Familienflüsterer Dr. Streit

Kleine Auszeiten ohne großen Urlaub

Wie man auch zuhause durch bewusste Auszeiten Energie tanken kann und wie Eltern die große Enttäuschung über den abgesagten Urlaub bei ihren Kindern verhindern, verrät Familienflüsterer Dr. Philip Streit.

GRAZ. Das Budget, das Familien im Sommer für den Urlaub zur Verfügung steht, fällt dieses Jahr bei vielen deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Die Teuerungen sind massiv spürbar und hinzu kommt die anhaltende Unsicherheit durch Covid, die auch zu Herausforderungen bei der Urlaubsplanung führt. Doch ist Urlaub sehr wichtig: Mindestens zwei Wochen Entspannung im Jahr verschreibt die Gesundheitspsychologie.

Selbst für Erholung sorgen

Es gibt aber auch noch eine andere Erkenntnis der Psychologie: Wir können uns auch ohne großen Urlaub erholen – auch kleine Auszeiten laden uns auf und können großen Erholungswert haben. Das Geheimnis dahinter ist es, den fortlaufenden negativen Stresskreislauf in einen Belohnungskreislauf umzuwandeln – dann können sich Wohlbefinden und Aufblühen einstellen. Das verrät uns die Neurobiologie.

Entscheidend dabei ist, ein Ziel vor Augen zu haben, das wirklich angestrebt wird und anziehend gefunden wird – etwa in der Arbeit, zuhause oder in der Partnerschaft. Das aktiviert das Belohnungszentrum, denn wir strengen uns an, nutzen Stress konstruktiv und können danach genießen. So entsteht Wohlbefinden, Entspannung tritt ein und wir erholen uns für neue Aufgaben – und das funktioniert von jedem Ort aus, auch von zuhause.

Urlaub ist Begegnung

Eltern, die Sorge haben, ihre Kinder mit dem Ausfall eines Urlaubes zu enttäuschen, sollten nicht verzagen, offen mit ihren Kindern sprechen und ihnen dennoch viele kleine Momente der Begegnung im Alltag schenken. Denn was einen Urlaub für Kinder ausmacht, ist nicht das Wegfahren, sondern die Zeit mit der Familie, in der die Eltern greifbar sind und ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken – und das kann man auch zuhause geben.

Um kleine Auszeiten für sich selbst und die ganze Familie zu schaffen, können folgende Tipps von Familienflüsterer Dr. Philip Streit beherzigt werden:

Innehalten
Lerne, kurz innezuhalten. Strecke dich dafür und lass die Arme nach hinten sinken. Atme langsam ein und aus.

Struktur
Strukturiere deinen Tag, anstatt dich treiben zu lassen. Strebe etwas Positives an, das dich wirklich fasziniert und genieße es bewusst, wenn du dein Ziel erreicht hast.

Pausen
Mach regelmäßige Pausen in deinem Alltag, um durchzuatmen und etwas Schönes zu genießen. Leg in dieser Zeit dein Handy zur Seite.

Bewegung
Bewege dich ausreichend. Es müssen nicht zwei Stunden laufen sein, gehe einfach öfters zu Fuß oder nimm die Treppe. Gönne dir außerdem am Morgen oder am Abend eine 15-minütige Meditation zur Entspannung und Gedankenreinigung.

Entspannung Zuhause
Organisiere dir Wellness und Entspannung zuhause, vielleicht einen Saunagang, ein Aromaölbad, gute Musik oder auch ein gutes Glas Wein.

Natur
Unternimm kleine Reisen und Ausflüge in die Natur, deine Seele reinigt sich dann wie von selbst.

Schlaf
Schlafe genug: das heißt mindestens sieben Stunden ohne Unterbrechung. Du wirst dich wundern, wie du dann am nächsten Tag bist – so kann eine Nacht bereits zum Urlaubserlebnis werden.

Begegnung
Verbringe Qualitätszeit und Momente der Begegnung mit einer geliebten Person. Wenn du einen Menschen triffst, der dich wirklich schätzt, verändert das deine Stimmung innerhalb von Sekunden. Verbring auch Qualitätszeit mit deinen Kindern und deiner Familie. Organisiere zum Beispiel ein Familienwochenende.

Der Experte

Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das unter 0316/77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.at

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