ORF-Sommergespräch
Kurz: Keine Lockdowns mehr für Geimpfte
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat im ORF-"Sommergespräch" am Montagabend Schwerpunkte im Umgang mit der Corona-Pandemie für den Herbst vorgestellt. So soll etwa die Bettenbelegung an den Intensivstationen statt der 7-Tages-Inzidenz neuer Leitindikator in der Pandemie werden.
ÖSTERREICH. Einen generellen Lockdown soll es nicht mehr geben, verkündete der Kanzler am Montagabend. Schutzmaßnahmen soll es nicht mehr flächendeckend geben. Einschränkungen sollen jene schützen, die noch nicht Geimpft seien, erklärte der Bundeskanzler.
Durch die Pandemie sei Vielen wieder bewusst geworden, "was im Leben wirklich zählt", sagte Kurz, der Gesundheit, Familie, und dass man einen Arbeitsplatz hat , aufzählte. "Haben Sie zu früh Entwarnung gegeben", wollte ORF-Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher wissen. Kurz bleibt bei seiner Einschätzung – die nächste Welle werde vor allem eine Belastung für die Ungeimpften, betonte der Kanzler. Er sei nach wie vor der Meinung, dass die Pandemie für alle Geimpften überstanden sei. "Das Virus wird nicht verschwinden. Das wird es in drei Jahren, in zehn Jahren noch geben."
Das Licht am Ende des Tunnels sei die Impfung. Sie sei die bessere Antwort, als der Lockdown. Wer sich nicht impfen lasse, der werde sich früher oder später anstecken. "Das kann keine Regierung der Welt verhindern", sagte Kurz.
Keine Lockdowns für Geimpfte
"Es wird sicherlich keine Lockdowns mehr geben für geimpfte Menschen", betonte Kurz. Die Details werde man am Mittwoch mit den Landeshauptleuten beschließen. Wenn es zu einer Überlastung in den Spitälern komme, werde man darauf setzen, dass in Bereichen wo viele Ungeimpfte sind und ein hohes Ansteckungsrisiko, strengere Maßnahmen gelten. Kurz zählte die Nachtgastronomie und Großveranstaltungen aus. Im Falle einer Überlastung der Intensivbetten werde man aktiv werden. Künftig liege im Fokus einzig und allein, wie die Bettenbelegung in den Spitälern aussehe.
Schulen sollen offen bleiben
"Wir wollen offene Schulen mit möglichst hohen Sicherheitsstandards, nicht Distancelearning", erklärte der Kanzler weiter. Es gebe "Gott sei Dank nur ganz wenige schwere Verläufe bei Kindern." Wie will er die Solidarität der Ungeimpften gewinnen, wollte Lorenz-Dittlbacher wissen. "Das wichtigste wäre, das alle Politiker ehrlich mit den Fakten umgehen". Kurz mahnte die FPÖ: "Es schmerzt mich, dass wir eine Partei in Österreich haben - die freiheitliche Partei - die Vorurteile schürt."
Einer Impfpflicht als letzter Konsequenz erteile Kurz eine Absage. Es gebe in Österreich einen Konsens, dass es keine Impfpflicht geben werde, sagte Kurz. "Es gibt Impfvorschriften in bestimmten Berufen, das war immer so."
Kurz: "werden durch Innovation Klimaziele erreichen"
Zur CO2-Bepreisung fragte Lorenz-Dittlbacher, ob es jeden und jede treffen werde oder nur die, die viel verschmutzen. Er teile die Prognose des Rechnungshofs für das Jahr 2050 nicht. "Ich habe in den letzten Jahren so viel an Fortschritt erlebt", etwa die Erforschung es Impfstoffes in einem Jahr, Quantencomputer usw. "Ich lasse mir nicht einreden, dass wir im Jahr 2050 irgendwelche Ziele nicht erreichen", sagt Kurz. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir gegen den Klimawandel mit Fortschritt erfolgreich sein werden", betonte der Kanzler weiter. Es finde gerade eine Revolution statt, dass im Individualverkehr viel mehr Elektro da sei, Wasserstoff und dass Verbrennungsmotoren immer besser werden.
Verschärfungen für Arbeitslose?
Zum Thema Arbeitslosigkeit erklärte der Kanzler: "Wenn jemand gesund ist und arbeiten kann - und der geht nicht arbeiten", dann sei das nicht nur Gift für die Gesellschaft, sondern auch für das Individuum. Man werde an gewissen Schrauben drehen, um Menschen, die arbeiten können, in Beschäftigung zu bringen. "Sie werden verschärfen", fragt Lorenz-Dittlbacher. Man werde alles tun, um mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen, antwortete der Kanzler. In Richtung der Grünen sagte der Kanzler: "Ich glaube, dass auch der Koalitionspartner ein Verständnis haben muss, dass alles, was wir in Österreich schätzen, nur möglich ist, weil Menschen hart arbeiten."
Afghanistan – Kurz für Hilfe vor Ort
Zum Thema Afghanistan sagte der Kanzler, man leiste einen Beitrag vor Ort. "Wir haben noch nie so viel Geld in die Hand genommen". Österreich gebe über eine Milliarde Euro für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe aus, betonte Kurz. Seit er im Amt sei, habe sich die humanitäre Hilfe vervielfacht.
"Wir können nicht das Leid aller Menschen auf der Welt lindern", sagte Kurz, "aber wir sollten einen überproportional großen Beitrag leisten, um vor Ort zu helfen." Er halte es für falsch, Menschen aus Afghanistan dazu zu bringen, sich auf den Weg zu machen. Man solle die Nachbarländer stabilisieren und Menschen vor Ort versorgen. Man habe weltweit die viertgrößte afghanische Community pro Kopf gerechnet. Auf die Frage, nach Ausnahmen für gefährdete Menschen, etwa für Frauen, sagte der Kanzler: "Ich halte nichts davon, dass heikle Thema der Migration immer nur auf Symbolpolitik zu beschränken". Man müsse einmal die integrieren, die schon da seien. 60 Prozent der jungen Afghanen seien der Meinung, wenn ihre Religion beleidigt wird, könne man mit Gewalt reagieren, sagte Kurz.
"Habe mir nichts vorzuwerfen"
Zu den Ermittlungen wegen Falschaussage befragt, sagte der Kanzler, er bleibe "selbstverständlich" auch im Falle einer Anklage im Amt. Je öfter er die Vorwürfe lese, desto weniger könne er sie nachvollziehen. Eine Verurteilung könne er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Er habe sich nichts vorzuwerfen. "Ich weiß was ich in meinem Leben getan habe und was ich nicht getan habe."
Kurz will Fünfpunkteplan für Herbst
Montagabend wurden weitere Details über die neuen Corona-Regeln vorab über die APA bekannt, die sich auf Informationen aus dem Bundeskanzleramt beruft. So sei es beim Impfen sei das Ziel, die Impfbereitschaft weiter zu erhöhen. Außerdem soll es bei den Auffrischungsimpfungen („dritter Stich“) eine konsequente Durchführung geben. Kurz will eine Erhöhung des „Kontrolldrucks“ bei bestehenden Regeln: Es seien immer mehr Fälschungen von Impfzertifikaten im Umlauf. Auch die „3-G“-Kontrollen seien teilweise mangelhaft. Deswegen soll es mehr und verstärkte Kontrollen geben.
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