Mit VIDEO: Lokalaugenschein im Asylwerberheim Polgarstraße 35

- Deutsch für Fortgeschrittene: Maria Novak unterrichtet die Flüchtlinge im Keller des Asylwerberheims.
- hochgeladen von Andreas Edler
Bei einer Sitzung in der Bezirksvorstehung zum Thema "Asylwerber im Bezirk" gingen die Wogen hoch. Stein des Anstoßes: Das seit Feburar bestehende Asylwerberheim in der Polgarstraße. Viele Gerüchte sind im Umlauf, viele Menschen machen sich Sorgen. Wir haben uns vor Ort ein Bild gemacht.
DONAUSTADT. Seit Februar bewohnen rund 80 Asylwerber – vorwiegend Männer und eine Familie – das ehemalige Strabag-Arbeiterheim in der Polgarstraße 34. Zwei Männer teilen sich je ein Zimmer: Zwei Betten, zwei Tische, ein kleiner Kühlschrank. Geduscht wird in der Gemeinschaftsdusche, jeder Stock hat eine Küche. Studentenheim, Arbeiterheim, Asylwerberheim: Die Struktur ist oft die gleiche. Das ehemalige Arbeiterheim versprüht nicht unbedingt Charme. Die Gänge sind in weiß mit roten Streifen gehalten, insgesamt sehr steril. Die Gemeinschaftsküche funktional, kein Schnickschnak.
Auf der Herdplatte kocht Reis, das Wasser siedet auf höchster Stufe. Mario Lackner dreht die Platte zurück. "Der Koch hat offensichtlich keine Ahnung vom Reiskochen", schmunzelt Lackner. Nicht jeder kann kochen. Deswegen werden im Asylwerberheim in der Polgarstraße 34 auch Kochkurse angeboten.
Keine negativen Erfahrungen
"Wir sind ein Provisorium", betont Heimleiter Lackner. "Wir sind auf Spenden angewiesen und unser Mietvertrag ist auf drei Jahre befristet". Genau das Spendenprinzip scheint in der Polgarstraße jedoch gut zu funktionieren. Viele Anrainer bringen Kleidung oder auch Dinge des täglichen Gebrauchs vorbei. Viele fragen an, ob sie nicht irgendwo selbst helfen könnten. Entgegen der Medienberichte sagt Lackner: "Mit den Anrainern haben wir eigentlich kein Problem. Die sind alle sehr hilfsbereit."
Auf der Straße huscht Daniela S. vorbei. Die 25-Jährige wohnt nur zwei Häuser weiter. "Mich stört das Heim eigentlich nicht, ich habe auch keine negativen Erfahrungen gemacht. Die Meinungen gehen aber sehr weit auseinander", so die Anrainerin. Für eine weitere junge Frau aus der Polgarstraße ist die Sache nicht ganz so rosig. "Ich wäre gerne früher informiert gewesen. Negative Erfahrungen habe ich aber auch noch keine gemacht." Ihre Tochter lasse sie jetzt aber nicht mehr alleine zur Bushaltestelle. Ein Bauchgefühl, wie sie sagt.
Polizei: Keine Anzeigen
Fragt man bei der Polizei nach Anzeigen oder besonderen Vorkommnissen in der Polgarstraße, ist die Antwort kurz und prägnant. "Keine Anzeigen, keine Vorkommnisse", sagt Pressesprecher Thomas Kaiblinger. Dagegen behauptet die FPÖ, dass es bereits eine Anzeige wegen des Übergriffs auf eine 70-jährige Frau gegeben habe. Belegen könne man das aber nicht. Die Freiheitlichen stoßen sich generell am Standort des Heims. "In der Gegend gibt es viele dunkle Unterführungen und Angsträume, wo man sich so schon nicht sicher fühlt. Zudem befindet sich das Polgargymnasium in unmittelbarer Nachbarschaft", sagt FP-Landesgeschäftsführer Anton Mahdalik. Deswegen fordert der FP-Politiker einen privaten Sicherheitsdienst, der die Gegend ergänzend zur Polizei durschstreifen soll. In der Donaustadt liegt der Flüchtlingsanteil an der Bevölkerung derzeit bei 0,3 Prozent. Ein absolut vertretbarer Wert, wie es seitens der Bezirksvorstehung heißt.
Während die Anrainer nichts Schlechtes erlebt haben, berichten die Asylwerber sehr wohl von negativen Erlebnissen. Noori Qasim aus Kabul erzählt, wie er beim Donauzentrum angesprochen und als Terrorist verdächtigt wurde. Er solle Platz machen, hieß es. "Aber das ist eben so. Überall gibt es gute und schlechte Menschen", sagt der 24-Jährige. Sehr oft schenke man ihm auf der Straße aber auch ein Lächeln.
Freiwillige unterrichten Deutsch
Auf den Gängen des Strabag-Hauses laufen zwei ältere Damen vorbei. Maria Novak und Gabriele Leitner kommen jeden Montag vorbei, um für zwei Stunden Deutsch zu unterrichten. Die Beiden engagieren sich schon seit vergangenen Herbst für die Asylwerber. "Sehr viele sind sehr ambitioniert beim Deutschlernen. Andere verlieren die Anfangsmotivation auch bald wieder", sagt Leitner. Für die Religionslehrerin und die Angestellte ist es jedoch selbstverständlich, dass man Unterstützung bietet, wenn man kann. Volkshilfe-Wien Sprecherin Eveline Ronge betont: "Viele Einheimische engagieren sich sehr für die Asylwerber und machen auch gute Erfahrungen – das passiert aber vorwiegend diskret. In der Öffentlichkeit nimmt man leider immer nur die negativen Schlagzeilen wahr." Unter den Asylwerbern herrsche überwiegend sehr viel Optimismus und Dankbarkeit.
Wer sich im Asylwerberheim Polgarstraße selbst ein Bild machen möchte, kann Heimleiter Mario Lackner unter der Email mario.lackner@volkshilfe-wien.at kontaktieren und einen Termin ausmachen.



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