Lob und Kritik
Rücktritt von Nehammer wirbelt Niederösterreich auf

Die Neos stiegen aus den Koalitionsverhandlungen aus, kurz darauf folgte der Rücktritt von Karl Nehammer.  | Foto: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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  • Die Neos stiegen aus den Koalitionsverhandlungen aus, kurz darauf folgte der Rücktritt von Karl Nehammer.
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Der Rücktritt von Karl Nehammer als VP-Bundesparteiobmann und Bundeskanzler schlägt auch in Niederösterreich große Wellen.  Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner würdigt den Einsatz des noch Bundeskanzlers, doch große Kritik folgt seitens der Fraktionsobfrau der NEOS NÖ Indra Collini und des Geschäftsführers der VPNÖ Matthias Zauner. 

NÖ/ST. PÖLTEN. Nach der überraschenden Ankündigung von Bundeskanzler und ÖVP-Parteiobmann Karl Nehammer, von seinen Ämtern zurückzutreten, äußerte sich Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner dankbar und anerkennend: „Karl Nehammer hat für dieses Land gekämpft wie ein Löwe. Dafür gilt ihm unser Dank.“

Übernahme in schwierigen Zeiten

Mikl-Leitner hob Nehammers Führungsarbeit hervor, insbesondere in einer politisch herausfordernden Phase: „Er hat die Volkspartei in einer schwierigen Phase übernommen, sie in eine Nationalratswahl geführt und in den vergangenen Wochen mit aller Kraft daran gearbeitet, eine stabile, zukunftsgewandte Regierung zu verhandeln.“
Dabei betonte sie, dass Nehammer stets darauf abzielte, die drängendsten Probleme Österreichs anzupacken – insbesondere in den Bereichen Wirtschaftsstandort, Zuwanderung und Integration.

„Gemeinsam machen wir Niederösterreich zu einem noch besseren Daheim“, sagt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrer Neujahrsrede.

 

Fotocredits: NLK Burchhart | Foto:  NLK Burchhart
  • „Gemeinsam machen wir Niederösterreich zu einem noch besseren Daheim“, sagt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrer Neujahrsrede.

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Fehlende Kompromissbereitschaft

Dennoch sei das Verhandlungsende enttäuschend gewesen: „In einer Demokratie braucht man kompromissfähige und kompromissbereite Partner. Diese hat er leider nicht gefunden.“ Mikl-Leitner kritisierte in diesem Zusammenhang die mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf Bundesebene und appellierte an die Verantwortung aller politischen Akteure: „Unsere Landsleute erwarten sich endlich Taten statt Taktik.“

Kritik von NEOS

Landessprecherin und Fraktionsobfrau der NEOS NÖ, Indra Collini sieht die Verantwortung für das Scheitern der Koalitionsverhandlungen primär bei den alten Strukturen der ÖVP und SPÖ: „Teile der ÖVP und der SPÖ waren leider nicht fähig, ein gemeinsames Bild für dieses Land zu entwickeln.

Indra Collini  | Foto: NEOS

Die Gründe dafür sind auch in Niederösterreich zu finden. Gegen die alten verkrusteten Strukturen in der ÖVP und den Beton, der von Mikl-Leitner abwärts repräsentiert wird, war auch ein grundsätzlich reformwilliger Karl Nehammer machtlos. Bedauerlich ist das vor allem für Land und Leute, die einmal mehr die Leidtragenden des Reformunwillens sind.“

VPNÖ-Zauner: SPÖ „nicht verhandlungsfähig“

Geschäftsführer der VPNÖ  und Bundesrat Matthias Zauner kritisierte scharf die Rolle der SPÖ in den gescheiterten Verhandlungen: „Wenn Verhandlungen mit der SPÖ scheitern, sind immer die anderen schuld. Sei es die ÖVP oder die NEOS. Das war schon in Niederösterreich und in Salzburg so. Jetzt wird das gleiche Lied im Bund gespielt.“

