – einer davon ist ein Angestellter der Bundesforste – und 12 Jagdaufseher für die nichtverpachteten Teiljagdreviere, die besonders angehalten sind, darauf zu achten, die gesunde Entwicklung von Böcken nachhaltig zu fördern.

JIT: Warum ist das Holz aus den Tiroler Wäldern begehrt?
Christoph Egger: Holz als nachwachsender Rohstoff ist generell sehr beliebt. Es gibt unzählige Produkte, die aus Holz, Holzneben- oder -abfallprodukten hergestellt werden. Außerdem bildet der Wald die Existenzgrundlage für zahlreiche Betriebe, Angestellte und Arbeiter, die direkt oder indirekt mit Holz zu tun haben.

JIT: Verbiss- und Schälschäden belasten den Holzbestand. Was sind die Ursachen?
Christoph Egger: Es gibt Verbiss- und Schälschäden, aber Gott sei Dank nicht überall! Gebietsweise muss man leider der Feststellung Recht geben und gleichzeitig, die dafür verantwortlichen Faktoren genau analysieren. Die Hauptursachen für derartige Schäden sind meiner Meinung nach oft ein dem Biotop nicht entsprechender Wildstand, ein falscher Fütterungsstandort oder eine falsche Futtervorlage. Natürlich gibt es auch viele andere Gründe, die das Wild in Stress versetzen können. Somit werden, hauptsächlich im Winter, in der Notzeit des Wildes, Schäden geradezu provoziert. Beispielhaft ist ein rücksichtsloses Verhalten von Variantenfahrern oder Paragleitern im Nahbereich einer Rotwildfütterung.

JIT: Wie wichtig ist ein Interessenausgleich von Forst und Jagd für eine ertragreiche Holzernte?
Christoph Egger: Ich würde das Wort ‚ertragreich‘ durch das Wort ‚nachhaltig‘ ersetzen. Verliert man den Überblick über das Gesamtsystem ‚Wald‘, gibt es über kurz oder lang massive Probleme.

JIT: Stichwort Freizeitnutzung: Wie verarbeitet der Wald die Schnelllebigkeit unserer (Frei-)Zeit?
Christoph Egger: Gerade in der heutigen Zeit und mit der wachsenden Zahl an Freizeitnutzern im Lebensraum Wald ist es wichtig, frühzeitig das Bewusstsein und Verständnis zu fördern. Ein erster wesentlicher Schritt diesbezüglich ist etwa die Öffentlichkeitsarbeit, zur Sensibilisierung eines jeden Besuchers für das Gesamtsystem Wald, mit all seinen Facetten und Funktionen. Wald und Feld sind landeskulturelle Flächen. Zwei Drittel des Waldes in Tirol sind als Schutzwald deklariert, der uns alle betrifft. Viele Natursuchende wissen oft gar nicht, in welch empfindlicher Umgebung sie sich aufhalten. Die Zusammenarbeit mit örtlichen Tourismusverbänden, dem Alpenverein, den Gemeinden – in meinem Fall auch mit dem Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen oder anderen ähnlichen Organisationen – bildet die Grundlage für ein wild- und waldgerechtes Besucherleitsystem. In der Vergangenheit wurden zahlreiche Maßnahmen gemeinsam erarbeitet und erfolgreich umgesetzt.

JIT: Was wünschen Sie sich aus der Sicht des Jägers für die Zukunft?
Christoph Egger: Ich wünsche mir einen artgerechten, an den Reviercharakter angepassten Wildstand. Zur Entwicklung einer entsprechend gesunden Alters- und Sozialstruktur sollte jeder Jäger sein Handeln entsprechend ausrichten.

JIT: Sie sind auch Hegemeister. Welche Aufgaben des Wildmanagements sind besonders bedeutend?
Christoph Egger: Wildmanagement ist für mich unter anderem mit dem Begriff Ehrlichkeit gleichzusetzen. Wildzählungen und Abschussplanbesprechungen sind wesentliche Aspekte des Wildmanagements in unserem Hegebezirk. Ein ständiger Erfahrungsaustausch und gegenseitige Berichte von Kollegen sind ein weiteres, bewährtes Hilfsmittel in Bezug auf Wildmanagement

Nähere Informationen zu den Österreichischen Bundesforste AG finden Sie hier: www.bundesforste.at

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