Neue Berechnungen
WWF: Österreichs Städte stärker versiegelt als gedacht

In Österreich waren bereits am 7. April die natürlich nachwachsenden Ressourcen eines Jahres verbraucht. (Symbolbild) | Foto: Gerold Hinzen/Unspash
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  • In Österreich waren bereits am 7. April die natürlich nachwachsenden Ressourcen eines Jahres verbraucht. (Symbolbild)
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Eine WWF-Analyse auf Grundlage von Satellitendaten offenbart eine 35-prozentige Erhöhung der Versiegelung - St. Pölten, Wiener Neustadt und Villach weisen die höchsten Pro-Kopf-Werte auf. Nun fordert der WWF erneut mehr Grünflächen.

ÖSTERREICH. Eine neue Analyse der Umweltschutzorganisation WWF zeigt, dass die 15 größten Städte Österreichs deutlich stärker versiegelt sind als bisher angenommen. Die jüngste Auswertung von Satellitendaten ergab, dass die versiegelte Fläche in diesen Städten rund 37.000 Hektar beträgt und damit um nahezu 35 Prozent höher ist, als bisherige Schätzungen zeigten.

Besonders betroffen ist St. Pölten, das in der Gruppe der größten Städte mit einer versiegelten Fläche von 308 Quadratmetern pro Kopf den negativen Spitzenplatz einnimmt. Danach folgen Wiener Neustadt, Villach, Wels und Klagenfurt.

Simon Pories, Bodenschutz-Experte des WWF fordert:

„Die weitläufigen Asphaltflächen stellen besonders im Sommer ein zunehmendes Risiko für Gesundheit und Lebensqualität dar. Es ist dringend erforderlich, dass die Politik gegensteuert. Neben präventivem Bodenschutz müssen große Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen in den Städten umgesetzt werden“.

Hitzeinseln im Sommer

Bislang basierten die Berechnungen zur Bodenversiegelung auf allgemeinen Hochrechnungen und Durchschnittswerten für ganz Österreich. Die neue Methodik hingegen nutzt quadratmetergenaue Satellitendaten, die eine präzisere Erfassung aller Flächen ermöglichen. „Der Handlungsbedarf ist größer als vermutet und wird sich durch die Klimakrise weiter verschärfen. Stark versiegelte Flächen tragen zur Entstehung von Hitzeinseln bei, die sich auch nachts nicht ausreichend abkühlen“, warnt Pories.

Versiegelung in den größten Städten

Innerhalb der 15 größten Städte Österreichs weist St. Pölten, die Hauptstadt Niederösterreichs, die höchste Bodenversiegelung pro Einwohner auf (308 Quadratmeter pro Kopf). „Bei den Flächen für Verkehr und Bebauung ist St. Pölten der Versiegelungsspitzenreiter unter den großen Städten. Alleine für Straßen sind rund 105 Quadratmeter pro Kopf asphaltiert oder betoniert“, erklärt der WWF-Experte. „Der Bau der Traisental-Schnellstraße sowie neuer großer Logistiklager wäre daher ein fataler Schritt“, so Pories weiter. An zweiter Stelle folgt Wiener Neustadt mit einer versiegelten Fläche von etwa 257 Quadratmetern pro Kopf. „Wiener Neustadt hat die meisten versiegelten Betriebsflächen pro Kopf – etwa 62 Quadratmeter entfallen auf Gewerbegebiete, Fachmärkte und deren Parkplätze. Die geplante Ostumfahrung und neue Gewerbegebiete würden diesen bereits hohen Wert weiter erhöhen“, kritisiert Pories. Villach (236 m²/Kopf), Wels (225 m²/Kopf) und Klagenfurt (221 m²/Kopf) belegen die Plätze drei bis fünf.

Schockierendes Beispiel Wien

Österreichs größte Stadt, Wien, rangiert mit einer Versiegelung von etwa 79 Quadratmetern pro Kopf zwar auf dem 15. Platz der untersuchten Städte. „Als Millionenstadt nimmt Wien im Pro-Kopf-Vergleich eine Sonderstellung ein, doch mit einem Versiegelungsgrad von 37 Prozent der Gesamtfläche liegt die Stadt an der Spitze. Das ist um fast 40 Prozent mehr als bisher angenommen“, erklärt Simon Pories vom WWF. „Statt Großprojekte wie die Lobau-Autobahn voranzutreiben, sollte die Stadtregierung mehr in Entsiegelung und Begrünung investieren. In Städten sind Grünflächen die wichtigsten Klimaregulatoren“, so der WWF-Bodenschutzsprecher.

Rangliste Bodenversiegelung pro Kopf

St. Pölten - 308 m²/Kopf
Wiener Neustadt - 257 m²/Kopf
Villach - 236 m²/Kopf
Wels - 225 m²/Kopf
Klagenfurt - 221 m²/Kopf
Steyr - 199 m²/Kopf
Leonding - 185 m²/Kopf
Dornbirn - 182 m²/Kopf
Feldkirch - 171 m²/Kopf
Linz - 154 m²/Kopf
Salzburg - 135 m²/Kopf
Graz - 130 m²/Kopf
Bregenz - 118 m²/Kopf
Innsbruck - 107 m²/Kopf
Wien - 79 m²/Kopf

WWF fordert umfassende Bodenschutz-Offensive

In Österreich sind mittlerweile fast 3.000 Quadratkilometer Fläche komplett versiegelt – das entspricht der Gesamtfläche von Vorarlberg und Wien zusammen. Fast die Hälfte dieser Fläche besteht aus Straßen oder Parkplätzen. „Überbreite Straßen und Parkplätze, beispielsweise in Gewerbeparks oder im öffentlichen Raum, sollten schrittweise umgestaltet und entsiegelt werden. Außerdem muss die Politik die EU-Renaturierungsverordnung ehrgeizig umsetzen, damit in den Städten mehr Grünflächen entstehen“, fordert Simon Pories. Der WWF drängt zudem darauf, ein ambitioniertes, österreichweites Bodenschutz-Paket im zukünftigen Regierungsprogramm zu verankern.

Die WWF-Berechnungen basieren auf der neuen, offiziellen Methode des Umweltbundesamtes zur Ermittlung von Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung im Auftrag der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). Dabei wurden GIS-Daten sowie erstmals quadratmetergenaue Satellitendaten verwendet. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der genutzten Flächen ist versiegelt. Ein Boden gilt als versiegelt, wenn er vollständig mit einer wasser- und luftundurchlässigen Schicht bedeckt ist. Aufgrund der höheren Bevölkerungsdichte ist der Bodenverbrauch pro Kopf in Städten zwar tendenziell geringer als in ländlichen Gebieten. Der Versiegelungsgrad der Gesamtfläche ist jedoch in Städten meist höher, und es gibt häufig große, zusammenhängende versiegelte Flächen.

Zum Thema:

"Die Kosten des Nichthandelns sind viel größer!"
"Österreich verliert immer mehr kostbare Böden"
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