Ukraine
Österreich zögert wegen Raiffeisen bei Russland-Sanktionen
Das zwölfte Sanktionspaket der EU gegen Russland scheint aufgrund von österreichischen Interventionen aktuell in der Schwebe zu hängen. Laut einem Bericht möchte die Bundesregierung die Raiffeisen Bank International (RBI), die weiterhin Geschäfte in Russland tätigt, von der ukrainischen Liste der "Internationalen Sponsoren des Krieges" streichen lassen. Unterdessen hat der EU-Gipfel in Brüssel die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldawien beschlossen. Auch mit Bosnien-Herzegowina sollen die Gespräche eröffnet werden, sobald die nötigen Bedingungen erfüllt sind. Georgien wird zum EU-Beitrittskandidaten.
ÖSTERREICH/BELGIEN/UKRAINE. Die EU bereitete in den vergangenen Tagen ein neues Sanktionspaket gegen Russland vor, dem bereits am Dienstagabend beinahe alle Mitgliedsländer zugestimmt hatten. Lediglich wegen österreichischer Vorbehalte konnten sich die EU-Botschafter nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Wie es am Mittwoch aus EU-Beamtenkreisen gegenüber der APA hießt, blockiere Österreich das Paket zwar nicht, habe aber einen "Prüfvorbehalt" angemeldet. Das bedeute, dass das Außenministerium und das Bundeskanzleramt die Liste noch juristisch prüfen lassen würden, bevor man den Sanktionen zustimmen wolle.
Raiffeisen als möglicher Grund für Österreichs Vorbehalte
Beim zwölften Sanktionspaket gegen Russland liegt der Schwerpunkt auf der Umgehung der bereits erlassenen Sanktionen sowie einem Verbot von russischen Diamanten. Die US-amerikanische Tageszeitung "Politico" brachte in diesem Zusammenhang bereits am Mittwochabend die RBI ins Spiel, die weiterhin in Russland aktiv ist. Am Donnerstag berichtete schließlich auch die Nachrichtenagentur Reuters – unter Bezug auf "zwei mit der Situation vertrauten Personen" – davon, dass Österreich versuche, die RBI von der ukrainischen schwarzen Liste streichen zu lassen. Demnach wolle man das Sanktionspaket erst unterzeichnen, wenn die Bank nicht mehr als "internationaler Sponsor des Krieges" zählt.
Ukraine will Firmen bloßstellen
Auf der schwarzen Liste der Ukraine befinden sich Firmen, die auch nach dem russischen Einmarsch Geschäfte in Russland tätigen und somit den Krieg fördern, indem sie etwa Steuern zahlen. Darauf lassen sich beispielsweise Nestlé, Metro, Unilever oder eben auch die RBI finden, die als größte westliche Bank zählt, die noch in Russland vertreten ist.
Wie Reuters festhält, unterstreiche der österreichische Vorbehalt die "tiefe wirtschaftliche Verbundenheit mit Russland", die "Entschlossenheit der Bank, ihr profitables Geschäft dort zu behalten" und nachlassende Bemühungen des Westens, Moskau zu isolieren. Laut der Nachrichtenagentur hätten bereits mehrere Beamte gegenüber Reuters bestätigt, dass sie zögern würden, die jahrzehntelange Beziehung mit Russland vollständig abzubrechen. So erhoffe man sich, dass es immer noch möglich sei, die Beziehungen wiederherzustellen.
Schwerer Abzug der Raiffeisen aus Russland
"Wir finden es unfair, dass wir auf der Liste stehen", erklärte ein Sprecher der Bank am Donnerstag. Bereits mehrfach hat die RBI angekündigt, einen Rückzug aus Russland vorzubereiten, der allerdings komplex sei. Erst kürzlich hatte Vorstandschef Johann Strobl bekannt gegeben, dass es mit einer Abspaltung zum Jahreswechsel wohl nichts mehr werde. So müsse die Bank vorher die Möglichkeiten für einen Verkauf ausschöpfen, da es sich dabei vielleicht um den einfacheren Weg handle.
Schallenberg bezeichnete Liste als "willkürlich"
Ein Sprecher des Bundeskanzleramts bestätigte, dass die juristischen Dokumente zu den EU-Sanktionen am Dienstag vorgelegt worden seien. Zu den weitergehenden Informationen wollte er sich jedoch nicht äußern.
Bereits im Oktober soll Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) die ukrainische Liste im Rahmen eines Ministertreffens in Kiew offen als "willkürlich" kritisiert haben, so Reuters. Demnach habe die österreichische Regierung auch in den vergangenen Wochen den EU-Vertretern und Diplomaten ihre Bedenken hinsichtlich der Liste geäußert, die von der ukrainischen Anti-Korruptions-Behörde zusammengestellt wurde.
EU eröffnet Beitrittsgespräche mit Ukraine
Kurz nach der Veröffentlichung des Reuters-Berichts gab EU-Ratspräsident Charles Michel am Donnerstagabend bekannt, dass der EU-Gipfel in Brüssel die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldawien beschlossen habe. Es handle sich um einen "historischen Moment", der die "Glaubwürdigkeit der westlichen Union" und deren Stärke zeige, so Michel. Auf X (vormals Twitter) sprach er von einem "Zeichen der Hoffnung".
Zudem wurde Georgien der Status eines EU-Beitrittskandidaten zugesprochen und auch mit Bosnien-Herzegowina sollen die Gespräche eröffnet werden, sobald die nötigen Bedingungen erfüllt sind.
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