Verkehr verkehrt
Anschlussbus im Fahrplan, aber dennoch ist der Bus weg

- Foto: VOR-Fahrplan
- hochgeladen von Walter Kühner
Schlanke Anschlüsse sind zwar schön, aber wenn sie zu knapp sind, dann fallen sie bei einer Verspätung weg.
Seit 4. Juli 2022 gibt es zwar mehr Anschlussverbindungen ab Bahnhof Gmünd nach Weitra, aber wenn der Zug Verspätung hat und der Bus nicht wartet, steht man erst recht ohne Anschluss da.
Die Busse in Gmünd Bf nach Weitra haben Mo–Fr 6 Minuten Übergangszeit. Hat der Zug 5–6 Minuten Verspätung ist der Bus weg und man muss unter Umständen 1–2 Stunden auf den nächsten warten, so zum Beispiel am 18.10.2022: Der Zug 2102 war um 6 Minuten verspätet, kam also um 8.48 an, genau zum Abfahrtszeitpunkt des Busses. Meine Frau und ich sind zum Busbahnhof gelaufen: Aber der Bus war bereits weg – nächster Bus: 10.48. Pech.
Anschlussunsicherheit: Bus weg, Termin weg, Arbeit weg
Leute, die einen Ausflug vorhaben, können, wenn sie flexibel sind, spontan umplanen und in einen der nächsten Busse mit einem anderen Ziel hüpfen und dort eine Wanderung machen, z.B. von Gmünd nach Litschau statt nach Weitra. – Aber Pendler versäumen den Arbeitsbeginn und Leute mit einem Termin ihren Termin.
Ist der letzte Anschluss weg, ist man überhaupt auf ein Taxi angewiesen, was unlängst einem Freund widerfuhr, weil der Bus zu früh abgefahren war: 25 Euro extra fürs Taxi trotz (fahrplanmäßigem) Anschluss und KlimaTicket. Pech.
Bei einer solchen Anschlussunsicherheit ist es auch kein Wunder, wenn die Busse kaum angenommen werden und oft nur schütter besetzt oder überhaupt leer unterwegs sind. Autobesitzer verlassen sich daher auf ihr Auto, Nicht-Autobesitzern wird von den Politikern und vom Kunden(abwehr)dienst des VOR die lange Nase gezeigt.
Hauptsache, die Verantwortlichen können darauf verweisen, dass Busse verkehren – ob man auch mitfahren kann, ist wurscht!
Den VOR-Kundendienst interessieren die Probleme nicht
Leider interessieren die Probleme der Fahrgäste bei versäumten Anschlüssen niemanden beim Verkehrsverbund Ost-Region. Vor einigen Wochen habe ich eine gleiche Situation beobachtet. Zug verspätet, Bus weg. Eine aus Wien angereiste Frau hatte Pech. Was blieb ihr anderes übrig (anstatt 2 Stunden auf den nächsten Bus zu warten), als ihre Schwester anzurufen, die sie dann mit dem Auto abholte. Die Fahrkarte Gmünd–Weitra um 4,90 € hatte sie sicherheitshalber bereits in Wien gekauft, womit ihr zum allgemeinen Ärger auch noch ein finanzieller Nachteil erwuchs. (Mit der Bahn ist sie mit Vorteilscard Classic gefahren).
Obwohl ich damals nicht betroffen war, rief ich beim VOR-Kundendienst an und wies auf die problematische Situation hin. Da hieß es, der Bus könne nicht warten, da er sonst verspätet wäre. Und überhaupt wurde ich von der mir bereits bekannten weiblichen Abwiegler-Stimme des Kunden(abwehr)dienstes gefragt, warum ich mich aufrege, da ich doch gar nicht betroffen sei. Mein Hinweis, dass es sich dabei um ein generelles Problem handle, das auch mich jederzeit betreffen könnte, wurde abgeschmettert. Am 18.10.2022 hat es mich und meine Frau betroffen. Pech.
Lösung: Realistische Anschluss-Abfahrtszeit plus Abwartezeit
Es ist schon klar, dass Busse nicht beliebig lang abwarten können. Voraussetzung für gelingende Anschlüsse sind realistische Abfahrtszeiten abhängig von den durchschnittlichen Verspätungen des abzuwartenden Verkehrsmittels.
Natürlich sollte es auch bei einem Anschlussbus nicht zu einer größeren Verspätung kommen. Aber bei 5 Minuten sehe ich kein Problem, sofern der Bus nicht selbst am Ziel oder unterwegs einen Anschluss hat – was meistens nicht der Fall ist, auch bei Gmünd–Weitra ist das meines Wissens nicht der Fall.
Was sind 5 Minuten Verspätung gegenüber einem versäumten Anschluss und 2 Stunden Wartezeit auf den nächsten Anschluss? Der große Vorteil von Bussen gegenüber der Bahn ist ja, dass sie bezüglich Fahrplan und kleineren Abweichungen flexibel sind. Bei der Bahn ist die Flexibilität aufgrund von notwendigen Blockabständen, insbesondere bei eingleisigen Strecken, stark eingeschränkt.
Informationssystem für Buslenker: Nur teilweise installiert oder ignoriert?
Auf Nachfrage habe ich von Buslenkern erfahren, dass sie über abzuwartende Anschlüsse mit einer gelb blinkenden Anzeige auf dem Lenker-Multifunktionsgerät informiert werden. Und mit einem Klick werde die abzuwartende Zeit, die vom jeweiligen Anschluss abhänge, eingeblendet. Allerdings funktioniere diese Anzeige nicht immer, d.h. der Lenker müsste sicherheitshalber auch ohne Blinken nachschauen. Es ist also keineswegs so, dass Busse verspätete Anschlüsse nicht abwarten dürfen, wie vom VOR-Kunden(abwehr)dienst behauptet – im Gegenteil sie erhalten sogar entsprechende Anweisungen.
Andere befragte Buslenker hingegen wussten von einem solchen Informationssystem angeblich nichts. Da stellt sich die Frage: Ist dieses System nicht in allen Bussen installiert oder wird es von der Mehrzahl der Lenker ignoriert?
Konkret zum Anschluss Gmünd–Weitra am 18.10.2022:
– Hat der Buslenker am 18.10. die vorgegebene Wartezeit ignoriert?
– Oder ist seitens des VOR gar keine vorgesehen?
– Oder hat das Informationssystem an diesem Tag versagt?
Scheinheilige PR des VOR
Ruft man derzeit die VOR-Homepage auf, wird die Seite durch ein animiertes Insert überblendet, das man nicht wegblenden kann – man wird also viele lange Sekunden blockiert (danke VOR!). Darin erscheint dann der Lauftext: "I ♥ mei Heimat. Pendeln ohne Auto schützt Deine Heimat." Da kann man nur laut aufjaulen bei diesem PR-Text. Pendeln ohne Auto ist in der Realität im ländlichen Raum bedauerlicherweise in vielen Fällen unmöglich – woran der VOR eine nicht unbeträchtliche Mitschuld hat mangels optimierter Fahrpläne mit guten Anschlüssen!
Und dann stellt sich natürlich die Frage, was dieser infantile PR-Schwachsinn gekostet hat.
Walter Kühner
Initiative „Verkehr verkehrt“
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