VPNÖ-Landesgeschäftsführer Matthias Zauner. | Foto: ÖVPKlub/Nidetzky/ArchivMeinbezirk
  • VPNÖ-Landesgeschäftsführer Matthias Zauner.
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Zauner nannte insbesondere die Beteiligung der sogenannten „Christian-Kern-Truppe“, darunter der ehemalige Kabinettschef und aktuelle Verhandlungsführer Sven Hergovich, als Problem: „Es war zu befürchten, dass das mehr als schwierig wird. Der hat die Verhandlungen schon in Niederösterreich hochmütig an die Wand gefahren.“ Zauner kritisierte, dass weltfremde Forderungen wie eine flächendeckende Lkw-Maut auf Landes- und Gemeindestraßen gestellt wurden, „die nicht einmal in SPÖ-geführten Ländern umgesetzt werden.“

Zauner empfahl der SPÖ, sich an den moderaten Ratschlägen ihres Parteifreundes Gerhard Zeiler zu orientieren, der betonte, dass eine zu aggressive Durchsetzung der eigenen Positionen wenig zielführend sei. „In diesem Zustand ist die SPÖ aber offenbar nicht mehr verhandlungsfähig“, so Zauner.

Babler wittert Parteipropaganda

Das sei "keine gute Nachricht für unser Land", sagte dazu SPÖ-Chef Andreas Babler in einer Pressekonferenz am Samstagabend. Den Vorwurf der anderen Parteien, die Gespräche seien an der SPÖ gescheitert, bezeichnete Babler in der "ZiB2" erneut als "Parteipropaganda".

SPÖ-Chef Andreas Babler | Foto: APA Picturedesk

Die SPÖ sei bereit gewesen, eine Regierung zu bilden, die sich den "Herausforderungen stellt und die Maßnahmen setzt", so Babler bereits in seiner Pressekonferenz. Bei den Herausforderungen nannte er etwa das Budgetdefizit, die Arbeitslosigkeit oder die Beschäftigungssituation.

Hergovich: Dank den Verhandlern!

„In dem Bereich, den ich mitverhandelt habe, möchte ich die Notwendigkeit betonen, den öffentlichen Verkehr auszubauen, den Logistikstandort Österreich zu stärken und ideologische Konflikte im Verkehrsbereich zu beenden. Es gilt, Regionen zu fördern, Gemeinden durch Projekte wie Bankomaten zu unterstützen, den Breitensport voranzubringen und den Klimawandel ambitioniert zu bekämpfen. Über 40 Seiten fix fertiges Regierungsprogramm aus unseren Bereichen sollten nicht in Schubladen verschwinden, sondern in konkrete Projekte münden. Ich danke meinen Verhandlungspartnern Georg Strasser (ÖVP), Karin Doppelbauer und Michael Bernhard (NEOS) für die konstruktive Zusammenarbeit.

Landesparteivorsitzender Sven Hergovich zum Verhandlungs-Aus durch die ÖVP.  | Foto:  SPÖ NÖ
  • Landesparteivorsitzender Sven Hergovich zum Verhandlungs-Aus durch die ÖVP.
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Als Sozialdemokrat hoffe ich, dass eine soziale Handschrift in Österreich nicht verloren geht. Angesichts steigender Energiepreise und unsicherer Arbeitsplätze erwarten die Menschen eine Regierung, die für sie arbeitet. In Niederösterreich werden wir weiter eine starke Stimme für sozialen Ausgleich sein – ob in Regierung oder Opposition, immer konstruktiv, pragmatisch und konsequent“, so der Landesparteivorsitzende Sven Hergovich zum Verhandlungs-Aus. 

Weitere Schritte erwartet 

Abschließend kündigte Mikl-Leitner an, dass die ÖVP Niederösterreich über die weiteren Schritte beraten werde. Der Rücktritt Nehammers markiert eine Zäsur in der österreichischen Innenpolitik, die sowohl die ÖVP als auch die gesamte politische Landschaft nachhaltig beeinflussen könnte. Die scharfe Kritik der NEOS und VPNÖ zeigt zudem, wie tief die politischen Gräben und strukturellen Herausforderungen aktuell sind.

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