Erdogan-Besuch
Nehammer lehnt bei Ankara-Besuch EU-Beitritt der Türkei ab

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (re) reicht als Gastgeber Bundeskanzler Karl Nehammer bei einer Pressekonferenz am 10. Oktober 2023 in Ankara die Hand. | Foto: APA Picturedesk
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  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (re) reicht als Gastgeber Bundeskanzler Karl Nehammer bei einer Pressekonferenz am 10. Oktober 2023 in Ankara die Hand.
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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) traf am Dienstag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Hauptstadt Ankara zusammen - es war der erste offizielle Besuch eines österreichischen Bundeskanzlers in Ankara seit 22 Jahren. Dabei ging es um die Mitgliedschaft der Türkei in der EU, aber auch um Migration, Arbeitsbeziehungen und den Krieg in Israel.

ÖSTERREICH. Nach Spannungen zwischen Österreich und Türkei in den letzten Jahren ist man um Entspannung bemüht. Erdogan betonte einmal mehr Richtung EU-Mitgliedschaft, dass die EU nur mit einer Teilnahme der Türkei vollständig sei. Nehammer sieht zwar dabei nicht die „geeignete Zukunftsvariante“ für die Türkei, Österreich habe jedoch „größtes Interesse“ an einer Kooperation. 

Für Kanzler Nehammer liegen in Migration, Wirtschaft und Terrorbekämpfung die wichtigsten Kooperationsthemen zwischen Türkei und Österreich. Nehammer erklärte zudem, dass es selbstverständlich gewesen sei, dass Österreich nach dem schweren Erdbeben in der Türkei Soldaten zur Unterstützung geschickt habe. „Man ist eben füreinander da, auch wenn es schwierig wird.“

Kampf gegen illegale Migration

Auch der Kampf gegen die illegale Migration war Thema bei dem Besuch. Beim Thema Migration müsste der "EU-Türkei-Deal" weitergeführt werden, meinte Nehammer. Zudem seien der Kampf gegen die Schlepperei und der Grenzschutz wichtig. Laut Innenminister Gerhard Karner haben rund 80 Prozent der in Österreich ankommenden Migranten einen "direkten oder indirekten Bezug" zur Türkei. Außerdem würden immer mehr Türken Asyl in Österreich beantragen, bis Ende August wären dies knapp 3.000 Menschen gewesen, erklärte der Innenminister bei einem Pressebriefing. 

Türkei als "Vermittler" in Israel

Der Besuch war überschattet von den Bombardements der Hamas in Israel. Die Türkei stelle in der ganzen Region einen Sicherheitsfaktor dar, sagte Nehammer vor Journalisten, das Land habe überall wichtige Ansprechpartner, die es zu nutzen gelte. Es gehe schließlich auch um das Schicksal der Geiseln. Die Türkei habe hier sicherlich auch eine wichtige Rolle inne – und es gehe auch um "Brückenbauen". Österreich helfe dort, wo es helfen könne, so der Bundeskanzler.

Erdoğan: Hilfsleistungen nicht einstellen

Eine Verurteilung der jüngsten Angriffe, wie es Österreich getan hat, war aus der Türkei allerdings nicht zu hören. Erdoğan will sich jedoch um Vermittlung bemühen. Ziel sei es, eine Zweistaatenlösung mit den Grenzen aus dem Jahr 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates herzustellen. Er habe mit Vertretern beider Seiten und aus der Region telefoniert. "Wir rufen alle einflussreichen Akteure in der Region dazu auf, ihrer Verantwortung für den Frieden gerecht zu werden und sich daran zu erinnern, dass es bei einem gerechten Frieden keine Verlierer geben kann", sagte der 69-jährige Machthaber.

Erdoğan hofft auf einen "fairen Frieden und ruft dazu auf, Hilfsleistungen für den Gazastreifen nicht einzustellen. Österreich habe sich die Einstellungen der Hilfsleistungen an Gaza gut überlegt, wie Nehammer Erdoğan versicherte. Man wolle die Zahlungen nun auf neue Beine stellen.

Kritik an Israel

Und der türkische Präsident kritisierte auch Israel: "Wo sind die Menschenrechte?", fragte er bezüglich der Unterbrechung der Wasserleitungen nach Gaza. Israels Reaktionen findet der türkische Präsident überzogen - und er warf Israel Menschenrechtsverletzungen vor.


Wirtschaftliche Beziehungen


Bei einem Wirtschaftsforum, bei dem auch eine hochrangige österreichische Wirtschaftsdelegation anwesend war, betonte Nehammer die traditionelle Beziehung der beiden Länder, vor allem auch wirtschaftlich. So habe das heimische Exportvolumen im Vorjahr 4,6 Milliarden Euro ausgemacht, eine Steigerung von rund 20 Prozent. Außerdem hätten 2022 rund 420.000 Österreicher Urlaub im Land am Bosporus gemacht. 

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), der den Kanzler begleitete, meinte, dass der Fachkräfteaustausch in beide Richtungen erleichtert werden solle. Laut Kocher sind in der Türkei 1.500 österreichische Unternehmen aktiv, darunter 250 mit eigenen Niederlassungen oder Produktionsstätten. Zudem liege die Türkei als Exportpartner Österreichs auf Platz 20 (2022), bei den Importländern auf Rang 17 (2022).

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