"Fridays for Future"-Serie
Junge Grazerinnen und Grazer träumen von der autofreien Stadt
Die Klimakrise ins Bewusstsein der Menschen rücken, die dramatischen Auswirkungen anschaulich machen: Das wollen die Aktivistinnen und Aktivisten von "Fridays for Future" erreichen. MeinBezirk.at gibt ihnen die Plattform für regelmäßige Gastkommentare – heute zum Thema Mobilität in Graz.
GRAZ. Studentinnen und Studenten haben's schwer... vor allem durch die ständige Verschlimmerung ihrer finanziellen Lage. Familienbeihilfe? Bereits seit über 20 Jahren nicht mehr an die Inflationsrate angepasst. 2010: Kürzung der Wohnbeihilfe durch die steirische Landesregierung. Die Preise für Wohnen, Lebensmittel und Studienunterlagen steigen auch für Studierende. Und beim öffentlichen Verkehr besonders drastisch, weil die maximal erlaubte Teuerungsspanne vom 1.5-fachen Verbraucherpreisindex vonseiten der Verkehrsbetriebe immer voll ausgeschöpft wird. Nach den letzten Teuerungen zusätzlich zur drohenden Klimakatastrophe haben sich die meisten wohl schon damit abgefunden, dass die Studierenden wohl wieder mal zu den Verlierern der aktuellen Krisen zählen.
Mehr Mut für einen neue Verkehrspolitik
Wünschenswert wäre ein Graz, in dem es gut ausgebauten und kostengünstigen Verkehr für alle gibt. Und damit sind nicht nur die Student*innen, Schüler*innen und Lehrlinge gemeint. Es muss für alle möglich sein, unabhängig der finanziellen Möglichkeiten, mobil sein zu können. Steigende Preise beim öffentlichen Verkehr schließen Menschen vom städtischen Leben aus. Jeder Mensch soll sich in dieser Stadt bewegen können, sei es zur Arbeit, zur Uni, in die Schule, zum Schwimmbad, zur Sporthalle, um eine Freundin zu besuchen oder um einen Ausflug an den Stadtrand zu machen.
Doch dafür müssen mutige Schritte in diese Richtung gesetzt werden. Es muss einmal gesagt werden: „Mehr Autos? Das geht so nicht!“ Doch keine Politikerin, kein Politiker traut sich, diese heiße Kartoffel wirklich anzugreifen – selbst bei steigenden Feinstaub- und Gesundheitskosten. Dabei müsste doch allen klar sein, dass bei steigendem Autoverkehr die Situation nur noch unerträglicher wird. Es muss darüber geredet werden, dass uns Autos Lebenszeit kosten. Dass der Verkehr rund ein Drittel des CO2-Ausstoßes verursacht. Die Illusion, dass sich am Verkehr nichts ändern müsste, muss zerbrechen.
Nötig dafür wäre eine Verkehrspolitik, die sich nicht nur dem Kampf gegen die Klimakatastrophe, sondern auch dem Wohlbefinden der Grazer Bürgerinnen und Bürger verschreibt. Wir haben ein Problem mit mutigen Entscheidungen in Graz, es wird viel herumgedrückt, Verantwortung abgeschoben:
Die Verbreiterung des Fahrradstreifens am Kaiser-Franz-Joseph-Kai ist ein guter Schritt, darf aber nur der Anfang sein. Die derzeitige Stadtpolitik vermittelt immer noch, dass das Auto auch in Zukunft im Verkehr an erster Stelle stehen wird, auch wenn es hier und da ausgebaute Radwege gibt. Die Botschaft sollte stattdessen sein: "Das Graz der Zukunft wird in erster Linie für die Mobilität zu Fuß, auf dem Rad, oder auf Bus und Bim ausgerichtet. Und diese Zukunft lassen wir schnellstmöglich durch konkrete Maßnahmen Realität werden!"
Der Traum vom autofreien Graz
Hier eine Vision zum Träumen: Die Grazer Kernzone autofrei bis 2025, ganz Graz autofrei bis 2030, zumindest fahren dann keine Verbrenner-KFZs mehr in der Stadt. Warum kann sich die derzeitige Feinstaubhauptstadt Graz das nicht als Ziel setzen? Lasst uns von Grazer Parks träumen, in denen kein Autolärm mehr zu hören ist, von Wohnhausbalkonen an ehemals stark befahrenen Straßen, auf denen wir ohne Motorengeräusche Tag und Nacht der Natur lauschen können. Träumen wir von einem Straßenbahnnetz, das Grazerinnen und Grazer gratis an ihren Bestimmungsort bringt.
Von Elektrotransportern, die ohne Lärm und Abgase fahren. Von einem Radnetz, das keinem Autostraßennetz untergeordnet ist, sondern auf kürzestem Weg, ohne Ampeln und ohne Gefahr für Fußgängerinnen und Fußgänger, alle Menschen ans Ziel führt. Träumen wir von freien Straßen, die keine Gefahr darstellen, sondern wieder zu Lebensräumen umgestaltet werden, von Bäumen und Grünflächen, über die ganze Stadt verteilt.
Diese Träume sind keine Utopie. Es braucht nur die mutige Entscheidung und konkrete Pläne, damit diese Träume bald Wirklichkeit werden. Wenn erst einmal der verengte Gedankenhorizont des Autozeitalters hinter uns gelassen wird, ist Vieles möglich: 100 km überdachte Fahrradwege? Jeder Mensch ein (E-)Bike? Überdachte Leih-Elektrorikschas für alle die auf Hilfe angewiesen sind? Das wäre sogar billiger als jede Untertunnelung. Die Umweltfolgekosten des Autoverkehrs könnten eingespart und die Gesundheit und Zufriedenheit der Grazerinnen und Grazer gesteigert werden. Doch - abgesehen davon - glauben wir nicht, dass wir Feinstaub, Gestank und Lärm in einem autofreien Graz vermissen würden... (Ihr etwa?)
Veranstaltungstipp
Passend zum Thema eine Veranstaltungsempfehlung: Am 18.11. findet wieder ein "Auto:Frei:Tag" statt, von 15-18 Uhr in der Technikerstraße. Dort kann man erleben, wie bereichernd eine autofreie Straße sein kann und einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie es wäre, wenn die Stadt nicht auf Autos, sondern auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet wäre.
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