Hygiene-Austria-Skandal
Lenzing zieht Geschäftsführung ab, Bruch mit Palmers

Nach der Umetikettierung chinesischer Masken bricht Hygiene-Austria-Miteigentümer Lenzing mit Palmers.  | Foto: Bazalka
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Nach dem Skandal rund um umetikettierte Schutzmasken bei Hygiene-Austria ist es zu einem Bruch zwischen den beiden Eigentümern, der Lenzing AG und Palmers, gekommen. Die Lenzing AG zieht sich mit sofortiger Wirkung aus dem operativen Geschäft zurück.

ÖSTERREICH. Lenzing habe letzte Woche auf Basis der vertraglichen Vereinbarung mit Palmers versucht, die operative Kontrolle von Hygiene Austria zu übernehmen, teilte das Unternehmen am Montag in einer Aussendung mit. "Da wir keinen vollständigen Zugang zu wichtigen Unterlagen sowie verlässlicher Dokumentation erhalten haben, sieht sich Lenzing außer Stand, die operative Geschäftsführung im Interesse der Kunden der Hygiene Austria auszuüben und die beabsichtigte forensische Arbeit zur Aufarbeitung der Vorgänge umfassend und in der erforderlichen Qualität umzusetzen", begründete Lenzing den Rückzug.

Lenzing-Anteile: Wirtschaftstreuhänder übernimmt Verwaltung 

Die dafür notwendigen Unterlagen befänden sich zum größten Teil in den Räumen von Palmers, zu denen Lenzing „weder Zutritt noch Zugriff“ bekommen habe. „Trotz intensivsten Ressourceneinsatzes seitens Lenzing war die dringend erforderliche rasche Aufklärung mit belastbaren Resultaten ebenso wenig möglich wie die tatsächliche Ausübung der Geschäftsführung. Lenzing sieht daher die Aufarbeitung der aktuellen Vorwürfe bei den zuständigen Behörden. Dabei wird Lenzing nach besten Kräften unterstützen“, hieß es in der Aussendung.

Als Konsequenz werde mit sofortiger Wirkung die Nominierung von Stephan Sielaff als Geschäftsführer der Hygiene Austria zurückgezogen und Stephan Trubrich als Geschäftsführer abberufen. Mit der Verwaltung der Lenzing-Anteile an Hygiene Austria werde ein ehest baldig zu bestimmender Wirtschaftstreuhänder betraut, teilte das Unternehmen weiter mit.

Die Lenzing AG hält an der im Frühjahr 2020 gegründeten Hygiene Austria 50,1 Prozent, die Palmers Textil AG 49,9 Prozent. Das Versprechen "Made in Austria" sei aber offensichtlich nicht durchgehend gewährleistet gewesen. "Eine umfassende und schonungslose Aufklärung ist daher unabdingbar", so die Lenzing AG.

Palmers: Sämtliche Unterlagen wurden übergeben

Stimmt nicht, entgegnet am Montag Palmers per Aussendung, man sei von getätigten Aussagen der Lenzing AG überrascht. "Zu keiner Zeit hat Palmers die Aufklärung der Untersuchung behindert oder Unterlagen zurückgehalten. Vielmehr wurden sämtliche Unterlagen in voller Transparenz bei der am 2. März 2021 durchgeführten Hausdurchsuchung den ermittelnden Behörden übergeben", teilte das Unternehmen mit. 

Darüber hinaus seien alle Unterlagen immer auch von den von Lenzing gestellten Geschäftsführern vorgelegen, „da immer nur beide Geschäftsführer wirksam für Hygiene Austria LP GmbH zeichnen konnten“. Allerdings hätten Lenzing und Palmers vergangenes Wochenende über eine Übernahme der Lenzing-Anteile an der Hygiene Austria durch Palmers verhandelt. Die Verhandlungen seien derzeit noch nicht abgeschlossen, heißt es vom Unternehmen.

Der zweite Geschäftsführer Tino Wieser, der im Vorstand von Hygiene-Austria-Minderheitseigentümer Palmers ist, ließ am Montag wissen, es sei ihm ein Anliegen, „sämtliche Vorwürfe hinsichtlich der behaupteten Mängel“ aufzuklären. Sein Verwandtschaftsverhältnis zur Büroleiterin von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), die mit seinem Bruder, Palmers-Vorstand Luca Wieser, verheiratet ist, sorgte für eine schiefe Optik und innenpolitische Turbulenzen. 

Opposition fordert Konsequenzen

Die Opposition erhöhte nach Bekanntwerden der Vorwürfe rund um Hygiene-Austria den Druck. Während SPÖ und NEOS Konsequenzen forderten, forderte die FPÖ Neuwahlen. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sieht in der Causa einen „der größten Kriminal- und Korruptionsfälle der jüngeren Wirtschaftsgeschichte (…), und das im Umfeld von Sebastian Kurz“. „Angesichts der persönlichen Verbindungen zwischen Kanzlerbüro und Hygiene Austria werden die Aussagen des Kanzlers, er wusste von nichts, von Tag zu Tag unglaubwürdiger", so Leichtfried. 

Kanzler Kurz hatte zuvor am Rande einer Pressekonferenz zu den Vorfällen erklärt: "Wenn es hier Betrug gibt, dann sind wir alle betrogen worden."

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Nach der Umetikettierung chinesischer Masken bricht Hygiene-Austria-Miteigentümer Lenzing mit Palmers.  | Foto: Bazalka
Zu den Kunden gehörten auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). 576.000 FFP2-Masken wurden über die Bundesbeschaffungsagentur abgerufen. | Foto: ÖBB Michael Fritscher

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