Ärztliche Grundversorgung
Ärztemangel auf der rechten Murseite

Warten in der Kassenarztpraxis: In manchen Grazer Stadtbezirken dauert das deutlich länger als in anderen.  | Foto: Panthermedia
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  • Warten in der Kassenarztpraxis: In manchen Grazer Stadtbezirken dauert das deutlich länger als in anderen.
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Eine ungerechte Verteilung der ärztlichen Versorgung zwischen den Grazer Stadtbezirken beklagen sowohl die Bezirksvertretungen als auch der Grazer Gesundheitsexperte Christoph Pammer. Das Ausmaß der Ungleichheit zum Beispiel zwischen Gries, Lend und Puntigam verglichen mit Geidorf, St. Peter oder Waltendorf sei enorm, ebenso zwischen dem gesamten rechten Murufer verglichen mit dem linken. 

GRAZ. Mit insgesamt 102 Kassenstellen für Allgemeinmedizin ist Graz bei der ärztlichen Grundversorgung nicht schlecht aufgestellt – ob es zu viele oder zu wenige Ärztinnen und Ärzte gibt, ist hier gar nicht die brennende Frage. Vielmehr ist es die Verteilung innerhalb der Stadt, die immer wieder für Unverständnis und Verärgerung sorgt. "Die Arztsitze sind in Graz nicht bedarfsgerecht verteilt", ist Gesundheitswissenschafter Christoph Pammer überzeugt. Der Experte, der heute die Gesundheitsdrehscheibe Graz leitet, wies schon im Jahr 2016 mit einer Untersuchung auf diesen Missstand hin, seitdem habe sich wenig verändert. 

Die Mur als "magische" Trennlinie

Auffallend sei heute wie damals: Die Mur scheint die steirische Landeshauptstadt wie bei vielen anderen Bereichen auch in Sachen medizinischer Versorgung in zwei Hälften zu teilen. "Als Beispiel: In Lend und Gries war heuer in der gesamten ersten Hälfte des Jahres kein Hausarzt zu finden, der einen als neuen Patient aufnimmt. Und auch in Puntigam ist die Ärztedichte miserabel", kritisiert Pammer. Die jeweiligen Bezirksvertretungen bestätigen dies: Seit 2018 versuche man etwa im Puntigamer Bezirksrat, einen vierten Kassenplatz im Bezirk zu erwirken, denn "eine angemessene Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner ist derzeit aus logistischen Gründen nicht möglich", beklagt Bezirksvorsteher Helmuth Scheuch

"In Graz ist die Mur also wieder einmal mehr als ein Fluss. Sie stellt eine natürliche Grenze zwischen zwei sozial unterschiedlichen Welten dar."
Christoph Pammer

Gesundheitsexperte Christoph Pammer kritisiert die ungleiche Ärztedichte rechts und links der Mur.  | Foto: Konstantinov
  • Gesundheitsexperte Christoph Pammer kritisiert die ungleiche Ärztedichte rechts und links der Mur.
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Bloß drei Kassenarztplätze für Allgemeinmedizin kommen in Puntigam auf 10.250 Bewohnerinnen und Bewohner. Im Vergleich: Auf der linken Murseite, in Waltendorf sind es doppelt so viele Kassenstellen für etwa 12.000 Menschen. Acht Kassenarztplätze für Allgemeinmedizin gibt es außerdem auf der linken Murseite in St. Leonhard genauso wie rechts der Mur in Gries. Hier wohnen allerdings mit über 30.000 mehr als doppelt so viele Menschen wie in St. Leonhard (14.756 Einwohnerinnen und Einwohner).

Soziale Ungleichheit

"Die Kassenstellen werden entsprechend der Bevölkerungsentwicklung laufend angepasst", versichert man standhaft seitens der Ärztekammer, die gemeinsam mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) für die Verteilung der Planstellen zuständig ist. Zudem weist man hier darauf hin, man könne ja auch eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt in einem anderen Bezirk aufsuchen. Das sieht Gesundheitswissenschafter Pammer anders: "Jemand der schwer oder chronisch krank ist, ist nicht mobil. Es ist daher wichtig, in der Nähe eine ärztliche Grundversorgung zu haben."

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Die ungleiche Ärztedichte rechts und links der Mur ist Pammers Ausführungen zufolge nicht nur ein medizinisches, sondern ein soziales Problem: "In Graz ist das historisch gewachsen, da hat sich das bürgerliche 8010 immer durchgesetzt gegen die Arbeitsmigrantinnen und -migranten auf der rechten Murseite. Leider hat es die Politik nie geschafft, die Grenze Mur zu überwinden." Medizinische Bedarfsplanung müsse Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Einkommen, Pflegebedürftigkeit und Sterblichkeit einbeziehen, "und diese unterscheiden sich innerhalb von Graz erheblich", weiß der Gesundheitsexperte. Die Stadtteile rechts der Mur hätten die geringste Versorgungsdichte, hätten aber eigentlich den höchsten Bedarf.

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